Und wo liegt jetzt das Problem?
Man kann doch ruhig davon ausgehen, dass alle Parteien, welche zu österreichischen Nationalratswahlen zugelassen werden, sowohl den Bestimmungen der Verfassung als auch den Gesetzen der Republik entsprechen.
Zumindest eine der ins Parlament gewählten Parteien wird von einem Parteichef vertreten, der den VfGH als Wahrer der Verfassung wiederholt nicht nur ignoriert sondern infam diffamiert hat. Dass er sich über VfGH-Erkenntnisse regelmäßig hinwegsetzen kann ist auf den Mangel der Durchsetzungsmöglichkeiten des VfGH zurückzuführen. Obiger Satz ist also hier zu relativieren. Dass auch in einer weiteren Partei verurteilte Wiederbetätiger immer wieder ein Podest finden ist auch kein Geheimnis.
Hör mir also bitte mit dem "Parteien entsprechen den Bestimmungen der Verfassung" auf, die Verfassung inklusiver der Bundesgesetze im Verfassungsrang ist ein übergeordnetes Rechtskonstrukt, das von rot-schwarz bereits sehr malträtiert wurde, aber keinesfalls eine moralische Oberinstanz. Ihre Gültigkeit wird von mehreren politischen Proponenten nicht überzeugend anerkannt.
Ich sehe keinen Grund, mich an der allgemeinen Hysterie zu beteiligen. Wenn es den anderen Parteien nicht und nicht gelingt, ihre politische Überzeugung glaubwürdig zu argumentieren, dann ist es in meinen Augen jämmerlich, schlussendlich den Wähler zum Deppen zu machen.
Die Parteien bestehen aus Wählern und die Wähler bestimmen letztendlich durch ihre Präferenzen die Themen und die Richtungen. Die Parteien sind keine unabhängigen Konstrukte sondern Bewegungen, die sich aus Interessensvertretungen des Volkes entwickelt haben und zusammensetzen.
Man ergeht sich gerade nach Wahlen immer in großartigen "Analysen" des Wählerwillens, aber auf die naheliegendste Analyse ist man auch diesmal nicht gekommen. Dass nämlich "der Wähler" nichts anderes will, als dass sich die Parlamentsparteien mit den anstehenden Problemen realistisch und ohne Schönfärberei auseinandersetzesich die Parlamentsparteien mit den anstehenden Problemen realistisch und ohne Schönfärberei auseinandersetzen.
Dafür wären gerade nach diesem Wahlergebnis gute Voraussetzungen geschaffen. Aber nachdem unser Parlament ja schon geraume Zeit zu einem Spielplatz der Parteien geworden ist und seiner eigentlichen Aufgabe in immer weniger genügendem Umfang nachkommt, wird man auch dieses Wahlergebnis wieder schönreden, auf die Dummheit der Bevölkerung zurückführen, und zur Tagesordnung übergehen.
Ich behaupte hier, dass der Wähler nicht gesagt hat, dass sich die Parteien mit anstehenden Problemen beschäftigen sollten, sondern lediglich, dass er verärgert ist und etwas anderes will. Deshalb wurden Parteien gewählt, die stark Emotionen ansprechen, nicht jene, die Zukunftskonzepte anbieten. Daher sehe ich auch diese "guten Voraussetzungen" nicht.
Wozu sich mit anders orientiertem politischem Gedankengut auseinandersetzen, wo man es doch so bequem "ausgrenzen" kann. Es wird hoffentlich nicht daran liegen, dass die Argumente fehlen ...
Die Argumente wurden schon sehr oft vorgebracht und immer wieder diskutiert. Dass es nicht an Argumenten liegt zeigt die Geschichte auch immer wieder. Sie fallen aber bei politischen Gegnern nicht auf konstruktiv fruchtbaren Boden, wenn populistische Parolen viel besser ankommen. Weisst du nicht, wie Manipulation funktioniert? Wie sollen Argumente helfen, wenn simple Rechnungen oder Zusammenhänge negiert werden, wenn es der kurzfristigen Effekthascherei unzuträglich ist?
Ich hatte Recht, ich habe dich überschätzt.