Eure Lieblingsgedichte/Texte

Ma, das freut mich aber :hurra::hurra::hurra: dass hier wieder so wunderschöne Texte reingestellt wurden....DANKE!!!
 
wie an meiner Signatur unschwer zu erkennen ist, ist Die Liebenden von B. Brecht eines meiner absoluten Favourites

ganz besonders jene Zeilen:

Wohin ihr? Nirgendhin. Von wem davon? Von allen.
Ihr fragt, wie lange sind sie schon beisammen? Seit kurzem.
Und wann werden sie sich trennen? Bald.
So scheint die Liebe Liebenden ein Halt.


..wie wahr, wie wahr... :roll:

.... bald war schon...
Ich schließ mich an.

Aber - unerwartet erscheint ein Licht im Dunkel... :bussal:
 
Lebenspflichten

Rosen auf den Weg gestreut,
Und des Harms vergeßen!
Eine kleine Spanne Zeit
Ward uns zugemessen.

Heute hüpft, im Frühlingstanz,
Noch der frohe Knabe;
Morgen weht der Todtenkranz
Schon auf seinem Grabe.

Wonne führt die junge Braut
Heute zum Altare;
Eh die Abendwolke thaut,
Ruht sie auf der Bahre.

Ungewißer, kurzer Daur
Ist dieß Erdeleben;
Und zur Freude, nicht zur Traur,
Uns von Gott gegeben.

Gebet Harm und Grillenfang,
Gebet ihn den Winden;
Ruht, bey frohem Becherklang,
Unter grünen Linden.

Laßet keine Nachtigall
Unbehorcht verstummen,
Keine Bien', im Frühlingsthal,
Unbelauschet summen.

Fühlt, so lang es Gott erlaubt,
Kuß und süße Trauben,
Bis der Tod, der alles raubt,
Kommt, sie euch zu rauben.

Unser schlummerndes Gebein,
In die Gruft gesäet,
Fühlet nicht den Rosenhayn,
Der das Grab umwehet.

Fühlet nicht den Wonneklang
Angestoßner Becher;
Nicht den frohen Rundgesang
Weingelehrter Zecher.

Ludwig Heinrich Christoph Hölty, 1748-1776
 
... ist nicht unbedingt ein Liebesgedicht ... aber ... ? ...

Warum Weinen?

Warum Weinen …
Wenn der Schmerz wieder geht …

Warum Lachen …
Wenn die nächste Sekunde traurig wird …

Warum Leben …
Wenn man Sterben will …

Warum Kämpfen …
Wenn man so oder so verliert …

Warum Lieben …
Wenn man doch wieder nur hasst …

Warum zusammen sein …
Wenn man doch wieder auseinander geht …

Warum hier sein …
Wenn man eigentlich weg will …

Warum fragen?
Wenn es doch keine Antwort gibt!
…
 
"einzigartig" ist ein wort,
mit dem man etwas besonderes beschreibt:

eine umarmung,
einen sonnenuntergang,
eine person,
die mit einem lächeln
oder einer freundlichen geste
liebe verbreitet

"einzigartig" beschreibt menschen,
die herzensgüte besitzen
und die gefühle anderer nie vergessen.

"einzigartig" beschreibt etwas,
dass bewundert wird und wertvoll ist,
und dass nie ersetzt werden kann.

"einzigartig" ist das wort,
dass dich am besten beschreibt.
 
Ich habe es verstanden

Nähe und Gefühl willst du nicht von mir.
Liebe heisst auch verzichten.
Ich verzichte und kämpfe gegen meine Liebe an,
um wenigstens einen kleinen Moment mit dir zu geniessen.

Sauge das auf, was du bereit bist zu geben.
Freue mich auf das Lächeln,
was in einem Moment nur mir allein gehört.
Ich spüre diesen Schmerz des Verzichtens
und unterdrücke meine Liebe, meine Sehnsucht, meine Gefühle,
ja sogar die netten Worte, die ich für dich hätte.
Tief in mir schreit alles nach Ausbruch.
Ich weiss ich würde dich damit von mir wegtreiben.
Also geniesse ich wieder nur diesen Moment.

Momente mit dir, die mich ruhig werden lassen,
mich für kurze Zeit glücklich machen, ohne Berührungen.
Dich zu riechen in meiner Nähe, die Wärme deines Körpers,
zufällige Berührungen, die mich streifen,
alles macht meine Sehnsucht unerträglich
doch zugleich glücklich,
denn du teilst eine zeitlang deine Stunden mit mir.

Ich denke so oft an dich,
höre unser Lied, welches Du zu unserem gemacht hast.
Sehe ständig deine Augen vor mir,
leuchtend, bezaubernd und habe im Nu wieder ein Lächeln im Gesicht.
Ich lüge mich selbst an,
denn in mir ist mehr als Verzicht.
Ich wünschte ich könnte es ausleben.

