Heiko Böhmer auf be34.at
Die Abschusslisten der stattlichen Pleitekandidaten
16. April 2009 17:15
So weit ist es in der aktuellen Krise schon gekommen, dass eine angesehene Schweizer Bank wie Credit Suisse eine Länderliste der größten Pleitekandidaten veröffentlicht. Was glauben Sie wohl, wo auf dieser Liste die Vereinigten Staaten stehen? Die
USA sind auf dem 10. Platz von insgesamt 37 Ländern. Auf allen neun Plätzen davor finden sich europäische Staaten. Mit
Griechenland und
Spanien sind sogar zwei Länder aus der Eurozone mit dabei.
Als
Basis für die Pleitegefahr hat Credit Suisse zahlreiche Faktoren wie beispielsweise Staatsverschuldung, Kreditrating oder das Verhältnis von Bankeinlagen zu Verbindlichkeiten betrachtet. And the winner is: Island. Das nordeuropäische Land stand ja im vergangenen Herbst schon kurz vor der Pleite und laut der aktuellen Zahlen hat sich an dem angespannten Zustand auch nichts geändert. Ebenfalls noch einen Platz auf dem Siegertreppchen nehmen
Bulgarien und
Litauen ein. So liegen die viel beachteten CDS-Spreads in Island bei 1.000 Basispunkten, während der Durchschnitt aller 37 Staaten nur 360 Basispunkte beträgt.
Die gute Nachricht für uns:
Deutschland steht nur auf Platz 29 der Liste und schneidet bei fast allen Kriterien überdurchschnittlich ab. Insgesamt erzielt Deutschland laut dem Credit Suisse
Rating nur 14 Punkte. Damit stehen wir auf einer Stufe mit Ländern wie Japan, Mexiko und Thailand, aber deutlich besser als
Frankreich oder auch
Dänemark. Wie schon erwähnt steht Großbritannien viel weiter vorne auf der Liste mit 24 Punkten. Besonders heftig fällt dort zum Beispiel die private Verschuldung im Verhältnis zum
Bruttoinlandsprodukt aus. Alle privaten Schulden des Vereinigten Königsreichs entsprechen aktuell 187% des BIPs. Nur zum Vergleich: In Deutschland liegt dieser Wert nur bei 95%. Im Durchschnitt aller Länder macht die private Verschuldung auch nur 99% des BIPs aus. Den absoluten Topwert in dieser Kategorie weist wie könnte es anders sein Island auf: Hier liegt die private Verschuldung bei 435% des BIPs.
Aber zurück zu Großbritannien. Erst kürzlich ist durchgesickert, dass das dortige Bankensystem im vergangenen Oktober tatsächlich ganz kurz vor den Kollaps stand. Lesen Sie heute, was mein Kollege Radovan Milanovic zu diesem Thema herausgefunden hat.
Großbritannien stand kurz vor dem Bankenkollaps, Von Radovan Milanovic, Chefredakteur Kapitalschutz-Investor
Am 24. Januar 2009 verplapperte sich einer der englischen Minister - Lord Myners. Und zwar dahingehend, dass England am 10. Oktober 2008 ganz knapp vor einem totalen Bankenkollaps gestanden hat. Große
Anleger hatten angefangen, massiv Geld aus den Großbanken abzuziehen und waren zudem bereit, hohe Strafzahlungen zu leisten, nur um Ihr Geld zu bekommen. Natürlich wurde Lord Myners scharf dafür kritisiert, diese Informationen an die Öffentlichkeit gebracht zu haben.
Der Mail on Sunday berichtete, dass das englische Finanzministerium schon Vorbereitungen traf, um alle
Banken im Land zu schließen, alle elektronischen Überweisungen zu sperren und sogar Geldautomaten abzuschalten, bis die Lage sich beruhigen würde. Scheinbar stand das englische Bankensystem 3 Stunden vor einem Kollaps.
Der Royal Bank of Scotland und HBOS werden daraufhin 20 Milliarden Pfund und 11,5 Milliarden Pfund (HBOS) an
Hilfe gegeben. Geld von Steuerzahlern
Und so sagen die 2 Banken Dankeschön:
Einen Monat später am 10. November 2008: Eine Feier der Royal Bank of Scotland fliegt auf. Nachdem das 20 Milliarden Pfund-Hilfspaket in Anspruch genommen wurde, organisiert die Bank eine ausgiebige Party. Die Kosten liegen bei 300.000 Pfund (ca. 370.000
Euro). Die Feier wird geheim gehalten und 350 Meilen weiter weg nach Edinburgh verlegt. Es hätte auch geklappt, wenn nicht spät in der Nacht scharenweise Banker feiernd durch die Straßen gelaufen wären und laut im 5-Sterne Hotel weitergemacht hätten.
Vergleichen Sie dies mal mit den Kosten einer normalen Hochzeitsfeier, wo am Ende auch alle satt nach Hause gehen.
So sagen 302 Angestellte der HBOS Danke für das 11,5 Milliarden Pfund-Hilfspaket: eine Party über 330.000 Pfund (ca. 405.000 Euro) im 5-Sterne-Hotel mit einem 4-Gänge-Menü und einem 20.000-Pfund-Komiker zur Unterhaltung. Die Banker mussten nicht einmal Urlaub nehmen.
Kurze Zeit später, im Februar 2009, bietet die Royal Bank of Scotland Festgeldzinsen in der Höhe von 4,5% für deutsche Kunden an!
Wie bitte soll das mit rechten Dingen zugehen, wenn viele der besten Fondsmanager weltweit derzeit mit ihrem
Depot im zweistelligen Prozentbereich im Minus liegen??? Wie sollen die hohen
Zinsen für Kunden erwirtschaftet werden, wenn die Banken sich weigern, Kredite herauszugeben? Denn das Geld muss ja auch arbeiten, um diese Zinsen zu erwirtschaften. Würden Sie das als Sicherheit für Ihre Lebensersparnisse bezeichnen? Ihre Entscheidung
Die Gefahr einer Finanzschmelze ist real und nicht nur ein böser Traum.
Tipp: Es ist sinnvoll, Geld für 23 Monate Lebensunterhalt an Bargeld zuhause zu haben, um nicht ganz mittellos dazustehen, wenn es mal hart auf hart kommt. (Natürlich nicht unter der Matratze, wo jeder Dieb zuerst schaut.) Alles, was es braucht, ist ein fallender Dominostein wie Lehman Brothers, um eine weitere Welle an Bankenpleiten auszulösen.
Übertrieben?
Entscheiden Sie selber nachdem Sie das gelesen haben:
- Sind europäische Banken rund 7-mal so gefährdet wie amerikanische Banken?
- Todesurteil für Renten bei deutschen Lebensversicherern? Sind die Lebensversicherer in Wirklichkeit noch schlimmer dran als die Banken?
- Sind Ihre Rentenanlagen mit faulen Investments verseucht ohne dass Sie es wissen?
- Was spricht dafür, dass 2009 das Jahr der Staatsbankrotte wird und was haben die Chinesen damit zu tun? Und wie betrifft es das Dollar-Euro-Verhältnis?
Kritische Fragen.