Eure Lieblingsgedichte/Texte

Liebe ohne Rausch und Wahnsinn ist wohl nicht mal was Halbes... das Blühen der roten Rosen erzählt uns vom dunklen Geheimnis. Aufblühen, der kurze Moment der Wolllust in der vollen Blüte bereits untrennbar an das Vergehen gebunden - bleibt die Hoffnung auf das Fruchten.


Rote Rosen

Wir haben nicht das Glück genossen
In indischer Gelassenheit ;
In Qualen ist´s emporgeschossen
Wir wussten nichts von Seligkeit.

Verzehrend kam´s, im Sturm und Drange
Ein Weh nur war es, keine Lust ;
Es bleichte deine zarte Wange,
Es brach den Atem meiner Brust;

Es schlang uns ein in wilde Fluten,
Es riss uns in den jähen Schlund ;
Zerschmettert fast und im Verbluten
Lag endlich trunken Mund auf Mund.

Theodor Storm (1817 - 1888)
 
...und noch ein Gedicht, weil mir heute so sehr danach ist, lodernde Lyrik zu spüren.
Über einen - dem Kernunnos nah wie ein Bruder - der sich auflehnte und der Freiheit Namen, Raum und Zeit gab, den Menschen den göttlichen Funken, das Feuer (im Herd, im Herzen, im Geist) gab.
Wie viele, die sich auflehnen gegen Macht und Tyrannei hat er schmerzhaft dafür bezahlt...


Prometheus

Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst
Und übe, dem Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn:
Mußt mir meine Erde
doch lassen stehn
Und meine Hütte, die du nicht gebaut,
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest

Ich kenne nichts Ärmeres
Unter der Sonn als euch, Götter!
Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebestshauch
Eure Majestät
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren.

Da ich ein Kind war,
Nicht wußte, wo aus noch ein,
Kehrt ich mein verirrtes Auge
Zur Sonne, als wenn drüber wär
Ein Ohr, zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.

Wer half mir
Wider der Titanen Übermut?
Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast Du nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend herz?
Und glühtest, jung und gut,
Betrogen, rettungsdank
Dem Schlafenden da droben?

Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die tränen gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herrn und deine?

Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehen,
Weil nicht alle
Blütenträume reiften?

Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei:
Zu leiden, zu weinen,
Zu genießen und zu freuen sich
Und dein nicht zu achten,
Wie ich!

Johann Wolfgang von Goethe(1749 - 1832)
 
bedanken möchte ich mich für die schönen gedichte.

zwei der vielen schönen gedichte werden dieses jahr zu einem wundervollen geschenk.
(bei weitem schwerer als die auswahl der gedichte ist die auswahl der passendsten karte, des papiers und dann noch die farbauswahl - eine wahl ist schon getroffen es ist handgeschöpftes papier)
 
Wenn Du den Atem der Nacht spürst
ich Dir sanft und leise meine Sehnsucht
ins Ohr flüstere
ist mein Herz bei Dir
auf der Reise ins Glück
suche tausend Wege um Dich zu sehen,
Dich zu spüren
um Dir zu sagen
' ich bin da '
werde Dir meine Liebe schenken
und Du wirst es spüren
ganz sanft
schleiche ich mich in Dich hinein
es wird soviel mehr sein
als nur ein Gefühl
wir werden zum Himmel fliegen
totaler Grossalarm
tief in uns
die Nacht bekommt ihren Glanz
und Morgens wenn wir wieder erwachen
will ich noch immer in Deinen Armen sein
genießen
diese sanfte Stille
und die goldene Spur
von Sternentau
auf unserer Haut


Doris.L
 
In die Abende geneigt

In die Abende geneigt, ich werfe meiner Schwermut Netze aus
nach deinen ozeanischen Augen

Dort im höchsten Feuer dehnt sich meine Einsamkeit und brennt,
die um sich schlägt, einem Schiffbrüchigen gleich

Ich sende rote Signale über deine abwesenden Augen,
die wie das Meer an eines Leuchtturms Ufer wogen.

Du aber hütest einzig Finsternisse, Frau, so fern und mein.
Zuweilen taucht aus deinem Blick die Küste des Erschreckens.

In die Abende geneigt, ich werfe meiner Schwermut Netze aus
in dieses Meer, das deine ozeanischen Augen berennt.

Die Vögel der Nacht picken die ersten Sterne auf,
die wie meine Seele, wenn ich dich liebe, funkeln.

