Nochmals kurz zurück zum Grazer Urteil:
eigentlich unglaublich, welche Reaktionen dieses bis in höchste Kreise der Politik ausgelöst hat, bzw. wer aller sich da plötzlich als unzufrieden mit dem Urteil präsentiert: heute in den Abendnachrichten der Justizminister höchstpersönlich, der meint, die ganze Laiengerichtsbarkeit gehört grundlegend geändert. Nennt man sowas nicht Anlaßgesetzgebung?
Nomen est omen - Brandstetter ist brandgefährlich. Schritt für Schritt, und dabei fast schon geräuschlos, baut er den Rechtsstaat noch mehr in Richtung Täterfreundlichkeit um. Die Aufweichung des Korruptionsstrafrechts, auch zu Gunsten seiner ehemaligen prominenten Mandanten, war der erste Schritt, jener der höheren Hürde zur Gewerbsmäßigkeit (mit fatalen Folgen bspw. für die Wiener Suchtgiftkriminalität) die nächste. Jetzt fährt er einen Angriff auf die Laiengerichtsbarkeit.
Ich finde durchaus, dass man über die Form derselben diskutieren kann, wie man in einer Demokratie bei fast allem Reformen andenken kann. Aber warum aus Anlass eines Urteils, bei dem sich das Geschworenensystem bewährt hat? Warum nimmt man Fälle, wo Geschworene einem gut schauspielenden Verbrecher und/oder einem gewieften Anwalt auf den Leim gehen, hingegen achselzuckend zur Kenntnis?
Ich finde, die Laiengerichtsbarkeit muss nicht revolutioniert werden. Wenn die Geschworenen ganz daneben urteilen, kann der Richter das Urteil eh aussetzen, es kommt zur Wiederholung mit neuen Laienrichtern. Damit ist ausreichend Rechtsschutz gewahrt, finde ich.
Ich hoffe, dass Branstetter nach den nächsten Wahlen Geschichte ist, und das alles bevor er noch größeren Schaden anrichten kann.
Gute Idee...und natürlich auch gleich das Gedankenkonstrukt Strafunmündigkeit," ausreichend jung =nicht schuldig" gleich dazu streichen.
Das habe ich nirgends geschrieben. Wir beide wissen aber, dass die Strafmündigkeitsgrenze von 14 Jahren willkürlich gewählt ist. Wie die Beispiele auf den letzte Seiten zeigen, können auch einzelne 12- und 13jährige ordentlich kriminelle Energie entwickeln; zudem werden knapp U14jährige von Diebsbanden aus dem Osten gerne als Taschendiebe eingesetzt, und die Polizei muss zuschauen.
Das ist aber eine andere Baustelle. Mir geht's um das unselige Schuldfähigkeitskonstrukt des § 11 StGB. Je mehr ich darüber nachdenke, desto absurder kommt er mir vor. Wenn man etwas im Strafrecht in Frage stellen sollte, dann das. Und dafür bietet der Grazer Amokfahrerprozess tatsächlich einen anschaulichen Anlass.