"Am 17. Juli 2014, also elf Tage vor dem tödlichen „Unglück“, spaziert etwa Cornelia G. von der Bergstation des Elfer-Lifts zur Pinnisalm, ihren Hund an der Leine. Plötzlich nimmt sie „ein Vibrieren“ wahr, wie sie vor Gericht erzählte. Es ist eine Kuhherde, die auf sie zustürmte. Ihre Familie wird eingekreist, ihr Mann angerempelt. Der Hund schlüpft aus der Leine. Die Kühe ihm nach. Das rettet Cornelia G. das Leben. Der Hüttenwirt Christian S. nimmt einen Rechen und vertreibt das Vieh.
Elf Tage später der nächste Zwischenfall. Nun wandert die Italienerin Laura G. zur Pinnisalm. Ihr Mann und vier kleine Kinder begleiten sie. An der Leine führt sie einen kleinen Beagle und einen Golden Retriever, einen Welpen, der noch nie eine Kuh gesehen hatte. Er beschnuppert ein Kalb. Und schon ist auch Laura G. von der Herde umringt.
Es wird auch für sie lebensgefährlich. Eine Kuh spießt sie auf die Hörner. Ihr Rucksack rettet ihr das Leben. Denn die Spitzen der Hörner bleiben darin stecken. Laura G. schlägt am Boden auf, sie erleidet Schürfwunden und Prellungen. Ihr Mann schreit um Hilfe. Wieder kommt der Hüttenwirt Christian S., prügelt auf die Kühe ein, so fest, dass ein Stock abbricht. Erst mit einem Rechen vertreibt er das Vieh.
Die Herde, so hält das Gericht fest, sei nun „in Aufregung versetzt worden“. Davon konnte die deutsche Touristin Maria K., 45, nichts ahnen.
Nur 15 Minuten nach der Attacke gegen Laura G. wandert auch sie bei Kaiserwetter hinunter zur Pinnisalm. Ihren Hund hält sie an der Leine, fixiert diese mit einem Karabiner an ihrem Gürtel. Er läuft brav auf jener Seite, die der Herde abgewandt ist. Er ist ruhig, er bellt nicht, er greift auch kein Tier an.
Doch die Rinder wittern wieder „Wolf!“. Sie umkreisen die Frau, stoßen sie mit den Hörnen, werfen sie in die Luft. Maria K. will den Karabiner öffnen, doch sie schafft es nicht. Wäre der Hund entkommen, wäre ihr Leben vielleicht gerettet worden, weil die Herde von ihr abgelassen hätte. Doch sie wird zu Tode getrampelt und stirbt noch vor Ort. Ihr Mann sagt vor Gericht aus, sein Leben habe seinen Sinn verloren. Nur der gemeinsame Sohn halte ihn vom Suizid ab.
Der Richter hält nach Schilderung dieses „Unfalls“ fest, dass er nicht passiert wäre, wenn ein Elektrozaun montiert gewesen wäre. Der Richter stellt auch fest, Maria K. wäre noch am Leben, wenn die Tiere zumindest mit Glocken behängt gewesen wären. Maria K. hätte die tobende Herde hören und rechtzeitig flüchten können. Und noch etwas sagt der Richter: Dem Bauern war die touristische Nutzung der Pinnisalm nicht nur bekannt, er hatte Wanderer, Radfahrer und Hunde beobachtet. Er wusste, dass seine Kühe sensibel reagieren. Und weil er all das wusste und nichts zum Schutz der Menschen unternahm, haftet er: für die Begräbniskosten, für das Trauerschmerzensgeld und für eine Rente – 1212 Euro monatlich für den Ehemann und 352 Euro monatlich für das hinterbliebene Kind."