Erlebnisse bei Fotoshootings

Mitglied #373189

Aktives Mitglied
Registriert
2.3.2015
Beiträge
571
Reaktionen
6.322
Punkte
406
Checks
19
Gerade ging es in einem Thread nebenbei wieder einmal darum, dass die Vorstellungen, Bedürfnisse oder vielleicht gar Hintergedanken und dann eben das Verhalten sehr vielseitig sein können, wenn es um ein Fotoshooting geht. Und damit sei nicht nur die Person hinter der Kamera gemeint!

Dabei kam mir folgende Idee:
Hier soll eine kleine Sammlung von Erzählungen entstehen, welche Erlebnisse es schon bei solchen Shootings gegeben hat.
(Ich fürchte, es könnte eine Sammlung von Gründen werden, warum es für einen Fotografen schwierig ist ein Model zu finden.)
Es darf gerne alles dabei sein natürlich auch Lustiges oder Beiträge wie es sich jemand idealerweise vorstellt und wünscht.
Wer weiß, vielleicht entsteht aus dem Thread so etwas wie eine "Shootiquette".

Ich fange mit einem Beispiel an, das mit ein Hobbymodel im Rahmen eines gemeinsamen Termins erzählt hat. Ich nehme manchmal, wenn es um bestimmte Themen geht, die eine oder andere Requisite mit. Das kann auch ein Kleidungsstück sein, beispielsweise für ein Retro / 50er, 60er Jahre Shooting. Einmal hab ich in so einer Situation der Dame einen Hut angeboten und als kleinen Scherz zur Auflockerung gemeint, er sei leider nicht frisch gewaschen sonst wäre er nicht mehr fototauglich. Ich habe sie dann aber schon gefragt ob es für sie passt, dass ihn bereits zwei andere Models aufgesetzt hatten.
Darauf meinte sie, es sei bei Fashionshootings ja nicht unüblich, dass der Fotograf Outfits mitbringt. Aber sie findet es geradezu auf traurige Weise amüsant, dass ich bei einem Hut frage ob es sie stört, wenn ihn schon wer auf hatte und ein anderer "Fotograf" wollte einmal von ihr verlangen einen sichtlich getragenen String mit Spuren anzuziehen.

Nach so einem Erlebnis wäre es für mich nicht verwunderlich, wenn sie keine Lust mehr hätte, jemals noch mit einem fremden Fotografen einen Termin zu machen.
 
Ich habe mich nur sehr kurz mit der Menschenfotografie beschäftigt - ist einfach nicht mein Ding.

In den paar Shootings die ich gemacht habe, hab ich allerdings recht viele Facetten dieser Arbeit kennengelernt und die Erwartungshaltung ist von Fotograf zu Fotograf und von Model zu Model sehr unterschiedlich bzw. deckt das komplette Spektrum von einem Extrem zum anderen ab.

Ich habe Models erlebt die für diese Arbeit völlig ungeeignet waren und offensichtlich erwartet haben das ich als Fotograf von ihnen zauberhafte Bilder produziere, auch wenn sie nicht einmal grundlegende Ahnung vom Posen haben, völlig ungestylt sind und im Prinzip daherkommen wie nach einer durchzechten Nacht. Diese Punkte fallen meiner Meinung nach in den Verantwortungsbereich des Models, so nicht anders abgesprochen (bei T4P Shootings).

Im anderen Extrem hatte ich das Vergnügen mit einer ausgebildeten Schauspielerin arbeiten zu dürfen, die Outfit- und Posing-Wünsche meinerseits erfüllen konnte, auch selbst Inspirationen lieferte und auch wusste wie 'Frau' sich 'kamerafreundlich' stylt (Makeup, abpudern, etc.).

Im Endeffekt glaube ich ist es wichtig das man sich sowohl menschlich als auch fachlich auf Augenhöhe befindet und trifft und genausowenig wie ich möchte das ein Model sich bemüßigt fühlt mir zu sagen wie ich jetzt zu fotografieren habe, so wenig möchte ich auch einem Model erklären müssen wie es sich das Gesicht abzupudern hat oder wie man nett in die Kamera schaut (ich glaube ich könnte es auch nicht wirklich).

Ich bewundere Fotografen die diesen Aufwand betreiben und spektakuläre Werke produzieren - mir ist es zu aufwändig.
 
Ah ja, an dieser Stelle möchte ich auch von wahrhafter Professionalität berichten, als ich einmal bei einem Fashionshooting dabei sein durfte, das ein befreundeter Fotograf mit einem proefssionellen Model als Auftragsarbeit gemacht hat.
Er forderte das Model zu 10 unterschiedlichen Posings auf wobei er jede Pose jeweils für 3 Sekunden mit den drei Ausdrucksformen freundlich/lustig, ernst und verführerisch/sexy dargestellt haben möchte.
Diese Anweisung fand ich mehr als interessant und war gespannt... und dann war ich echt von den Socken.
Die Dame hat tatsächlich 10 Mal eine andere Pose gefunden und nicht nach dem dritten, vierten Durchgang zu wiederholen begonnen. Jedes Mal hat sie die drei geforderten Stimmungen echt rüber gebracht und sie hat offenbar auch das mit den 3 Sekunden die der Fotograf für je ein, zwei Shots gebraucht hat, ganz gut eingehalten. Ich hab auf die Uhr gesehen und das ganze hat tatsächlich ziemlich genau eineinhalb Minuten gedauert.

Diese Erlebnis habe ich einmal auf einer Modelplattform gepostet, auf der viele der Frauen meinen, allein wegen ihrer Schönheit seien sie nur für bezahlte Fotojobs zu haben und ich hab ergänzt, wirklich professionelles Modeln sei eben auch echte Arbeit die eine gewisse "Kompetenz" erfordert. Wer so etwas nicht drauf hat, kann diesen Job eben nicht für Geld ausüben. Oha, da hatten sich wohl einige ertappt gefühlt, denn ich wurde sowas von verbal geprügelt UND von vielen Fotografen sehr gelobt.
 
Es gibt ja durchaus sehr umfangreiche Posing-Bücher, auch für unterschiedlichste Anlässe, diese Posen allerdings einzustudieren, stelle ich mir ohne (professionelles) Feedback sehr schwierig vor.
Und manche haben Naturtalent. Ich kenne durchaus Personen, die sehen auf jedem Foto blendend aus - egal ob gestellt oder spontaner Schnapschuss. Andere wiederum (inklusive mir) sehen auf jedem Foto kacke aus.
 
Manchmal kontaktiere ich TFP-Models in einer Gegend, wenn ich weiß dass ich in einigen Wochen dort zu tun habe. So haben sich schon tolle Shootings ergeben. Einmal hat eine junge Dame sehr gekonnt vor der Kamera agiert. Ich war der Meinung, mich zu erinnern, dass sie sich in ihrem Profil als Anfängerin bezeichnet hatte. Als ich ihr ein Kompliment gemacht hab, wie selbständig und stimmig sie je nach Motiv und Umgebung posiert, hat sie gemeint, dass wir uns den Termin ja schon vor über einem Monat ausgemacht hatten und das war genug Zeit sich mit Tutorial Videos vorzubereiten. Ich war echt begeistert von so viel Eigeninitiative.
 
Zurück
Oben