Junge Generation ahnt nicht, was auf sie zukommt
Auf die jungen Deutschen kommen riesige Lasten zu: Nur sechs Prozent wissen, dass die aktuelle Staatsverschuldung mehr als zwei Billionen Euro beträgt. Und ein großer Teil der Schulden ist versteckt.
Steigende Soziallasten, Kosten der Energiewende, hohe Verschuldung – das Gros der hiesigen Bevölkerung glaubt, dass die künftigen Generationen über Gebühr belastet werden. Dies zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag des Verbandes der Jungen Unternehmer. Danach machen sich 82 Prozent der Deutschen Sorgen um die Zukunft der Jungen und fordern, diese zu entlasten. 43 Prozent der Bevölkerung halten eine entsprechende Politik angesichts des demografischen Wandels sogar für "sehr dringend".
Besonders die Älteren prophezeien eine Überforderung der Jungen: So sagen 51 Prozent der 50- bis 59-Jährigen und 46 Prozent der über 60-Jährigen, eine Entlastung der jüngeren Generation sei dringend geboten. Unter den 14- bis 29-Jährigen meint dies dagegen nur jeder Dritte.
Immer mehr Rentner, immer weniger Beitragszahler
Die Rentenpolitik bereitet den Menschen die größten Sorgen. So glauben vier von fünf Deutschen, dass die Jüngeren durch die Kosten der staatlichen Alterssicherung überstrapaziert werden. Schließlich stehen künftig immer mehr Ruheständler einer schwindenden Zahl von Beitragszahlern gegenüber.
Trotzdem planen derzeit – ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl – Regierung wie Opposition neue Rentenleistungen. So sollen die Ansprüche von Geringverdienern, Invaliden und Müttern aufgestockt werden. Auch die Rente mit 67 steht unter Beschuss. Und Gewerkschaften und Sozialverbände machen Druck, eine weitere Absenkung des Rentenniveaus auszuschließen – auf Kosten künftiger Beitragszahler.
Auch die Probleme mit der Energiewende und die stark steigenden Strompreise treiben die Bürger um. So rechnen 79 Prozent der Befragten mit großen finanziellen Lasten für die Jüngeren infolge der Energiepolitik. Weitere große Belastungen werden im Gesundheitssystem und bei den Staatsfinanzen ausgemacht.
"Politik tut nicht genug"
"Die Bevölkerung sieht, dass die Politik nicht genügend dafür tut, die jüngeren Generationen vor übermäßiger Belastung zu schützen", sagte die Bundesvorsitzende des Verbandes der Jungen Unternehmer, Marie-Christine Ostermann. "Mit Blick auf die Generationengerechtigkeit ist die Bilanz der schwarz-gelben Regierung sehr enttäuschend", kritisierte die 34 Jahre alte Jungunternehmerin.
Anstatt die Staatsausgaben zu senken und einen mutigen Schuldenstopp zu beschließen, würden neue milliardenteure Wohltaten wie das Betreuungsgeld oder die Abschaffung der Praxisgebühr verteilt. Auch wage man sich nicht an die Subventionen heran, monierte Ostermann.
Kritisch sieht sie die "wirkungslosen Hilfen für Griechenland und andere europäische Krisenländer auf Kosten der Steuerzahler". Auch dies gehe voll zulasten der künftigen Generationen. "Statt immer mehr Geld in ein Fass ohne Boden zu schütten, sollten wir lieber mehr in das hiesige Bildungssystem investieren", fordert Ostermann. Der Verband veranstaltet an diesem Freitag in Berlin einen Kongress zum Thema "Generationengerechtigkeit".
Die junge Generation ahnt nichts
Die Umfrage zeigt indes auch, dass die meisten Deutschen gar keine genaue Vorstellung davon haben, wie hoch der vom Staat aufgetürmte Schuldenberg ist. Lediglich sechs Prozent der Bevölkerung schätzen die Verschuldung mit rund zwei Billionen Euro richtig ein. Dies entspricht mehr als 80 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung eines Jahres.
Vor allem die junge Generation ahnt nicht, was auf sie zukommt. Von ihnen lag nur jeder Fünfzigste richtig. Zwei Drittel hatten überhaupt keine Vorstellung von der Dimension der Verschuldung. Unter den über Sechzigjährigen weiß immerhin jeder zehnte Bescheid.
Ohne Reform drohen drastische Beitragserhöhungen
Allerdings ist die offiziell ausgewiesene Staatsverschuldung ohnehin nur ein Teil der Rechnung, die an die künftige Generation weitergereicht wird. Der Hauptteil entfällt auf die in den Sozialkassen versteckten Schulden.
Die Ansprüche der Bürger an das Rentensystem sowie die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung sind mehr als doppelt so groß wie der offizielle Schuldenstand. Denn in allen drei Sozialversicherungen gibt es einen Transfer von den Jüngeren zu den Älteren. Und während es bei der Alterssicherung in der Vergangenheit einige Reformen gab, um den künftigen Beitragsanstieg abzubremsen, stehen solche Sanierungsarbeiten im Gesundheitswesen und in der Pflege noch aus.
Da die Alterung der Gesellschaft die Kosten für die medizinische Versorgung und die Pflege in die Höhe treiben wird, drohen ohne Finanzreformen drastische Beitragserhöhungen.
Zusammen betragen die ausgewiesenen und die versteckten Schulden Deutschlands mittlerweile 7,7 Billionen Euro – und dabei sind die Kredite und Bürgschaften für Griechenland und andere Euro-Länder noch gar nicht enthalten. Kein Wunder, dass die Bevölkerung fürchtet, dass die Last für die Jungen zu schwer ist.
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