Bluae Ähren übers offene Feld verstreuend,
auf düstrer Stute galoppiert die Nacht.

Pablo Neruda


Ist ein (wenig) depressiv, aber sehr gehaltvoll :hmm:
 
Wir suchen einander in der Sehnsucht nach Geborgenheit
wir finden einander im Bewirken einer zärtlicheren Gerechtigkeit
wir lassen einander im Annehmen unserer Verschiedenheit.(nach P. Stutz)


;)
 
DIE MACHT DER LIEBE

Freundlichkeit ohne LIEBE macht heuchlerisch

Verantwortung ohne LIEBE macht rücksichtslos

Erziehung ohne LIEBE macht widerspruchsvoll

Wissen ohne LIEBE macht rechthaberisch

Pflicht ohne LIEBE macht verdrießlich

Gerechtigkeit ohne LIEBE macht hart

Ehre ohne LIEBE macht hochmütig

Besitz ohne LIEBE macht geizig

Ordnung ohne LIEBE macht kleinlich

Wahrheit ohne LIEBE macht kritisch

Klugheit ohne LIEBE macht gerissen

Macht ohne LIEBE macht gewalttätig

Glaube ohne LIEBE macht fanatisch

So lass die LIEBE in Dein Leben - sie verwandelt es.
Denn Leben ohne LIEBE ist sinnlos -
Leben in LIEBE aber göttlich.

gefunden auf www.puramaryam.de/spruchliebe.html

 
Eine besondere Weihnachtsgeschichte

Jesus - ganz menschlich von Katharina Kruppa


Vor 2000 Jahren wurde Gott als Mensch geboren. Alljährlich feiern wir das. Schöne, idyllische Bilder des kleinen, göttlichen Kindes mit Heiligenschein inmitten von Heerscharen von Engeln. Ich frage mich, war es so idyllisch? War es wirklich ein perfektes Wesen, das da mit
göttlicher Hilfe und geschützt von Gottes dauernd über ihm schwebender Hand seine 33 Erdenjahre verbrachte? Ging er wirklich, ohne die typisch menschlichen Zweifel klar und unbeirrt den ihm seit Beginn der Zeiten vorgezeichneten Weg? War er ein unter uns wandelndes Gottwesen? Ich meine, Jesus wurde ganz und gar Mensch, ohne Privilegien, ganz im Gegenteil.
Und er hatte viel menschliche Hilfe! Beginnen wir also am Anfang: Ungeplant empfangen (zumindest von Seiten Marias ungeplant, ich will ja nicht die göttliche Planung in Frage stellen, sondern die menschliche Seite anschauen), zu einer ungelegenen Zeit (noch nicht verheiratet und wohl noch ziemlich jung, die Mutter). Noch ungelegener die Geburt. Ich denke, auch zu früh. Denn auch damals hat man wohl gewusst, dass eine Schwangerschaft 9 Monate dauert und hätte sich rechtzeitig zum Ort der Zählung einfinden können.
Zumindest noch zu einer Zeit, zu der man sich einen adäquaten Geburtsort und eine Hebamme hätte suchen können. Warum die Großmutter Anna nicht dabei war, lässt nur die Vermutung einer größeren Familienzwistigkeit offen. Welche Mutter einer schwangeren Tochter hätte sonst ihr Kind allein mit einem völlig unerfahrenen Mann
in einer wildfremden Umgebung entbinden lassen. Also ein ungeplantes, zu früh gekommenes Kind einer zu jungen Mutter in ziemlich desolaten Familienverhältnissen. Glaubt man den heutigen Statistiken so gehören diese Kinder zu den absoluten Risikokindern.
Nun, dieses Kind hat trotzdem überlebt. WARUM? Wo kam die Hilfe her?

