Hallo Paragraphenkenner: Nachdem ich nun die zwei Märchenbücher (Bibel und Koran) lese, werde ich (höchstwahrscheinlich) am Ende etwas darüber schreiben.
Damit ich nicht (zu oft) geklagt werde, welche § sollte ich mir denn genauer anschauen, welche Wortwahl darf ich denn verwenden? Denn es juckt mich zB zu sagen, dass alle, die an Religion glauben, dumm sind usw.
Es ist nicht ganz einfach.
Wenn Du Religiöse als dumm bezeichnest, kannst Du einmal nicht wegen Herabwürdigung religiöser Lehren angeklagt werden, weil bei dieser Strafnorm müsste sich Deine Beleidigung oder Dein Zorn gegen die von den Gläubigen verehrten Personen oder Sachen richten.
Machst Du Letzteres, kommt es auf die Eignung an, berechtigtes Ärgernis hervorzurufen.
Dazu gibt es folgendes Beispiel: Ein Film, der im Aushang des Kinos bereits als Blasphemie gekennzeichnet ist, kann nicht den Tatbestand erfüllen, weil die Gläubigen ja nicht gezwungen sind, sich diesen anzuschauen. D.h. Dir könnte zu Gute kommen, dass wir in einem "Sex- und Erotikforum" sind. Da ein besonnener religiöser Mensch annehmen darf, dass hier auch über Religion gelästert wird (weil viele Religionen dem Sex und der Erotik gegenüber reserviert bis feindlich eingestellt sind), könntest Du allein schon deswegen straffrei sein. Außerdem muss Dein Vorsatz darauf lauten, dieses Ärgernis zu erregen, d.h. Du musst es mindestens für möglich halten und in Kauf nehmen.
Bzgl. des ersten Punktes, dass Du nicht die Religion und ihre verehrten Personen/Sachen, aber Religiöse beleidigst, könntest Du wegen Verhetzung angeklagt werden. Du musst dabei aber diese Gruppe in ihrer Menschenwürde beeinträchtigen, d.h. als "minderwertige Wesen" darstellen. Wenn Du Religiöse als "dumm" bezeichnest, ist das eher keine Verhetzung.
ot - Satire und Spott sind meines Erachtens auch zwei unterschiedliche Angelegenheiten.
Stimmt. Aber die Abgrenzung ist schwer mit Worten zu beschreiben, und wahrscheinlich auch sehr individuell.
Ja, dann könnten wir aus Rücksicht auf religiöse Gefühle den laizistischen Staat zusperren und danach einen Wettstreit beginnen, welche religiösen Gefühle am meisten verletzt und schärfsten gerächt gehörten...
Da ist mir ein System, das Satire - ob kunstvoll oder nicht ist egalment - im gesellschaftlichen Leben einbetten kann hundert Mal lieber...
Auch hier stimme ich Dir zu.
Genauso wie hier.
Aber wenn die Zeichner schon wissen, dass einige Moslems verwundbar sind - auch wenn das deren Problem ist und nicht das der Zeichner - brauchen die Zeichner nicht immer erneut Salz in deren Wunden streuen.
Noch einmal: Würde Charlie Hebdo immer nur den Islam aufs Korn nehmen, könnte man ihnen das tatsächlich vorwerfen, was Du schreibst. Tatsache ist aber, die machen sie über alles und jeden lustig. Und das ist gut so. Wäre es Dir wirklich lieber, sie würden Hinsichtl und Rücksichtl gelten lassen und nur Karikaturen über jene machen, die sich nicht aufregen bzw. nicht zur Waffe greifen? Dann hätten eine Art "Faustrecht" in der Satire. Und wenn man einmal so zu denken beginnt, breitet es sich rasch aus.
Ich sehe es ähnlich wie Saturn. Denn was erreicht Charlie Hebdo damit, dass es die Religion dieser Menschen ins Lächerliche zieht? Wird die Welt dadurch besser? Diese Frage hätt ich gerne beantwortet.
Und noch einmal: Ich sehe den Islam insgesamt sehr kritisch. Aber ich muss auch akzeptieren, dass Menschen daran glauben. Und indem Charlie die verspottet, werden sie kaum zu kritischen Gedanken über ihre Religion angeregt. Sind Spott und Häme ein geeignetes Mittel, um die Welt zu verbessern? Also wozu?
Doch, ich glaube schon. Haderers Cartoons haben sicher den einen oder anderen Christen zum Nachdenken gebracht. Es soll ja nicht so sein, dass sich gleich jeder von Religion abwendet, aber zumindest gewisse Dogmen hinterfragt. Und das reicht eigentlich meist schon, um sich entspannt auch mit anderen Religionen und deren Angehörigen auseinandersetzen zu können.
die satire ist ein tropfen von vielen.
Richtig.
immerhin gibts anscheinend in Frankreich eine etwas bessere Pressefreiheit als in Österreich, bei uns darfst du solche Karikaturen wie in Charlie nicht drucken.
Natürlich darfst Du!
Charlie Hebdo durch unfreiwillige (schmerzhafte) Prominenz.
Genau: 7 Millionen Exemplare - ohne die Anschläge hätten sie über 1.000 Ausgaben drucken müssen, um auf diese Anzahl zu kommen. Die Islamisten haben daher für relativen Reichtum der Überlebenden Karikaturisten und der Angehörigen der Toten gesorgt. Wenngleich man sich damit nichts kaufen kann, wenn die Liebsten tot sind.
Satire hat daneben auch psychohygienische Funktion. Wenn man an den Umständen nichts ändern kann, dann kann man sie wenigstens satirisch in das Lächerliche ihrer Realität zerren.... und genau das ertragen viele der Mächtigen auf dieser Erde nicht....
Genauso ist es.