Meinerseits betrachte ich das Thema für abgeschlossen; bedanke mich für die doch recht zahlreichen und oftmals tiefsinnigen Antworten. Und weil wir gerade bei tiefsinnig sind, möchte ich euch das Ende der Geschichte nicht vorenthalten:
Wir hatten vor 15 – 17 Jahren, genau weiß ich das schon nicht mehr, die Runde „Treffen im Advent“ gegründet, welche von hier lebenden Deutschen besucht wurde. Meine Formulierung in der Vergangenheitsform sagt eigentlich schon alles, doch das Ende fehlt.
Einer unserer Teilnehmer, nennen wir ihn Werner, war von Anfang an mit seiner asiatischen Frau dabei. War ein unglaublich netter Zeitgenosse, feinfühlig, künstlerisch begabt und hoch gebildet. Vor zwei Jahren wurde seine Frau genau am 1. Advent durch einen Verkehrsunfall aus dem Leben gerissen. Zu unserer Überraschung, letztes Jahr fehlte er verständlicherweise, erging sich in Trauer, kam er zu dem diesjährigen Treffen. Alle freuten sich ihn wiederzusehen. Irgendwann kam man auf Freundinnen zu sprechen (einer in der Runde plant Neujahr zu heiraten). Anekdoten machten die Runde, einige von Werner beigesteuert, als er wehmütig von verflossenen Freundinnen sprach, den Verlust seiner Frau dabei komplett ausklammerte, mental komplett zu Boden ging und jeder betroffen zuhörte.
Völlig unpassend äußerten sich die Neulinge zum Thema, zogen äußerst abfällig über binationale Verbindungen her, übersahen dabei, dass wir als Gastgeber ebenfalls eine solche darstellen. Begriffe zu „billigen“ asiatischen Frauen fielen, welche ich nicht wiederholen möchte. Grundtenor bildeten Aussagen wie, dass es diesen Frauen angeblich nur um Geld ginge, diese auch mal etwas „Richtiges“ zwischen den Beinen spüren wollen. Weihnachten würden die auch nur mitnehmen, um einen weiteren Grund zum Feiern zu haben. Entsetztes Schweigen in der Runde. Immerhin gut die Hälfte der Teilnehmer saß mit ihren asiatischen Frauen/Männern am Tisch.
Meine Frau, sonst immer ausgleichend, fand deutliche Worte zu der „Viererbande“, was sonst nicht ihre Art ist. Statt sich zu entschuldigen, zeigten sich die Neulinge noch amüsiert, waren sie doch der Meinung, meine Frau sei nur die „Bedienung“ für die Gruppe. Wir lösten das Treffen nach den abfälligen Bemerkungen der Neulinge mit ihren Begleiterinnen auf. Werner war zuerst weg, es war 18.41 Uhr. Wissen wir deshalb so genau, weil meine Frau das Taxi über die Zentrale rief. Minuten später verschwanden grußlos die Neulinge.
Der verbliebene Rest hockte noch bis kurz vor Mitternacht zusammen. Nichts war mehr mit Weihnachtsstimmung. Wir redete über genau das Thema, was ich als Frage gestellt hatte. Seltsamerweise hatten jeder in der Runde Freunde und Freundinnen (keine Ehepartner!) durch den Tod verloren, erzählte die Geschichte dazu und wie man damit umgegangen ist. Jeder hat auf die seine Art, um den gegangenen Sexpartner getrauert! Ausnahmslos wurden die auch von vielen EF–Mitgliedern geäußerten Meinungen vertreten, wofür ich ausdrücklich danken möchte. Bedanken möchte ich mich auch für die mir per PN übermittelten Nachrichten.
Ende der Geschichte? Anderntags rief kurz nach dem Mittag die Polizei an.
Werner wurde bei laut laufender Weihnachtsmusik tot von seiner Schwägerin in der Wohnung gefunden. Überdosis Herztabletten, neben ihm ein Abschiedsbrief mit unseren Namen und sein letzter Anruf ging zu uns, weil er den Bus verpasst hatte, nachfragte, wann der nächste geht. Wir standen damit im Fokus der ersten Ermittlungen.
Nächste Woche fährt die ganze Gruppe zu seiner Beisetzung.
„Weihnachtszeit, schöne Zeit?“ - nach den vielen Jahren, habe ich in Absprache mit meiner Frau, die Runde „Treffen im Advent“ aufgelöst, die anderen Teilnehmer davon informiert.
Eine Fortsetzung wird es nicht geben. Zu groß ist uns das Risiko, dass Ähnliches wieder geschieht.
Was vom Mensch bleibt, was von uns bleibt, was von Werner bleibt …
sind wundervolle Erinnerungen an dieses wundervolle Paar.