hallo,
ich habe recht lange überlegt, ob ich hier ein paar meiner Gedanken zu diesem Thema niederschreiben sollte. Denn ich finde das Thema sehr privat und intim, viel intimer als jedes Gespräch über Sex.
Ich habe mich dann doch dazu entschlossen, vielleicht auch um mir ein wenig von der Seele zu schreiben, was mich in letzter Zeit recht viel beschäftigt. Ein ganz lieber Bekannter von mir steht aufgrund einer nicht (mehr) behandelbaren Krebserkrankung kurz vor dem Tod... da macht man sich so seine Gedanken. Ich bin zu Folgenden Schlüssen für mich selbst gekommen:
Nein, ich habe keine Angst vor dem Tod, und auch nicht vor dem eigentlichen Moment des Sterbens, ich habe Angst vor den möglicherweise schmerzvollen Wegen, die dorthin führen können. Ich wäre auch nicht gerne ein Pflegefall, kann aber kaum sagen, zu welchem Zeitpunkt ich "abgeschaltet" werden wollen würde. Denn woran ich keinerlei Zweifel habe, ist daß der Überlebenstrieb der stärkste ist, den der Mensch in sich birgt, keine Ahnung bis zu welchem Zeitpunkt sich mein Geist dann noch verzweifelt ans Leben klammern wird.
Ich habe auch darüber nachgedacht, was ich bereuen würde, wenn es heute so weit wäre. Und habe die Entdeckung gemacht, daß es nur zwei Dinge wären: Meinen Sohn nicht aufwachsen zu sehen und nicht mehr Zeit mit meinem Mann verbringen zu können. Diese beiden Gedanken stimmen mich unendlich traurig.
Aber sonst: Je ne regrette rien... Ich habe die bisherigen 30 Jahre meines Lebens gut genutzt, habe viel erlebt, kein "das will ich unbedingt noch machen" ist offen. Was nicht bedeutet, daß ich keine Ziele mehr habe und keine Träume, im Gegeneil, aber wenn ich jetzt gehen müsste, ich wäre im Reinen mit mir selbst. Eigentlich ein wunderschönes Gefühl.
Und die Frage wie alt ich werden möchte? Auch schwierig. Mein Großvater fast 90 und bis auf ein wenig Gelenksschmerzen, Hautproblemchen super beisammen. Er lebt immer noch in seiner Wohnung, meine Mutter und ihre Schwester helfen ihm ein wenig im Haushalt, aber sonst ist er noch voll selbstständig. Und trotzdem ist dieser Mann unglücklicher als so mancher schwerkranke Patient. Mit dem Tod seiner Frau hat er leider all seine sozialen Kontakte fallen gelassen und ist jetzt bis auf das was wir ihm als Familie bieten können schlichtweg einsam. Ein einsamer, alter und trauriger Mann. So will ich nicht enden.
Viel wichtiger als die Frage nach dem Alter in dem es so weit sein soll ist deshalb für mich: wer sind die Menschen die mich auf diesem Weg begleiten werden. Ich hätte gerne meine Lieben um mich, dann wird es OK sein, da bin ich mir sicher.
Einen schönen Tag wünscht Euch Eure nachdenkliche Ninon