Ich bin auch einer der Gefrusteten! Aber wenn ich mir so vor's geistige Auge führe, was passieren würde, käme es zu einem "Aufstand gegen die regierende Kaste", dann wird mir nicht wohler. Warum? Weil ich folgendes Szenario zeichne:
In den letzten Jahrzehnten ist durch die Politik immer nur Neid und Mißgunst gepredigt worden. "Die Reichen, die Banken, die Ausländer, die Andersdenkenden,....". Also gleich welcher ideologischen Ausrichtung wurde Frust gesät!
Allerdings hat in dieser Zeit nur ein bestimmtes Lager "Aktionen"organisiert, mit denen dann etwa gegen eine Regierung, einen Ball, gegen dies und das demonstriert wurde und in deren Verlauf deren extremen Kräfte unter Billigung der Veranstalter vermehrt zu militanten Ausschreitungen tendierten - verbunden auch mit Plünderungen, Brandschatzungen, Körperverletzungen,... In so einem Umfeld kann nur weiterer Frust generiert werden, weil das Demonstrationsrecht effektiv mißbraucht wird.
Wenn nun parteienübergreifend etwa die Mißstände angeprangert werden würden - was in Österreich denkunmöglich ist: da würden sich die Demonstranten ja beim Demonstrieren schon gegenseitig die Schädeln einschlagen (man schaue bloß hier auf die Unkultur, Andersdenkenden zu begegngen) - würde dies vermutlich zu einer Art des Bürgerkriegs verkommen. Wie weiland in den 20er Jahren, als die sozialistisch-kommunistischen Kräfte gegen die Konservativen kämpften und schließlich - wenn sich zwei streiten... - die Nazis in Deutschland obsiegten.
Auch kommt hinzu, daß hierzulande derzeit der Frust stark unterschiedliche Ursachen hat:
* da ist zuerst einmal der Gesinnungsterror, der alle mundtot macht, die nicht die Meinung der herrschenden Kaste sind (ich würde jenen, die dies nicht glauben, ersuchen, einmal bewußt in einer Diskussionsrunde mit Andersdenkenden eine konträre Position einzunehmen und zu beobachten, was passiert! Also: mit FPÖlern eine Ausländerdiskussion führen, aber eine Gegeposition einzunehmen, mit einer Gruppe Grüner eine Ausländerdiskussion zu führen, aber auch hier eine Gegenposition einzunehmen. Die Krankenkasse kommt (noch) dafür auf...). Immerhin: Die Unterdrückung andersdenkender Meinungen schürt Hass und Frust und hat damit das Potential, sich gewalttätig zu entladen. Wenn die auf die Straße gingen, würde die Situation eskalieren, weil die gewohnt straff organisierte Orthodoxie dies im Keime zu ersticken versuchen würde.
* dann kommt - in meinem Falle - hinzu, daß die Gier nicht nur bei den "Banken" (als Synonym eines zeitgeistigen Feindbildes), sondern auch bei den unteren sozialen Schichten unermesslich ist! Niemand aber fragt sich, wie und von wem das alles bezahlt werden soll. Diese Umverteilung von oben nach unten hat letztendlich dazugeführt, daß es heute keinen Mittelstand mehr gibt: den hat man zugunsten der unteren Einkommensschichten geplündert (ich sehe dies immer wieder, wenn ich die Strukturen bei den Eigentumswohnungen beobachte: die Mehrheit der Besitzer sind heute Angestellte und Beamte, "kleine Selbständige", die selbst vielleicht Angestellte haben, sind kaum mehr in der Lage, die erforderliche Kaufkraft aufzubringen. Warum? Weil ein Angestellter 14x im Jahr nach Kollektivvertrag bezahlt werden muß, der für Österreich noch typische, kleine Selbständige nur das bekommt, was unter dem Strich überbleibt. Und das ist in der Regel deutlich weniger als das, was seine Angestellten bekommen. Die Ausgepreßten haben die größte Leidensfähigkeit: sie haben keine Lobby, werden tagtäglich vom Staat (das sind wir alle) und der Politik (das sind die Parteien) verraten, alle mißtrauen ihnen und unterstellen ihnen Reichtümer (auch nahch politisch orthodoxer Denkweise). Und sie haben in der Regel andere Sorgen: die des Überlebenskampfes. Und hängen an der Kümmerlichkeit ihrer vermeintlichen Unabhängigkeit.
