In der Flüchtlingsfrage macht Österreich wohl das erste Mal federführend EU-Politik. Beim mit Spannung erwarteten EU-Gipfel soll heute offiziell das Ende der Durchwink-Politik und die Schließung der Balkan-Route beschlossen werden, also genau das, was die Westbalkankonferenz angestoßen hat. Frau Merkel wehrt sich zwar plötzlich gegen die Erklärung, die sie zuvor mit den anderen Regierungschefs abgestimmt hat, aber ich denke, da wird es nurmehr kosmetische Korrekturen geben.
Außenminister Kurz hat gestern eine souveränen Auftritt bei Anne Will hingelegt, war eindeutig der Chef im Ring. Das sehen sogar die deutschen Medien so, die sonst ja sehr gerne auf uns losgehen:
Sebastian Kurz bekam ausgezeichnete Noten für Auftritt bei "Anne Will"
Beim v.a. von Deutschland angestrebten Deal mit der Türkei habe ich hingegen immer mehr Bauchweh. Da werden locker einmal 3 Milliarden Steuergeld überwiesen, ohne dass man genau weiß, wofür es verwendet wird, und ohne wirksamen Kontrollmechanismus. Ich finde die Lösung muss in erster Linie anders gehen: Europa muss sich für Flüchtline möglichst unattraktiv machen. Wenn sie merken, in Griechenland ist Endstation, sparen sich viele gewiss die Überfahrt. Zudem gehören die Fluchtursachen bekämpft, und hier ist bspw. Deutschland mit seinen mehr als zweifelhaften Waffenlieferungen in der Pflicht. Mich wundert es, warum das keiner der anderen Regierungschefs einmal offen thematisiert.
Leider wird die Flüchtlingskrise, wie von mir befürchtet, von der EU-Kommission dazu genützt, um im medialen Windschatten einige unangenehme Neuerungen durchzudrücken, z.B. eine Änderung der sogenannten Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie, die Lohndumping erleichtern wird:
Osteuropäische Arbeiter: Faymann droht schwerer Rückschlag
Darüber hinaus ist eine Nachfolgeregelung zum vom EuGH gekippten, höchst problematischen Datenlieferungsabkommen mit den USA in Arbeit (Safe Harbour), und mich würde nicht wundern, wenn in Sachen TTIP einige entscheidende Schritte gemacht werden würden, während alle auf die Flüchtlinge schauen.