... Die EU ist kein Empire, und das ist gut so. Es ist ein Zusammenschluss noch immer weitgehend souveräner Staaten, die gewisse Kompetenzen an eine neue Entscheidungsebene abgegeben haben. Wenn man schon möchte, dass mehrere Völker in einer Entität zusammenleben, dann nur so und in dieser Form. In einem Empire gibt es immer nur einen Sieger und viele Verlierer.
Was die EU ist oder was sie sein möchte, das wurde einfach noch nicht ENTSCHIEDEN. Weder von den Einzelstaaten untereinander, noch von den Einwohnern Europas. Tatsache ist: die EU benimmt sich manchmal wie ein Empire, will aber dann die Konsequenzen dieser Verantwortung nicht auf sich nehmen. Wäre die EU ein reiner Staatenbund von selbstbestimmten Staaten, dann gäbe es weniger Versuche einzelner Staaten, über EU-Hebeln in die Angelegenheiten anderer Staaten einzugreifen.
Die EU-Sanktionen zum Beispiel (nach 2000 gegen Österreich): wie sehr ich auch Haider, seine Nachfolger, seine div. Parteien ablehne (das kannst du hier im Forum nachlesen) - es war eine zutiefst Imperalistische Denkweise, ein einzelnes Mitgliedsland (egal welches) herauszupicken, zu züchtigen und zu demütigen. In einem Staatenbund wäre das nicht möglich. Der Widerspruch war, dass man die gleiche Behandlung wenige Monate danach bei einem viel schlimmeren Vergehen (nämlich Italiens Neofaschisten in der Regierung) unterlassen hat.
Ein Imperium wie England war immer ein Imperium, und hat nie ein Staatenbund sein wollen. Es hat immer alle Abweichler gestraft, darauf hat man sich verlassen können. Und darum hat es über Jahrhunderte hinweg funktioniert, so zynisch das jetzt klingt.
Die EU hat immer dann, wenn sie sich Imperium gebärdet hat, auf grausame Weise seine Schwäche bloßgelegt. Die EU hat vor den Völkern blosgelegt, dass sie gerne über die Gesinnung der Einzelstaaten bestimmen würde (was bei Österreich gelungen ist), dass sie dafür bei größeren Staaten (Italien z.B.) zu schwach ist.
Du greifst meinen Zynismus an, das sehe ich, persönlich macht dich das sympathisch, und jeder wird mit dir auf ein Bier gehen wollen. In den internationalen Zusammenhängen wirst du aber mehr verstehen, wenn du auch lernst, zynisch zu denken
Gedanken an ein Empire sind daher bestenfalls als Anachronismus zu werten.
Ich denke an Imperien, weil du dadurch die Gesetzmäßigkeiten besser verstehst, wie sie funktinieren - und nicht weil ich mir irgendwo welche wünsche. Das Schrumpfen Österreichs zu einem Kleinstaat hat die Lebensqualität seiner Bewohner entscheidend verbessert...
Diese Einschätzung halte ich für grundfalsch. Der Sonderweg der Briten ist aus meiner Sicht v.a. dadurch motiviert, dass sie kaum mehr Industrie haben, aber dafür einen starken Finanzsektor. Und sie wollen eben nicht zu viel Integration. Vielleicht haben sie in manchen Dingen auch um ein Eck weiter gedacht, schließlich haben sie nicht umsonst ihre renommierten Unis.
Damit hast du vermutlich auch recht
Aber: das widerspricht dem nicht, was ich vorher gesagt habe...
Vielleicht haben sie richtigerweise gefolgert, dass eine Währungsunion über kurz oder lang zu einer Art Haftungsgemeinschaft führt und zu einem Finanzausgleich zwischen den Staaten. Und soviel Integration wollten sie halt nicht.
Die Briten haben als erste (lange vor der Eurokrise) kapiert, wie wackelig der Euro ist. Die Briten haben schon über das 19.Jhdt. hinweg die damalige Leitwährung (das Pfund Sterling) der Welt gestellt (mit all den Erfahrungen dabei)...
... kein Zufall, denk ich
Geh bitte, Du willst doch hoffentlich die Donaumonarchie nicht als Erfolgsmodell verkaufen. Wenn Du schon historische Bezüge herstellen willst, dann kann man die Ablehnung der Österreicher bzgl. einter weiter- und tiefergehenden europäischen Integration höchstens damit erklären, dass sie aus ihrer eigenen Geschichte gelernt haben.
Ich will die Donaumonarchie hiermit GAR NICHT BEWERTEN. Wenn man aber die Dauer ihres Bestandes hernimmt, ist die EU ein Säugling im Vergleich dazu
Vergleichen sollte man die Situationen aber sehr wohl. Wenn du jetzt um etwa hundert Jahre zurück gehst, kommst du in ein Land, in dem alle das existierende Supernationale Gebilde (die Monarchie) bekämpft haben. Jeder Trottel hat einen Grund gehabt, etwas zu kritisieren, manche sogar zu recht
Der Nationalismus ist überall hervorgebrochen, und keiner hat darüber nachgedacht, was einmal sein wird, wenn dieses übernationale Gebilde einmal weg ist...
Und das ist dann auch genau passiert - und alle waren überrascht auf einmal
Nichts für ungut, das war jetzt eine Entgegnung meinerseits, aber es waren keine bösen Gedanken von mir dabei
Übrigens, ich empfehle dir ein sehr gutes Buch, und zwar:
http://www.rowohlt.de/buch/Herfried_Muenkler_Imperien.336577.html