* die Unersättlichen, die alle Rechte (das sind auch Sozialleistungen) in Anspruch nehmen und jede Pflicht verweigern (z.B. Studiengebühren als Minibeitrag - jeder Schei...kurs kostet ein Vielfaches als der diskutierte Beitrag). Ich habe aber noch nie gelesen oder gehört, daß sich Leute gegen die Einkünfte der Akademiker mit ähnlicher Vehemenz wehren! Dabei wäre das viel sinnvoller: die Akademiker haben ja auf Kosten aller studiert und nehmen später allen wieder entsprechend das Geld aus dem Sack! Oder kennt einer einen Arzt, der auf einen Teil seines Geldes verzichtet und an die Staatskasse bezahlt - als Refundierung seiner Ausbildung? Die, die das Studium also bezahlen müssen und nicht in den Genuß eines sattsamen Einkommens kommen, könnten irgendwann auch einmal im Frust auf die Strasse gehen - gerecht wäre es allemal! Umsomehr, als man als Nichtakademiker sich in Österreich schon schämen muß. Skurrilerweise vermitteln die Grünen und Roten den Eindruck, daß Bildung über alles geht, für die Arbeit holt man sich halt "die Ausländer". Irgendwann werden dann gefrustete Akademiker an der Kassa im Supermarkt sitzen oder als Taxilenker umherfahren (merke: wer braucht tausende Philosophen, Politologen, Publizisten - selbst bei Juristen ist's fragwürdig). Wer würde sich in Österreich gegen einen ausufernden Studiumswahn und für ein Handwerk demonstrieren trauen?
* die EU-Gefrusteten, die - wie ich - überhaupt nicht nachvollziehen können, welche Verträge wir als Österreicher denn da abgeschlossen haben und abschließen, wenn ich lesen muß, daß wir durch Milchüberproduktion Strafe(!) bezahlen müssen. Statt daß man Überproduktion dorthin umleitet, wo sie bitter nötig gebraucht wird! Oder wenn EU-Bauten errichtet werden, die nicht einem eigentlich Zweck, sondern einer architektonischen Blähung entsprechen. Wo dem EU-Bürger, der das alles zu bezahlen hat, überhaupt nicht transparent ist, was mit all dem Geld passiert, das an die EU fließt und mit welcher Selbstherrlichkeit irgendwer irgendwas finanziert. Und der feststellen muß, daß in Österreich gespart werden muß, daß aber durch Umverteilung gutes Geld schechtem hintenach geworfen wird. Wenn nun die EU-Gerusteten auf die Straße gingen?! Aber nein! Das tun die, die unser gutes Geld kriegen, die gepraßt haben, daß die Tür nicht zugeht! Die gehen auf die Strasse, während wir mit der Faust und der Wut uns das Geld abpressen lassen. Wo Ländern, die in Nöten sind, Strafen aufgebrummt werden, wo man sich fragt, wie die das zahlen sollen, wenn sie eh schon zahlungsunfähig sind?! Und wer traut sich gegen die EU zu demonstrieren? Da bleibt lieber jeder mit seinem Hass auf dieses System und dem Zorn "auf die Mächtigen" in seinen eigenen vier Wänden um sich ja nicht dem allseits beliebten Verdacht, ein "Ewiggestriger" (sind das nun die Alt68er nicht eigentlich auch schon, nach dem Fall des COMECON?) zu sein, auszusetzen?
* oder die Autofahrer, die immer wieder durch die Politik gedemütigt und ausgepresst werden, aber sich ihre kümmerliche Freiheit immer teuerer erkaufen, weil das politische Kalkül "Schaffe ein schelchtes Gewissen, dann kannst Du zulangen und niemand traut sich was sagen" immer noch gilt. Würden sich die organisieren und auf die Straße gehen: auch hier wäre mit bürgerkriegsähnlichen Situationen zu rechnen: der Autofahrer als Kapitalist und Demonstrant zwänge ja nachgeradezu die antikapitalistsischen Kräfte auf die Straße.
Somit bleibt die Wut eine facettenreiche, aber dadurch, dass die Themen alle politisch-ideologisch verhaftet sind, kann ich zumindest nicht dafür auf die Strasse gehen: weder will ich von den einen, noch von den anderen vereinnahmt werden. Und weil vielleicht viele so denken, ist's in Österreich (noch) ruhig.