Ich leide und es tut so weh.
 
"einzigartig" ist ein wort,
mit dem man etwas besonderes beschreibt:

eine umarmung,
einen sonnenuntergang,
eine person,
die mit einem lächeln
oder einer freundlichen geste
liebe verbreitet

"einzigartig" beschreibt menschen,
die herzensgüte besitzen
und die gefühle anderer nie vergessen.

"einzigartig" beschreibt etwas,
dass bewundert wird und wertvoll ist,
und dass nie ersetzt werden kann.

"einzigartig" ist das wort,
dass dich am besten beschreibt.

Mag ich sehr gerne....sehr, sehr schön!

@ Sternenhimmel: deine Texte sind sehr schön und sehr berührend...es geht ja hier um Lieblingstexte und nicht um Liebestexte....Danke fürs Teilen!
 
Kennst du Nächte, die entstehen,
wenn das Gesagte nicht das Gemeinte ist
und das Gehörte nicht das Verstandene ist.
Wenn die Gedanken aus der Tiefe deines Herzens
entspringen
und du dabei Schmerzen empfindest.
Wenn die Einsamkeit für diese Nacht
dein Begleiter wird.
Wenn die Kälte dich umhüllt
und die Wärme aus deinem Körper vertreibt.
Wenn die Stille der Nacht,
dir plötzlich Angst macht
und es dir vorkommt,
dass Sterne verbrennen
und der Mond aufgehört hat zu leuchten.
Wenn Tränen dein Gesicht berühren
und dich in den Schlaf begleiten,
weil du hilflos gegenüber deinem Herzen bist.


@ Salome: Vielen lieben Dank! :)
 
Achte auf deine Gedanken,
sie werden zu Worten.

Achte auf deine Worte,
sie werden zu Handlungen.

Achte auf deine Handlungen,
sie werden zu Gewohnheiten.

Achte auf deine Gewohnheiten,
sie werden zu deinem Charakter.

Achte auf deinen Charakter,
er wird dein Schicksal.
 
You'll never walk alone

When you walk through a storm
Hold your head up high
And don't be afraid of the dark.
At the end of the storm
There's a golden sky
And the sweet, silver song of a lark.
Walk on, through the wind,
Walk on, through the rain,
Though your dreams be tossed and blown.
Walk on, walk on with hope in your heart,
And you'll never walk alone,
You'll never walk alone
Walk on, walk on with hope in your heart,
And you'll never walk alone,
You'll never walk alone​
 
You'll never walk alone

When you walk through a storm
Hold your head up high
And don't be afraid of the dark.
At the end of the storm
There's a golden sky
And the sweet, silver song of a lark.
Walk on, through the wind,
Walk on, through the rain,
Though your dreams be tossed and blown.
Walk on, walk on with hope in your heart,
And you'll never walk alone,
You'll never walk alone
Walk on, walk on with hope in your heart,
And you'll never walk alone,
You'll never walk alone​

Hui, so ein Liverpool-Fan? Du hast ja auch die gesungene Version schon mal gepostet...
 
Die Zärtlichkeiten

Ich liebe jene ersten bangen Zärtlichkeiten,
die halb noch Frage sind und halb schon Anvertraun,
weil hinter ihnen schon die andern Stunden schreiten,
die sich wie Pfeiler wuchtend in das Leben bauen.
Ein Duft sind sie; des Blutes flüchtigste Berührung,
ein rascher Blick, ein Lächeln, eine leise Hand -
sie knistern schon wie rote Funken der Verführung
und stürzen Feuergarben in der Nächte Brand.
Und sind doch seltsam süß, weil sie im Spiel gegeben,
noch sanft und absichtslos und leise nur verwirrt,
wie Bäume, die dem Frühlingswind entgegenbeben,
der sie in seiner harten Faust zerbrechen wird.


Stefan Zweig
 
Sehnsucht

Ach, aus dieses Tales Gründen,
Die der kalte Nebel drückt,
Könnt ich doch den Ausgang finden,
Ach wie fühlt ich mich beglückt!
Dort erblick ich schöne Hügel,
Ewig jung und ewig grün!
Hätt ich Schwingen, hätt ich Flügel,
Nach den Hügeln zög ich hin.

Harmonien hör ich klingen,
Töne süßer Himmelsruh,
Und die leichten Winde bringen
Mir der Düfte Balsam zu,
Goldne Früchte seh ich glühen,
Winkend zwischen dunkelm Laub,
Und die Blumen, die dort blühen,
Werden keines Winters Raub.

