Harte Kritik
Juncker knöpft sich deutsche Politiker vor
Euro-Gruppen-Chef Juncker den Umgang mancher deutschen Politiker mit Griechenland hart kritisiert. Diese seien mit ihrem Populismus nur auf Punkte in der Innenpolitik aus. Die Euro-Zone sei keine deutsche „Filiale“.
BerlinJean-Claude Juncker hat Teile der deutschen Politik Juncker scharf angegriffen. Er frage sich, warum Deutschland die Euro-Zone „wie eine Filiale“ behandele, sagte der luxemburgische Regierungschef der „Süddeutschen Zeitung“.
Danach gefragt, wie viel Zeit Griechenland noch für Reformanstrengungen bleibe, sagte Juncker: „Ich wundere mich immer wieder, dass man vor allem in der Bundesrepublik stets mahnt, wir müssen den Troika-Bericht abwarten. Aber schon bevor er da ist, erklärt man was drin steht.“ Der Populismus bei der Griechenland-Frage sei in Deutschland besonders ausgeprägt und die Politiker dabei nur auf Punkte für die Innenpolitik aus. „Wieso eigentlich erlaubt sich Deutschland den Luxus, andauernd Innenpolitik in Sachen Eurofragen zu machen? Warum behandelt Deutschland die Euro-Zone wie eine Filiale?“
Juncker betonte, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone gehöre nicht zu seiner „Arbeitshypothese“. Zuletzt hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erklärt, für ihn habe ein Austritt Athens „längst seinen Schrecken verloren“. Weitere Politiker der Regierungskoalition hatten sich ähnlich geäußert.
Im Hinblick auf die Krise hat Juncker Entscheidungen über Euro-Rettungsmaßnahmen für die nächsten Tage angekündigt. „Wir sind an einem entscheidenden Punkt angekommen“, sagte Juncker. „Die Welt redet darüber, ob es die Euro-Zone in einigen Monaten noch gibt.“ Die Euro-Länder müssten jetzt „mit allen verfügbaren Mitteln“ ihre feste Entschlossenheit zeigen, die Finanzstabilität der Währungsgemeinschaft zu garantieren: „Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.“
Vor dem Hintergrund der Schuldenkrise trifft US-Finanzminister Timothy Geithner heute mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zusammen. Das kurzfristig anberaumte Treffen findet auf Schäubles Urlaubsinsel Sylt statt. Anschließend reist Geithner nach Frankfurt am Main weiter, wo er mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, zusammentrifft.
Unterdessen hat auch der britische Ex-Premierminister Tony Blair Deutschland zur Rettung des Euro aufgerufen. Die Euro-Krise sei anders als frühere Krisen, schrieb Blair in einem Gastbeitrag für die „Bild“-Zeitung von Montag. „Sie ist für uns eine neue Erfahrung, am ehesten noch vergleichbar mit der Situation in den 1930er-Jahren. Sämtliche Alternativen sind unschön. Aber die beste dieser Alternativen für Europa, und insbesondere für Deutschland, besteht darin, den Euro zu retten.“
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