Knapp nach der Geburt gab es ein ziemliches Spektakel, das wahrscheinlich Mutter und Kind gleichermaßen unberührt gelassen hat. Beide waren sicher zu erschöpft um viel wahrzunehmen. Trotzdem könnte es das Leben des einen oder der anderen gerettet haben. Ich meine nicht die Engel, die haben ja nicht eingegriffen sondern bloß
gesungen, sonst wäre ja das göttliche Privileg wieder da gewesen. Ich meine die Hirten. Menschen. Einfache, menschliche Hilfe: Wahrscheinlich hat einer von ihnen letztendlich eine Hebamme geholt, die der unerfahrenen Mutter bei den ersten Handgriffen beigestanden hat (das wäre übrigens ein wesentlich besseres Geschenk gewesen als der obligate Daumen für das Jesuskindlein, oder auch der Floh oder...). Apropos Floh, der war wahrscheinlich doch realistisch: die Hygiene bei Ochs und Esel war sicher nicht ideal. Also ein denkbar schlechter Start ins Leben. Welche Chance hat denn so ein Kind
noch?
Wieder kommt Hilfe:
Die Ankunft der 3 Weisen ist schwierig vorzustellen. Es muss sich relativ knapp nach der Geburt zugetragen haben, bevor die Mutter wieder reisefähig war, sonst wären ja alle schon auf dem Weg zurück nach Hause gewesen. Ungeladene, überraschende Gäste, noch dazu gesellschaftlich so viel höher stehend, man fragt sich, wie viel Freude das wirklich für die erschöpfte Mutter mit dem winzigen Säugling war. Und die Geschenke: Weihrauch und Myrrhe sind ja auch nicht gerade
das, was man in der Situation am dringendsten braucht. Nur das Gold stelle ich mir hilfreich vor. Trotzdem: Wer weiß, was diese menschliche Begegnung bewirkt hat…
Außerdem kam ja mit den Weisen die Nachricht, dass eine Rückkehr nach Nazareth in die Heimat nicht möglich wäre, wegen der Gefahr für das Kind. Rettung vor einem Pogrom. Aber eine Katastrophe für eine junge Familie. Wo auch immer sie vorher waren, damit sind sie gesellschaftlich ganz tief gesunken war: Sie wurden Flüchtlinge,
völlig mittellos. Aus einer kurzen Reise nach Bethlehem, die wahrscheinlich noch vor der Geburt hätte wieder beendet sein sollen, wurde eine jahrelange Flucht. Man kann sich vorstellen wie die Kindheit in einem fremden Land, in dem die Juden seit jeher als Unterklasse betrachtet wurden ausgesehen hat.

