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im übrigen würde ich mal wissen, welche artikel der menschenrechte eine strafverfolgung bedingen.
Da dies auch gut zum Thema Vergewaltigung passt, möchte ich an die umfangreiche Rsp des EGMR zu den Schutzpflichten der Staaten hinweisen ("positive obligations"). Klassisch war der Fall X und Y gg Niederlande vom 26.03.1985:
Die 16 jährige Y lebte wegen geister Behinderung im Heim, wo sie (mit Gewalt vergewaltigt wurde. Ihr Vater X beantragte erfolglos die strafrechtliche Verfolgung der Täter: Nur Y selbst hätte nach damaligem Recht die Strafverfolgung beantragen können, wozu sie aber nicht in der Lage war. Der Gerichtshof stellte fest, dass dem Staat die Schutzpflicht obliege, durch die Schaffung strafrechtlicher Vorschriften einen effektiven Schutz der Privatsphäre nach Art. 8 EMRK sicherzustellen.
Mittlerweile fällt die Strafbarkeit der Vergewaltigung unter die Schutzpflicht gem Art 3 EMRK (Folterverbot) ... und aus dieser Rsp heraus hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass es im Kern um die Ausschaltung des freien Willen geht, wozu es ganz unterschiedliche "gewaltfreie" Methoden gibt, wie etwa heimliche Verabreichung von Drogen. Meine Kritik an der Rechtslage in Österreich ist, dass die Gesetze und Rsp noch viel zu sehr auf den Gewaltaspekt fokussiert sind und Änderungen notwendig sind, damit Täter nicht systematisch straffrei bleiben. (Beim Menschenhandelsthema hat man in Österreich diese moderneren Gesichtspunkte übernommen und bestraft Täter auch dann, wenn die Opfer freiwillig zwecks Ausübung von Sexarbeit ins Ausland gegangen sind.) Wie die in diesem Thread zitierte Rechslage in Israel, Italien und den USA zeigt, wären solche rechtlichen Änderungen durchaus praktikabel - und in den genannten Ländern werden sie auch in der Praxis angewandt.