Ach wie schön muss sichs ergehen
Dort im ewgen Sonnenschein,
Und die Luft auf jenen Höhen,
O wie labend muss sie sein!
Doch mir wehrt des Stromes Toben,
Der ergrimmt dazwischen braust,
Seine Wellen sind gehoben,
Dass die Seele mir ergraust.

Einen Nachen seh ich schwanken,
Aber ach! der Fährmann fehlt.
Frisch hinein und ohne Wanken,
Seine Segel sind beseelt.
Du musst glauben, du musst wagen,
Denn die Götter leihn kein Pfand,
Nur ein Wunder kann dich tragen
In das schöne Wunderland.

Friedrich von Schiller, 1759-1805
 
Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein Turm.
Der Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem Roß,
Springt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saust
Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest.
Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell
Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann ...
- "Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt
Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!"
- Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmert's mich?
Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!"
Der Reiter tritt in einen dunklen Ahnensaal,
Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt,
Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht
Droht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib,
Ein stolzes Edelweib aus braunem Ahnenbild ...
Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem Herd
Und starrt in den lebend'gen Brand. Er brütet, gafft ...
Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal ...
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.

Den Abendtisch bestellt die greise Schaffnerin
Mit Linnen blendend weiß. Das Edelmägdlein hilft.
Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder Blick
Hangt schreckensstarr am Gast und hangt am Herd entsetzt ...
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.
- "Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal!
Drei Jahre sind's ... Auf einer Hugenottenjagd ...
Ein fein, halsstarrig Weib ... 'Wo steckt der Junker? Sprich!'
Sie schweigt. 'Bekenn!' Sie schweigt. 'Gib ihn heraus!' Sie schweigt.

Ich werde wild. D e r Stolz! Ich zerre das Geschöpf ...
Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie
Tief mitten in die Glut ... 'Gib ihn heraus!' ... Sie schweigt ...
Sie windet sich ... Sahst du das Wappen nicht am Tor?
Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr?
Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich." -
Eintritt der Edelmann. "Du träumst! Zu Tische, Gast ..."

Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht
Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet.
Ihn starren sie mit aufgerißnen Augen an -
Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk,
Springt auf: "Herr, gebet jetzt mir meine Lagerstatt!
Müd bin ich wie ein Hund!" Ein Diener leuchtet ihm,
Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurück
Und sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr ...
Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach.
Fest riegelt er die Tür. Er prüft Pistol und Schwert.
Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt.
Die Treppe kracht ... Dröhnt hier ein Tritt? Schleicht dort ein Schritt? ...

Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht.
Auf seinen Lidern lastet Blei, und schlummernd sinkt
Er auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut.
Er träumt. "Gesteh!" Sie schweigt. "Gib ihn heraus!" Sie schweigt.

Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut.
Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt ...
- "Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!"
Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt,
Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr - ergraut,
Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar.

Sie reiten durch den Wald. Kein Lüftchen regt sich heut.
Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad.
Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch.
Friedsel'ge Wolken schimmern durch die klare Luft,
Als kehrten Engel heim von einer nächt'gen Wacht.
Die dunklen Schollen atmen kräft'gen Erdgeruch.
Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug.
Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: "Herr,
Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit
Und wißt, daß ich dem größten König eigen bin.
Lebt wohl! Auf Nimmerwiedersehn!" Der andre spricht:
"Du sagst's! Dem größten König eigen! Heute ward
Sein Dienst mir schwer ... Gemordet hast Du teuflisch mir
Mein Weib! Und lebst ... Mein ist die Rache, redet Gott."

Conrad Ferdinand Meyer 1825-1898
 
gedankententakel

tastende tentakel
im seelentabernakel
suchen ausgang
um eingang
zu finden
sinn binden
am roten faden
in gedankenschwaden
um gestern und heute
ins morgen verstreute
gedanken denken
denkend einschränken
im seelentabernakel
keine gedankententakel

(c) mrs. heran_noe 2009

Das hier ist mein aktuelles Lieblingsgedicht :oops:
 
:domina::domina::domina::domina::domina::domina::domina::domina::domina::domina:

Traum einer Domina

Heute Nacht
komm ich ganz leise
schleich mich ein
in Deinen Traum,
nehm Dich mit
auf eine Reise
in den kleinen
dunklen Raum.

Leder glänzt
im Kerzenschimmer
von der Decke
hängt ein Seil,
staunend stehst Du
in dem Zimmer
fürchtest um
Dein Seelenheil.

Hohe Stiefel
bis zum Schenkel
eine Maske
vorm Gesicht,
bin bereit
zum Lustgeplänkel
Peitsche glänzt
im Kerzenlicht.

Seltsam glänzend
Deine Augen
als Du siehst
den knappen String,
Deine Knie
sich leicht beugen
als ich meine
Peitsche schwing.

Fesseln halten
Deine Hände
surrend kommt
der Peitschenschlag,
streift ganz leicht
nur Deine Lenden
wie ein zarter
Flügelschlag.