Was hat dieses Kind, diese Flüchtlingsfamilie geschützt, damals?
Eines wissen wir aus der Resilienzforschung: Elterliche Liebe ist der größte Schutzfaktor. Und die muss er gehabt haben. Aber diese Liebe, auch das wissen wir, kann nur fließen, wenn sonst ausreichend Schutz vorhanden ist. Und da glaub ich wieder einmal an Menschen: Ägypter, Juden, wer auch immer, die diese sicher völlig verarmte
Familie unterstütz haben müssen … . Viel mehr wissen wir nicht, über die frühe Kindheit: Gebildet war er, das entnehmen wir der darauf folgenden Geschichte aus dem Tempel. Wie die Eltern das geschafft
haben bleibt ein Rätsel. Wieder plädiere ich auf menschliche Hilfe!
Ein großer Sprung: 12 Jahre später, einige Zeit nach der Rückkehr in die Heimat. Die Pubertät beginnt. Loslösung von den Eltern. Bei einem ersten Besuch in der faszinierenden Großstadt Jerusalem findet der offensichtlich hochgebildete Jugendliche endlich Anerkennung: im Tempel. Mit dem Erfolg, dass er sich keinen Deut darum schert, dass seine Eltern ihn bereits 3 Tage (!) verzweifelt suchen, mittlerweile auch alle Bekannten und Verwandten zur Suche nach dem abgängigen Jugendlichen mobilisiert haben. Die zu Recht besorgten, ungehaltenen Eltern werden mit ziemlich unfreundlichen Worten zurückgewiesen. Noch dazu mit einer Antwort, die, so typisch für dieses Alter,
genau den Schwachpunkt der Eltern trifft: Die unklare Herkunft und daher wahrscheinlich recht schwierige Vaterbeziehung und die enormen Erwartungen der Eltern in ihn. Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist? Und auch diese Eltern verstanden nicht, was er damit sagen wollte.
Der nächste Schritt geht zu einem jugendlichen, revolutionären Idol seiner Zeit: Seinem Cousin Johannes. Dem will er sich anschließen, langsam die erwachsene Reife erlangend, völlig losgelöst mittlerweile von den Eltern. Aber auch hier erfährt er Zurückweisung. Er kann nicht getauft werden wie alle anderen sondern wird exponiert.
Da er damit noch nicht umgehen kann flüchtet er in die Wüste.
40 Tage fasten und dann die Begegnung mit dem Teufel. Visionen. Ist es sehr weit hergeholt wenn mir dabei Drogenexperimente einfallen? Wäre es verwunderlich? Eine schwere Kindheit als Flüchtling, ein zweifelsohne hochsensibles Kind, äußerst intelligent mit einer schwierigen Vaterbeziehung und einer Mutter mit extrem hochgesteckten Erwartungen, die (im wahrsten Sinn des Wortes) kein Mensch erfüllen kann. In der kritischen Zeit als es darauf ankommt, erste effektive Schritte zu gehen sucht er Hilfe. Johannes kann oder will sie ihm nicht bieten. Der “Teufel” bietet sie an. Und plötzlich scheint alles machbar. Du kannst fliegen, die Engel werden Dich tragen, Du kannst Steine in Brot verwandeln und die Welt retten, Du kannst sogar der Herrscher der Welt werden. Träume, und dazwischen immer das böse Erwachen. Trotz denkbar schlechter Voraussetzungen schafft er auch den Weg aus dieser Misere. Wodurch? Das bleibt offen. Klar gemacht wird uns, dass es eine persönliche Entscheidung
des Menschen Jesus war. Vielleicht hervorgerufen durch den Schock der Hinrichtung seines Idols Johannes, dessen Auftrag an ihn klar ist.
Allerdings ist er immer noch nicht soweit, seinen Weg zu gehen. Es finden sich mittlerweile zwar einige, die dieser sicher höchst charismatische Mann anzieht, die mit ihm gehen, er ist nicht mehr alleine, es braucht aber noch eines Anstoßes, um sich zur Öffentlichkeit zu bekennen. Und wieder wird die Mutter des mittlerweile Dreißigjährigen aktiv. Die Situation ist günstig. Eine Hochzeit. Und er soll endlich zeigen, wer er ist. Immer noch wehrt er sich, grenzt sich aber mittlerweile ganz klar gegenüber seiner Mutter ab. Was geht es dich an, was ich tue! Außerdem noch immer ein Zögern: Meine Zeit ist noch nicht gekommen. Die Frage stellt sich: Wann ist es klar, dass die Zeit da ist. Und die Mutter gibt keine
Ruhe: Was er euch sagt, das tut. Und endlich das erste “Wunder”. Wie alle Wunder, die er tut keine Hilfe für ihn persönlich, ein “göttliches Privileg”. Vielleicht eher ein persönlicher Test, ob die Zeit doch gekommen sei. Man fragt sich, wie erstaunt er selbst war, als das Wasser plötzlich Wein war. Alles Weitere ist hinlänglich bekannt. Er wird ein öffentlich sich bekennender Wanderprediger.
Aber immer noch kein perfekter Mensch. Es wird berichtet über Zorn,
über Enttäuschung, über Trauer. Selbst sagt er über sich nie, dass er etwas Besonderes sei. Das sagen immer nur alle anderen über ihn. Und er tut sich mit dieser Verherrlichung auch nicht immer leicht. Und letztendlich wird er als politischer Gefangener gefoltert und mit der Todesstrafe bedacht. Und selbst in dieser Zeit wird ihm, der sich lange innerlich dagegen wehrt kein Privileg zu Teil. Im Gegenteil: Noch ganz knapp vor dem Ende verleugnet er seinen Glauben: Mein Gott, warum hast du mich verlassen. Ein trauriges Ende eines mühevollen Lebens. Alles was danach kommt ist nicht mehr der Mensch, sondern der “Auferstandene”. Trotz alledem feiern wir Weihnachten als Fest.
So besehen ist es eigentlich kein idyllisches Fest. Die Geburt Jesu war der Beginn eines mühsamen, von menschlichen Zweifeln und Fehlern gefüllten Lebens. Aber vielleicht geht es genau darum. Trotz Risikogeburt, Flüchtlingsdasein, Pubertätskrisen, Drogenexperimenten, schweren inneren Zweifeln war der Weg richtig, und war ein göttlicher Weg, der einzige, der gangbar war. Und viele, viele Menschen, die diesen Weg unterstützt haben! Ohne die der göttliche Weg – wie scheinbar sonst so oft – gescheitert wäre.

Und ist das nicht das wirklich Schöne an diesem Fest: keine Idylle, sondern reine Menschlichkeit?
 
