Ich würde gerne mal von den Beschnittenen wissen, was sie darüber denken. Fühlen sie sich beeinträchtigt? Oder hat es gar Vorteile?
Da gehen die Meinungen, wie den bereits bestehenden threads zu entnehmen ist, weit auseinander. In diesem Forum wird wohl kaum jemand zugeben, dass er hinsichtlich seiner sexuellen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist.
In Dänemark ist 2011 eine wissenschaftliche Studie erschienen, die die Sexualität von Hetero-Paaren in Hinblick auf die Beschneidung des Mannes untersucht hat. Das Ergebnis war, dass beschnittene Männer 3mal so häufig von Orgasmusproblemen berichtet haben und Frauen in Beziehungen mit beschnittenen Männern zu 38% unzufrieden mit dem Sexleben waren, während die Quote bei den "unbeschnittenen Paaren" bei 27% lag. 4mal mehr beschnittene Männer klagten über Schmerzen beim Sex als unbeschnittene. Als weitere Probleme traten Erektionsstörungen, Sensibilitätseinschränkungen und Trockenheit bei beschnittenen Männern signifikant häufiger auf als bei unbeschnittenen. (Frisch/Lindholm/Groenbaek: Male circumcision and sexual function in men and women: a survey-based, cross-sectional study in Denmark. Int J Epidemiol. 2011)
Ich würde also sagen, bestimmte Folgen einer Beschneidung sind möglich, wenngleich diese aber auch äußerst selten sind und großteils vorbeugend verhinderbar. Widerlegt scheint die These von der gesteigerten sexuellen Leistungsfähigkeit durch Beschneidung.
Interessant an der Studie ist, dass diese vollkommen ohne Einfluss und Mitarbeit von US-Wissenschaftern erfolgte und auch die Untersuchungspersonen keine US-Amerikaner waren. In den USA wird ja eine generelle Beschneidung ohne religiösem Hintergrund oder medizinischer Indikation noch immer weitverbreitet vorgenommen. Lächerlich vor allem vor dem Hintergrund, dass diese Tradition von den Puritanern herrührt, die durch die Beschneidung den Sexualtrieb verringern wollten und die Onanie unterbinden...
Ist Körperverletzung an Kindern und nur zu verurteilen. Soll es für jeden ein eigenes Gesetz geben????? Das hat mit Religion nichts mehr zu tun, genauso wie die Beschneidung der Mädchen, gehört auch die der Jungs verboten, ganz klar und ohne Ausnahmen, über die jetzt wieder diskutiert wird, um den Spinnern entgegenzukommen. Was nehmen die sich raus, eine Körperverletzung legalisieren zu wollen??
Ich würde die Sache etwas differenzierter betrachten. Natürlich handelt es sich bei einer Beschneidung um einen Eingriff in die körperliche Integrität eines Kindes. Ich bin aber auch der Meinung, dass man hier nicht rein rechtspositiv Schlüsse ziehen kann und eine Abwegung der Grundrechte körperliche Unversehrtheit vs. Religionsfreiheit vornehmen kann. Meiner Meinung nach muss man schon in's Kalkül ziehen, dass die Beschneidung einerseits eine tragende Säule der religiösen Tradition in Judentum und Islam ist, andererseits die "medizinischen Folgen" der Beschneidung, die praktisch vernachlässigbar sind. Ich glaube nicht, dass viele der aus medizinischen Gründen beschnittenen mit ihrem Schicksal hadern. Ich denke hier vergleichsweise an das Ohrlochstechen bei Kleinkindern. Da kam auch noch kein Gericht auf die Idee, den Arzt oder Juwelier wegen Körperverletzung anzuklagen. Und dabei gehts schlussendlich nur um eine modische Vorliebe...
Gewisse Rechte muss man den Eltern in der Erziehung ihrer Kinder schon sichern. Und dabei geht es ganz klar auch um religiöse Erziehung. Ich glaube, dass das Recht des Staates, hier einzugreifen, besonders begründet sein muss. Und das ist in meinen Augen im Falle der Beschneidung noch nicht ausreichend gegeben, da die Beschädigung des Kindes unwesentlich ist.
Bin auch der Meinung, dass das Grundgesetz über allem stehen muss. Körperverletzung ist Körperverletzung, egal was die Religion erlaubt oder vorschreibt.
Ob Beschneidung, Prügelstrafe oder Steinigen. Wo fängt man sonst an und wo hört man auf. Ganz besonders natürlich, wenn physische oder psychische „Beeinträchtigungen“ nicht rückgängig gemacht werden können.
Jetzt auf Umwegen das Kölner Urteil außer Kraft zu setzen, halte ich für falsch.
Durch Berufung und Revision bis zum Verfassungsgericht gehen, damit von den höchsten Hütern unseres Grundgesetzes eine Entscheidung erzwungen wird. Egal, wie dies dann ausfällt.
Das Grundgesetz steht auch über allen anderen Rechtsakten der Bundesrepublik. Aber das Grundgesetz kann nie über den Bedürfnissen und Wünschen der Bürger stehen und auch nicht über den Menschenrechten. Und diese sehen die Religionsfreiheit eben auf einer Stufe mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit. Abwägungen zwischen diesen Rechten müssen äußerst gewissenhaft getätigt werden, ansonsten könnte ein höher geschätztes Menschenrecht ja alle anderen außer Kraft setzen.
Ich persönlich erachte die Beschneidung, die ja nichts anderes ist als ein pars pro toto Opfer, als arachaisches, unzeitgemäßes und zu weitgehendes Ritual. Aber gleichzeitig denke ich, dass es jedem einzelnen Überlassen bleiben muss, sein Kind in die Religion zu führen, die die Eltern als für richtig erachten. Der Staat darf in diesen Bereich der privaten Lebensführung nicht eindringen, solange es keinen zwingenden Anlass dazu gibt.
Prügelstrafe oder Steinigungen mit der Beschneidung zu vergleichen halte ich für ein bisschen zu populistisch. Die Beschneidung ist immerhin eine Art Initiationsritual (vgl. die diesbezüglichen Traditionen diverser "Naturvölker") und keine Bestrafung. Außerdem sind die Einwirkungen von Prügelstrafe und Steinigung wohl deutlich anders zu bewerten, als die Beschneidung. Man sollte schon die Synagoge/Moschee im Dorf lassen ;-)