Nein. Unter Signalwirkung, wie das hier als Begründung für den Inzest-Paragraphen angeführt wurde, würde ich etwas anderes verstehen als eine generalpräventive Wirkung.
Eine der Schwierigkeiten zu solchen Diskussionen in einer Plattform wie dieser besteht darin, daß wir alle, die wir uns eine Meinung bilden oder äußern, keine Juristen sind, deshalb stellt sich mir die Frage nach der Unterscheidbarkeit von Signalwirkung oder generalpräventiver Wirkung nicht.
Was haben Strafgesetze denn für eine Funktion, außer daß sie angewendet werden? Natürlich haben sie auch die Funktion, potentielle Täter abzuschrecken, ein Verbot, das nicht durch Sanktionen vermittelt und durchgesetzt wird, wird nicht besonders wichtig genommen.
zu deinem persönlichen fall, wollte ich aber trotzdem mal nachfragen, ob denn nun einer deiner brüder wegen inzests verurteilt wurde?
Meine Erlebnisse waren nie Gegenstand irgendwelcher Ermittlungen oder Verfahren, ich hätte das auch nicht gewollt.
Was den Zusammenhang, den du weiter oben als Vergleich zur Strafbarkeit von Homosexualität angeführt hattest, angeht: das finde ich äußerst mißglückt. Zur Erläuterung: Ende der 80er Jahre gab es in Deutschland die Aktion Standesamt, in deren Rahmen Homosexuelle beiderlei Geschlechts ihre Heiratsabsichten an einem bestimmten Tag in den Standesämtern kundtaten, natürlich im Wissen, daß diese abgelehnt werden würden. Diese Ablehnungen wurden dann in Form einer Sammelklage durch sämtliche gerichtliche Instanzen gejagt mit dem Ziel, eine Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht einzureichen, um das Recht auf Ehe für Homosexuelle einzufordern. Als ich damals davon las, hab ich erstmal ungläubig gegrinst, war ohnehin damals der Überzeugung, daß die Institution Ehe überholt sei. Wie auch immer, ich hab mich damals intensiver damit beschäftigt und war erstaunt zu erfahren, daß die Klage vom juristischen Standpunkt aus eigentlich hätte Erfolg haben müssen, weil im deutschen Grundgesetz nirgendwo explizit erwähnt ist, daß bei einer Eheschließung die beiden Ehepartner verschiedenen Geschlechts sein müssen.
Vor dem Bundesverfassungsgericht wurde die Klage abgewiesen mit der Begründung, daß die Geschlechtsverschiedenheit zu den prägenden Merkmalen einer Ehe gehöre und (so erinnere ich mich, aber den genauen Wortlaut kriege ich nicht mehr hin) in einem Telefoninterview sagte Maria Sabine Augstein, die als Anwältin die Klage eingereicht hatte, daß in diesem Zusammehang von den Richtern das moralische Empfinden der öffentlichen Mehrheit genannt worden sei ("Entwertung" des Eheverständnisses, wenn diese Institution auch Homosexuellen zur Verfügung stünde).
Worauf will ich hinaus? Anders als bei der Abschaffung des Inzestverbots ist durch die Gesetzesänderungen, die die eingetragene Lebenspartnerschaft ("kleine Ehe") von Homosexuellen ermöglicht haben, steckt in der Abschaffung der Strafbarkeit von Inzest aus meiner Sicht ein zu großes Potential, die Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit in Richtung Legalisierung von Sex zwischen Kindern/Jugendlichen und Erwachsenen. Es ist ja heute schon allenthalben immer wieder mal die Frage zu lesen, was denn nun eigentlich sooo schlimm daran wäre, heutzutage wären doch 12-jährige Mädchen schon viel schneller in ihrer Entwicklung und sie legten es ja oft genug selbst darauf an...
Wie sich solche Tendenzen gesetzlich verhindern ließen: ich weiß ehrlich nicht. Vielleicht wäre eine sinnvolle Vorgehensweise nicht gerade die, ein Gesetz, das ohnehin kaum zur Anwendung kommt, einfach ersatzlos zu streichen sondern generell verschiedene Gesetze hierzu zu überarbeiten. Beispielsweise in der Form, Ausnahmeregelungen nach Prüfung (beispielsweise nach vorheriger psychiatrischer Begutachtung, wie sie für Pflegschaften bei dementen Menschen erstellt werden müssen oder auch die Psychotherapie, die jede/r TS machen muß, bevor er/sie die geschlechtsangleichende Operation machen darf) auf Antrag zuzulassen.