Der Weg nach innen, Besinnlichkeit führen mich immer wieder zurück, zum wilden gefangenen Tier in mir - wie es hinter Gitterstäben rastlos streift und ruft nach - ihr (die es befreien und halten kann):

La Querida

Deine Umarmungen sind wie Sturm,
der uns über Weltenabgründe schwenkt,
Deine Umarmungen sind wie wildduftender Regen,
der das Blut mit Traum und Irrsein tränkt.
Aber dann ist Tag. Nachtschwere Augen brechen auf,
herwankend aus goldner Vernichtung und Tod,
Durch Ströme dunklen Bluts rausch ich zurück
wie Ebbe, fühle schneidend eine Not,
Höre deines Herzens Schlag an meinem Herzen klopfen
und weiß doch: du bist ganz fern und weit.
Fühle: überm Feuer dieser Lust, die wir entfacht,
weht eine Traurigkeit,
Näher an dir! Gewölk, das meinem stillern
Tagverlangen dein Gesicht entzieht,
Fremdes, darein du flüchtest, drin sich deine Inbrunst,
ferne Liebeslitaneien betend, niederkniet,
Herzblut, das tropft, verschollene Worte,
Streichen über heiße Stirn, Finger gefaltet,
Blicke zärtlich tauend, die ich nie gekannt -
Grenzenloses streckt sich wie ein undurchdringlich
tiefes, dämmerunggefülltes Land,
Gärten, zugewachsen, die ins Frühlicht eingeblüht
bei deiner Seele stehn -
Ich weiß: du müßtest über hundert Brücken,
weite zugesperrte Straßen gehn,
Rückwärts,
in dein Mädchenland zurück,
Müßtest deine Hand
mir geben und das lange Stück
Mit mir durchwandern,
bis Erinnerung, Lust und Wehe dir entschwänden,
Und wir in morgendlich begrünten Furchen
vor dem Tal des neuen Aufgangs ständen ...
Aber du blickst zurück. Schrickst auf und schauerst.
Lächelst. Und deine Lippen sinken,
Geflügel wilder Schwäne, über meinen Mund,
als wollten sie sich um Erwachen
und Besinnung trinken.

Ernst Stadler (1883-1914)
 
Alles Wertvolle braucht Zeit,
damit wir uns darauf einstimmen und
es als etwas Kostbares wahrnehmen können.

Freude braucht Raum, sich zu entfalten und nachzuklingen.

Erst wenn wir verweilen, dringt Erlebtes in die Tiefe.

Vielleicht ist in diesen Wochen nichts so wichtig,
wie die Lücken in unseren Terminkalendern....

(Antje Sabine Naegeli)
 

Deinen Briefumschlag
mit den zwei gelben und roten Marken
habe ich eingepflanzt
in den Blumentopf

Ich will ihn
täglich begießen
dann wachsen mir
deine Briefe

Schöne
und traurige Briefe
und Briefe
die nach dir riechen

Ich hätte das
früher tun sollen
nicht erst
so spät im Jahr
(Erich Fried)​
 

Deinen Briefumschlag
mit den zwei gelben und roten Marken
habe ich eingepflanzt
in den Blumentopf

Ich will ihn
täglich begießen
dann wachsen mir
deine Briefe

Schöne
und traurige Briefe
und Briefe
die nach dir riechen

Ich hätte das
früher tun sollen
nicht erst
so spät im Jahr
(Erich Fried)​

Wunderschön...danke, lieber ebgf...:daumen: Woher wusstest du......;)
 
Ebenbild unsers Lebens

Der Mensch, das Spiel der Zeit, spielt, weil er allhie lebt,
Im Schauplatz dieser Welt, er sitzt und doch nicht feste.
Der steigt und jener fällt, der suchet die Paläste
Und der ein schlechtes Dach, der herrscht und jener webt.

Was gestern war, ist hin, was itzt das Glück erhebt,
Wird morgen untergehn. Die vorhin grüne Äste
Sind nunmehr dürr und tot. Wir Armen sind nur Gäste,
Ob den' ein scharfes Schwert an zarter Seide schwebt.

Wir sind zwar gleich an Fleisch, doch nicht von gleichem Stande
Der trägt ein Purpurkleid und jener gräbt im Sande,
Bis nach entraubtem Schmuck der Tod uns gleiche macht.

Spielt denn dies ernste Spiel, weil es die Zeit noch leidet,
Und lernt, daß, wenn man vom Bankett des Lebens scheidet,
Kron, Weisheit, Stärk und Gut sei ein geborgter Pracht.

Andreas Gryphius

Von allem immer jedes sehen....
 
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