Demonstrationen wie die gegen den Ball haben längst nicht mehr den Zweck, eine politische Meinung zu artikulieren.
Das nämliche gilt für radikale Tierschützer, evangelikale Sektierer, PKK-Sympathisanten, arabische Anti-Israel-Demos etc.
Die Demonstranten befriedigen vielmehr eigene Bedürfnisse: Es ist so schön einen Feind zu haben, den man sich immer schwärzer imaginieren kann!
Man findet gleichgesinnte und hat sofort ein Thema und ein gemeinsames Anliegen.
Überlegen ist man zwar eher nicht, aber das Gefühl auf der richtigen Seite zu stehen, vor allem in einem moralisch-ethischen Sinn bläht das schwächliche Ego.
Gemeinsame Anreise zur Demo, wunderbar!
Das ich geht im Wir auf, für regressive Naturen ein dringendes Bedürfnis.
Mit anderen Worten, moderne Demos erfüllen eine ähnliche Funktion wie die zahllosen Prozessionen und Wallfahrten der vergangenen Zeiten.
Der Anlaß an sich ist nicht so wichtig, aber es gab immer Kristallisationskerne: Startbahn-Ost, Wackersdorf, Opernball oder ein Castor-Transport.
Unterschiede gibt es freilich: mal passive Aggression (Anketten, Sitzblockade), mal aktive Aggression mit Gewaltdelikten.
Ich wohne sehr zentral und habe daher fast täglich die Möglichkeit, Demonstranten und politische Standbetreiber zu beobachten.
Nochetwas: Das Interesse der Passanten in den Fußgängerzonen ist gleich null.
Als vor wenigen Monaten linke Studenten durch die Schottengasse zogen ("Studienplätze statt Ausländerhetze!") wurden sie von Passanten beschimpft, wieviele Autofahrer aufgrund von Umleitungen und Wartezeiten wütend waren, entzieht sich meiner Kenntnis.