„Mein Geburtstag endete in einer nuit blanche, einer weißen Nacht, einer Nacht, die nicht enden wollte. Mitternacht war schon lange vorbei, als André mir in meinen roten Mantel half und wir eng umschlungen und traumwandlerisch unseren Weg durch die stillen Straßen fanden. Alle paar Meter blieben wir stehen um uns zu küssen und wir brauchten unendlich lange, bis wir schließlich vor meiner Wohnungstür standen. Aber die Zeit hatte in dieser Nacht, die weder Tag noch Stunde kannte, keine Bedeutung. Als ich mich vorbeugte um die Tür aufzuschließen, küsste mich André in den Nacken. Als ich ihn an der Hand durch den Flur zog, legte er von hinten seinen Arm um mich und fasste nach meiner Brust. Als wir im Schlafzimmer standen, streifte André mir die Träger meines Kleides von den Schultern, und nahm dann mit einer unendlich zärtlichen Geste meinen Kopf in seine Hände. ‚Aurelie‘, sagte er, und küsste mich plötzlich so heftig, dass mir ganz schwindlig wurde. ‚Meine schöne, schöne Fee‘. Es gab keinen Augenblick in dieser Nacht, an dem wir uns wirklich losgelassen hätten. Alles war Berührung. Alles wollte entdeckt werden. Gab es eine Stelle unserer Körper, die übersehen, die nicht mit Zärtlichkeiten bedacht, die nicht mit Lust erobert wurde? Ich glaube nicht. Unsere Kleider fielen leise raschelnd auf den Parkettboden und als wir auf mein Bett sanken und uns dort für Stunden verloren, war mein letzter Gedanke, dass André Charbane der Richtige Falsche war.“
Aus: „Das Lächeln der Frauen“, Nicolas Barreau