In Anbetracht der Tatsache, dass wieder eine Frau von ihrem Ex-Partner getötet wurde, ist die Frage, was ein Mann männlich macht, nicht unerheblich. Wir haben ein Problem mit Männergewalt und es sind keine Einzelfälle mehr, wenn im Jahr durchschnittlich 20 Frauen getötet werden. Es sind keine Beziehungs-, Liebes- oder Ehedramen – nein, es ist schlichtweg Mord. Sie werden von gewalttätigen Männern ausgeübt. Sie zerstören Familien, machen Kinder zu Waisen und ruinieren im Endeffekt viele Leben.
Was macht einen Mann männlich, diese Frage stell ich mir schon lange.
Ist es männlich zu weinen, Gefühle, Ängste oder Selbstzweifel zu zeigen, mal nicht smart zu sein?
Ist es männlich, sich nicht über den Penis und eigenen Sexualität zu definieren?
Ist es männlich sich in Konfliktsituationen rechtzeitig Hilfe zu suchen, bevor es eskaliert?
Ist es männlich, Frauen nicht zu belästigen oder Macht auszuüben?
Ist es männlich, aufgrund physischer Überlegenheit Frauen nicht zu bedrohen oder zu erpressen?
Ist es männlich, wenn sie hier ihre Partnerinnen nicht als Ehefotzen, Fickstuten etc. zu bezeichnen und die Geschlechtsteile ihrer Partnerinnen als Schlitz, Fotze, Fut etc. titulieren?
Ist es männlich, wenn sie nicht die Intimität und Integrität ihrer Partnerinnen bewusst missbrauchen um sich dann in der Anonymität unter Gleichgesinnten bedeutend zu fühlen?
Ist es männlich, wenn sie ihre Verantwortung als Väter ernst nehmen und sich aktiv an der Erziehung ihrer Kinder beteiligen?
Ist es männlich, wenn Männerkarenz freiwillig und gerne in Anspruch genommen, um von Anfang an dabei zu sein?
Ist es männlich, wenn Männer ihre Partnerinnen in Sachen berufliche oder persönliche Weiterentwicklung unterstützen und fördern?
Ist es männlich, wenn sie sich nicht durch taffe, intelligente und erfolgreichere Frauen bedroht fühlen?
Ist es männlich, wenn Buben sich Röcke anziehen dürfen oder sich die Fingernägel lackieren wollen, einfach weil es ihnen gefällt?
Ist es männlich andere Männer als schwul oder Schwuchtel (oder Schlimmeres) zu bezeichnen, weil sie sich für Frauenrechte, Emanzipation und Gleichstellung einsetzen?
Ist es männlich, sich für Frauenrechte sichtbar und lautstark einzusetzen?
Ist es männlich, wenn Männer ihren Kolleginnen denselben Lohn für selbe Arbeit einfordern, wie sie selbst?
Ist es männlich, wenn sie sich gegen strukturelle Benachteiligung von Frauen einsetzen und reaktionäre Rollenbilder verweigern?
Was männlich ist, definieren Männer selbst und so wie sie sich selbst sehen, sich verhalten und leben, wird in allen Formen der Beziehung widergespiegelt. Gewaltfrei zu agieren, wertschätzend miteinander umzugehen und Courage zu zeigen, das sind für mich Eigenschaften, die jeder Mensch – ungeachtet des Geschlechts – haben sollte und die wahrhaft gelebt werden müssen.
Ein Femizid ist nur die Spitze des Eisberges eines frauenfeindlichen Systems, dass wir seit Jahren pflegen. Trotz der vielen Aufklärungsarbeit ist der Feminismus auf den Rückzug. Femizide sind das Symptom und Rassismus, Sexismus und Misogynie die Ursachen. Es beginnt mit Altherrenwitzen, Sticheleien, Herabwürdigung, Belästigung und endet in physischer und psychischer Gewalt – bis eben den Tod.