Schon hör ich
Dich leise flüstern
bitte schlag doch
fester zu,
leck die Lippen
mir ganz lüstern
spreiz die Beine
noch dazu.

Hol weit aus
die Augen glänzen
Stöhnen kommt
aus Deinem Mund,
schreiten über
alle Grenzen
Musik erklingt
im Hintergrund.

Endlich knie
ich mich nieder
hol heraus
das beste Stück,
ein Zittern geht
durch Deine Glieder
als ich ihn
langsam feste drück.

Deine Augen
dunkel werden
keuchend ist
Dein Atemzug,
kannst Dich nicht
mehr länger wehren
nehm Dich mit
zum Himmelsflug.

Dein Erwachen
dann am Morgen
Verwunderung in
Deinem Blick,
fühltest Dich
im Traum geborgen
an dem Arm
baumelt der Strick.


(Linda von Oepen)
:domina::domina::domina::domina::domina::domina::domina::domina::domina::domina:
 
Ein modernes Märchen

1. Früchte der Bildung

Schränke öffnen sich allein,
Schränke klaffen auf und spein
Fräcke, Hosen aus und Kleider,
nebst den Attributen beider.

Und sie wandeln in den Raum,
wie ein sonderbarer Traum,
wehen hin und her und schreiten
ganz wie zu benutzten Zeiten.

Auf den Sofas, auf den Truhn
sieht man sitzen sie und ruhn,
auf den Sesseln, an den Tischen
am Kamin und in den Nischen.

Seltsam sind sie anzuschaun,
kopflos, handlos, Männer, Fraun;
doch mit Recht verwundert jeden,
daß sie nicht ein Wörtlein reden.

Dieser Frack und jener Rock,
beide schweigen wie ein Stock,
lehnen ab, wie einst im Märchen,
sich zu rufen Franz und Klärchen.

Ohne Mund entsteht kein Ton,
lernten sie als Kinder schon:
Und so reden Wams und Weste
lediglich in stummer Geste.

Ein Uhr schlägt's, die Schränke schrein:
Kommt, und mög euch Gott verzeihn!
Krachend fliegen zu die Flügel,
und - nur eins hängt nicht am Bügel!

2. Not lehrt beten

Eine Spitzenbluse nämlich,
oh, entsetzlich und beschämlich,
hat sich bei der wilden Jagd,
wilden Heimjagd der Gespenster -
eine Spitzenbluse nämlich
hat sich bei der Jagd am Fenster-
haken heillos festgehakt.

Kalt bescheint der Mond die krause
Dulderin im dunklen Hause,
die vom Fenster fortstrebt, wie
wer da fliehen will im Traume,
doch kein Schrittchen rückt im Raume,
grell bescheint der Mond die grause
krasse, krause Szenerie...

Da erscheint vom Nebenzimmer,
angelockt durch ihr Gewimmer:
denn sie schrie! die Bluse schrie!
da erscheint vom Nebenzimmer,
hergelockt durch ihr Gewimmer,
schwebt herein vom Nebenzimmer,
schlafgeschloßnen Auges - SIE.

Und sie hakt das arme Wesen -
hakt es ohne Federlesen
los und hängt es ans Regal;
schwebt dann wieder heim ins Neben-
zimmer, schwebt, wie eben Wesen,
die im Schlafe wandeln, schweben,
schwebt so wieder dann ins Neben-
zimmer heim und heim zum Herrn Gemahl.

( Christian Morgenstern, 1871-1914)
 
Epilog
Wenn wir es wagen
vorbehaltlos dem Augenblick das Herz zu öffnen
wenn wir es wagen
dem zu glauben was unsere Sinne uns
über das Wesen der Welt
über das Wesen Gottes
mitzuteilen haben
ohne die Schatten des
eigenen Denkens
herauf zu beschwören
um die Eindrücke zu verfärben
wenn wir es also wagen
der Welt in der naiven Unschuld
einer kindhaften Empfindsamkeit
entgegenzutreten
ohne dabei
die Weite eines gereiften Bewusstseins
einer erwachten Seele
aufgeben zu müssen
dann schauen wir
in die Weite nach den Sternen
in die Vielheit der vereinten Natur
ins Angesicht von Leben und Tod
von Zeit und Ewigkeit
als blickten wir in den Spiegel
des gebogenen Raumes
in dem sich unser Selbst
wieder und wieder
in scheinbar unendlicher Folge
als das Spiegelbild des Spiegelbildes abzeichnet
dessen Ursprung Gott ist
und dessen tiefste Empfindung
die Liebe verkörpert
in all ihrer Reinheit
in all ihrer Unabsicht
in all ihrer Größe

:herzen::herzen::herzen:

 

Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis' die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.


(Joseph von Eichendorff)
 
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