Menschenhändlerring zwang in Wien Frauen in Prostitution
Ein Menschenhändlerring soll seit 2012 von Rumänien aus 28 Frauen zur Prostitution gezwungen haben. Etwas mehr als die Hälfte der Opfer ist laut Polizei in Wien zur Sexarbeit genötigt worden. Drei Männer, die für die Umtriebe in Österreich verantwortlich sein sollen, und 19 weitere Verdächtige wurden in Rumänien festgenommen. Bei zwei Hausdurchsuchungen in Wien wurde Beweismaterial sichergestellt.
16.16 Uhr, 15. Mai 2020
Bei den Opfern handelt es sich um Frauen im Alter von 18 bis 40 Jahren aus Rumänien. Sie wurden von den Menschenhändlern mit der sogenannten Loverboy-Methode "angeworben": Die Männer machen sich an Frauen aus sozial schwierigem Umfeld heran, gehen sogar eine Beziehung ein und stellen einen Job am Bestimmungsort in Aussicht.
In Wien angekommen, wurden den Frauen die Reisepässe abgenommen und sie landeten im Rotlichtmilieu. "Im Fall der Verweigerung (der Sexarbeit, Anm.) gingen die Beschuldigten mit körperlicher und psychischer Gewalt vor", sagte Vincenz Kriegs-Au, Sprecher des Bundeskriminalamts (BK). "Die Gruppierungsmitglieder verkauften darüber hinaus auch die Opfer innerhalb der Gruppierung weiter, die Beträge beliefen sich auf 5.000 bis 8.000 Euro."
Am Mittwoch führten rumänische Ermittler 16 Hausdurchsuchungen im südrumänischen Landkreis Giurgiu durch. Dabei wurden 22 Verdächtige festgenommen, darunter jene drei Männer Mitte bis Ende 20, die zuletzt die "Wiener Filiale" der Menschenhändler betrieben haben sollen. Das Landeskriminalamt Wien durchsuchte fast zeitgleich zwei Wohnungen in Favoriten und Meidling, eine weitere Amtshandlung erfolgte in Huddersfield in Großbritannien. In Wien gab es zwar keine Festnahmen, es wurden aber Datenträger, Mobiltelefone und Unterlagen gesichert, sagte der BK-Sprecher.
In Rumänien stellten die Behörden auch Bargeld, Schmuck und Uhren, acht Luxusautos, ein Nutzfahrzeug, Waffen, Falschgeld, Parfums, Handys und Laptops sicher. 15 Verdächtige werden von der rumänischen Staatsanwaltschaft zur Untersuchung der Straftaten von Organisierter Kriminalität und Terrorismus (DIICOT) einvernommen. In Großbritannien wurden zwei Opfer identifiziert und zwei Verdächtige festgenommen.
Der Kopf der Menschenhändler soll bereits 2012 kriminelle Verbindungen in Rumänien und nach Österreich, Deutschland, Zypern, in die Schweiz und die Türkei aufgebaut haben. Er zog eine Organisation für Zuhälterei, Menschenhandel, Schmuggel und Geldwäsche auf. Um die Herkunft der Einnahmen zu verschleiern, betrieben er und seine Verwandten ein Familienunternehmen. Unter diesem Firmendeckmantel sollen auch illegale Geschäfte mit Gold aus der Türkei gelaufen sein. Zudem besteht der Verdacht, dass die Bande gefälschte britische Pfund in Verkehr brachte. Den illegalen Gewinn, der insgesamt durch Straftaten erzielt wurde, schätzen die Polizeibehörden auf rund 1.115.000 Euro.
Den Frauen wurde damit gedroht, dass sie ihre Schulden zurückzahlen müssen. Weitere Nötigungs- und Erpressungsgründe waren minderjährige Kinder, die aus der Lebensgemeinschaft mit den Tätern stammten und die bei Verwandten der Bandenmitglieder aufwuchsen. "Wenn sich die Frauen weigerten weiterzuarbeiten, den Menschenhändlern geforderte Geldbeträge nicht übergaben, den Erwartungen nicht entsprachen oder sich an die Polizei wandten, wurde physische oder psychische Gewalt auf die Opfer ausgeübt, manchmal auch während Schwangerschaften", berichtete das BK.