Da hast du teils sicher Recht
In Österreich gab es sicher kaum Menschen, die über die Situation im "Reich" objektiv informiert waren. Von Massendeportation ins KZ und Holocaust war damals (noch) nicht offen die Rede. Obendrein hatte unser Land einen Bürgerkrieg hinter sich und als Folge eines Staatsbankrotts (und sonstiger Ereignisse,
auch Hitler - Deutschland spielt da eine Rolle) herrschte eine Massenarbeitslosigkeit, die den Verhältnissen in Griechenland um nichts nachsteht. Mein Stiefvater, der diese Zeit erlebt hat, hat mir erzählt, dass
Tag für Tag die Menschen auf der Straße gestanden sind und Arbeit gesucht haben. Ausgesteuert, das war das Schreckenswort. Wer "ausgesteuert" war, der erhielt keinerlei Unterstützung mehr.
Mit Unterstützung aus dem Reich agierten die "Illegalen" im Untergrund gegen eine österreichische Regierung, die nicht auf die Unterstützung der gesamten Bevölkerung (Bürgerkrieg) zählen konnte. Im
Juli 1934 versuchten sie einen Putsch, der zwar misslang. Aber der Bundeskanzler Dollfuß, ein erklärter Gegner Hitlers, wurde von den Nazis dabei getötet. Sein Nachfolger ließ sich von den Drohungen Hitlers beeindrucken. Das einzige Land, das zunächst als Schutzmacht Österreichs auf den Plan getreten war, Italien, verbündete sich mit Hitler - Deutschland.
Und dann kam es eben zum sogenannten Anschluss. Natürlich gab es auch Nazis in Österreich, die das mit ehrlicher Begeisterung begrüßt haben. Und dann gab es Leute, die in dieser Veränderung zumindest die Chance gesehen haben, dass es endlich wieder bergauf geht. Weil Hitler "eine ordentliche Beschäftigungspolitik" gemacht hat, wie Jörg Haider es genannt hat. Dass er auf Pump seine Kriegsvorbereitungen getroffen hat, das konnte oder wollte der "Kleine Mann" nicht ahnen.
Wie sind denn die Wahlen in Griechenland ausgegangen? In Wahrheit haben auch diesmal alles in allem die radikalen Parteien einen beträchtlichen Stimmenanteil (mehr hat Hitler bei
freien Wahlen auch nie erreicht). Und wenn die jetzt den griechischen Massen noch den richtigen Sündenbock liefern würden ......
Heute ist das gesamteuropäische Umfeld halt anders. Aber im Grunde ist es die gleiche Hetze wie damals. Und wenn wir in Europa überall solche "griechischen" Verhältnisse haben, ich möchte nicht wissen, was dann läuft.
Ich habe diesen Thread auch als eine breiter gefasste "was wäre, wenn" - Debatte genommen. Daher noch einmal die Frage: Was wäre, wenn Dollfuß am 25. Juli 1934 nicht im Kanzleramt gewesen wäre, nicht ermordet worden wäre? Historiker gehen davon aus, er hätte Hitler nicht so leicht nachgegeben und es wäre zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen. Und für diesen Fall wäre die Geschichte des 2. Weltkrieges ganz anders verlaufen.