Aber das lassen ja WIR mit uns geschehen!
WIR treffen die Entscheidungen, das für uns selber so zu sehen.
Was meint Ihr dazu?
Ich bin einerseits sehr massiv mit "christlichen" Werten aufgezogen worden. Die Anführungsstriche deshalb, weil: damals waren es Italiener, die als Gastarbeiter nach Deutschland strömten. "Die" - zu denen man in Urlaub fuhr und "die", mit denen man nichts zu tun hatte, schon gar nicht als Mädchen. Dann kamen noch "die" Arbeiterkinder dazu, die waren "einfach" und deshalb nicht fein genug. "Wir" - das begann ich zu der Zeit zu begreifen, waren "nix", weil: Heimkinder sind im Dorf "die", die immer Ausdrücke benutzen, sich schlagen und Scheiben zerschmeißen.
Und mitten drin das Gebot: Du sollst deinen Nächsten lieben.
Gleichzeitig hatten wir, ohne es überhaupt wahrzunehmen, "Besatzungskinder" unter uns, Italienerkinder, und natürlich in der Institution überwiegend Kinder aus "schwierigen Verhältnissen". Unter uns war das nie Thema, später wurd's für mich eines, als ich feststellte, was die christliche Erziehungsberechtigte für Vorbehalte gegen alle und jeden hatte, der nicht "aus gutem Hause" war, sprich: keinen akademischen Titel und kein Geld. Und dann fängt man halt an zu überlegen.
Heut, nach vielen Jahren "Außenseiterdasein", großteils selbstgewählt, teilweise einfach weil's halt "blöd gelaufen" ist, nach Mitgliedschaften in politischen Gruppen, Kämpfen gegen Diskriminierungen aller Art und der Feststellung, daß "die" immer irgendwo sind, bin ich müd geworden. Ich zieh mich zurück, ich mag nicht mehr mich ständig an irgendwelchen Fronten tummeln, ich versuche immer mehr, die Schreihälse gegen "das Fremde" zu ignorieren, weil sie im Grund genommen doch nix weiter als Angsthasen sind und denk mir: "Leckt's mich doch am Schuh, gestaltet's eure Welt für euch und eure Kinder von mir aus zurück zur Steinkeulenzeit, ich muß das nicht mehr erleben".
Darüber bin ich sehr froh.
Was mein privates Leben angeht: mein Mann und ich würden jede fremdenfeindliche Bestrebung aus dem Freundeskreis so beantworten, daß der Betreffende ohne Diskussion aus unserem Kreis rausfliegt. Darüber haben wir vor dem Hintergrund der wachsenden Pegida-Bewegung nicht mal diskutieren müssen.