Die Theodizee Frage, also die Frage warum es das Leid gibt, wenn es Gott/ein Göttliches/eine Tranzendente Macht gibt, wurde letztendlich bis heute nicht gelöst.
Mögliche Gründe hierfür gibt es viele:
1.) Es gibt keinen Gott/keine tranzendente Macht.
2.) Sollte es ihn/sie/es dennoch geben, dann ist er/sie/es entweder grausam, gleichgültig oder nicht allmächtig.
3.) Wäre er/sie/es jedoch gerecht und allmächtig, werden die Dinge offensichtlich nach Regeln gerichtet, die ich zumindest nicht erkennen kann.
Alle Religionen, mit denen ich mich näher beschäfigt habe, geben verschiedene Antworten auf die Frage, warum Leid geschieht. Da findet man auch die Antwort, dass Krankheit/Leid/Schicksalschläge eine Art Strafe sein können. Aber diese Antwort ist bei Weitem nicht so häufig wie die, dass wir es letztendlich nicht wissen. Das Buch Hiob z.b. empfiehlt sich als amüsante Leselektüre. Dem "rechtschaffenen, ehrlichen, gottesfürchtigen" Hiob wird alles genommen, Familie, Wohlstand, Gesundheit. Und immer wieder bekommt er Besuch von Menschen, die ihm erklären wollen, dass er ein schlechter Mensch sei, sich das selber zuzuschreiben habe und endlich etwas ändern solle. "Hiob, du hast gesündigt, gib es doch zu". Das Buch Hiob löst sich auf, indem Gott zu ihm spricht und sich dafür entschuldigt, dass er ihm furchtbares angetan hat.
Für mich ist die Quintessenz aus diesen und ähnlichen "heiligen" Schriften Folgende: Ich bin sehr vorsichtig damit, über jemand Anderen zu urteilen, ob er/sie sich das Leid, die Scheiße, die Krankheit selber zuzuschreiben habe. Denn ganz ehrlich: ob ich nun an eine größere Macht glaube oder nicht: sowas kann ich einfach nicht glauben - nicht zuletzt aufgrund großer historischer Grausamheiten wie Völkervernichtungen, Hexenverbrennungen, Naturkatastrophen.
Wenn ich selber physisch oder psychisch erkranke, frag ich mich natürlich durchaus auch, ob es etwas geben kann, was ich durch meinen Lebenswandel dazu beigetragen habe. Aber das frage ICH MICH und verwehre dagegen, wenn die ach so rechtschaffenen "Freunde", wie sie bei Hiob genannt werden, mir ungefragt die Welt zu erklären beginnen.
Bitten mich FreundInnen, Bekannte, KlientInnen um Rat, bin ich sehr, sehr, sehr vorsichtig mit Zuschreibungen und Welterklärungen. Denn letztendlich wissen wir es nicht. Und selbst wenn wir es wissen würden: was hilft es demjenigen, der in der Scheiße sitzt, wenn ihm/ihr noch erklärt wird: selber Schuld? Genau. Gleich gar nichts.
Was nicht heißt, dass jeder Mensch nicht auch Fehler macht, Fehlwege geht, vielleicht sogar richtig schuldig wird. Natürlich muss derjenige/diejenige die Verantwortung für die Fehler übernehmen. Handelt es sich um Verstöße gegen das Gesetz, regelt das unser Staat. Handel es sich um Verstöße gegen die geltende Moral/Norm, ist die ganze Sache schon bedeutend schwieriger.
Aber diese Ursache-Wirkungs-Esoterik-Religion halte ich für grausam, oberflächlich und gefährlich.