Ein Fall, der nun schon 5 Jahre zurückliegt, mir aber noch immer das Grausen lehrt, war ein Verkehrsunfall. Ich akzeptiere ja, dass es Menschen gibt, die kein Blut sehen können. Jedoch...
Das Auto in der Gasse stand unüblich da, der Fahrer verloren daneben, den Blick zu Boden gerichtet. Die leisen Schmerzensschreie konnte ich auch nicht gleich einordnen. Ich ging schneller und entdeckte, nachdem ich Passanten zur Seite schob, dass ein verletzter Biker (Gesicht zu Boden m. Helm) am Fahrstreifen lag. Es standen mindestens 7 Leute da, keiner ging auf den Verletzten zu. Nachdem Handy greifend, in die Menge rufend ob schon wer Hilfe verständigte, kam nur betretenes Schauen und verneinen. Während ich die Rettung rief, begann ich mit dem Verletzten ins Gespräch zu kommen. Auf den ersten Blick konnte ich keine Verletzung entdecken. Ich gab per Handy Auskünfte über den Zustand des Verletzten. Mit Hilfe eines Bekannten, der zufällig vorbei kam, haben wir dann die Zufahrt für die Rettungskräfte ermöglicht (Verkehr umgeleitet/Einbahn). Die Schaulustigen waren nicht dazu zu bewegen mit zuhelfen. Den Verletzten in die stabile Seitenlage gebracht, das Bike zur Seite geschoben, den Fahrer beruhigen müssen. Ich war so sauer auf diese Gaffer. Ich habe dann gebrüllt, wenn sie nicht ärztliche Hilfe leisten können oder sonst irgendwie was Nützliches zusammenbringen, dass sie gefälligst weitergehen sollten, oder ob sie tauschen möchten, hier am Boden zu liegen und angestarrt werden wollen. Erst dann ist ihnen erst bewußt geworden, wie unmenschlich ihr Verhalten ist.
Eine Frau warf dein ein Handtuch beim Fenster runter, damit ich den Biker zudecken konnte. Ich blieb beim Verletzten und fragte ihn wo er Schmerzen habe. Er meinte am Fuß. Ich sah nur eine leichte Ausbuchtung am Schenkel und sagte ihm, dass ich nun die Jeans öffnen müßte um mir ein genaueres Bild machen zu können. Als ich die Jeans zerriss sah ich, dass er eine offene Fleischwunde hatte, der Muskel komplett zerrissen war und der Knochen frei sichtbar. Abbinden mußte ich ihn nicht, er stand zum Glück so gehörig unter Schock, dass er fast nicht blutete. Als er mich fragte, was an seinem Fuß ist, sagte ich ihm "was mit ein paar Stichen wieder in Ordnung ist". Die letzten Schaulustigen haben dann endlich begriffen, dass es hier um was Ernstes ging. Nur den Aufschrei nach freilegen der Wunde hätten sie sich ersparen können. Der Biker war selbst Samariter und wußte sofort, dass ich gelogen hatte. Ich war froh, als ich das Rettungsauto sah und ihn nun in guten Händen wissen konnte.
Der Anblick der Wunde war schlimm, aber bei weitem nicht so schlimm wie das mißerable Verhalten der Sensationsgeier.