Es gab Einigkeit darüber, dass Frauen, die unfreiwillig in der Prostitution sind, geholfen werden muss, über das "wie" schieden sich die Geister.
Die Befürworterinnen des "Nordischen Modells" sprachen u.a. folgende Punkte an:
•) Prostitution als logische Folge von Armut und Perspektivlosigkeit - "last girl first" - die Benachteiligsten der Gesellschaft sind die Ersten, die sich prostituieren müssen ("Die haben doch nicht mehr Lust auf Sex als die anderen, die müssen das einfach tun!")
•) Prostitution wird als unvereinbar mit der Würde von Frauen und deren Körpern betrachtet. ("Wenn mir einer auf der Strasse nachruft ich soll ihm für 10 Euro einen blasen - ist das dann sexuelle Belästigung oder ein lukratives Jobangebot?"). Mehrmals wurden von den verheerenden körperlichen ("zerstörte Unterleiber") und seelischen Spätfolgen gesprochen. Junge Männer sehen Prostitution als normal an ("Die kauf ich mir, wenn ich 18 bin!").
•) Sexworkerinnen müssen sich oft für wenig Geld prostituieren ("In Berlin am Strassenstrich pro Minute zwei Euro"), wenn sie viel Geld verdienen, sind Laufhausbetreiber und Zuhälter die wahren Profiteure.
•) Das "Nordische Modell" schützt Sexworkerinnen und ist darüber hinaus Merkmal einer modernen, verantwortungsvollen und feministischen Gesetzgebung. Sexarbeit wird endlich als das wahrgenommen, was es ist: Ausbeutung, die verboten werden muss.
Die Gegnerinnen des "Nordischen Modells":
•) Sexarbeit ist eine Tätigkeit, die es Frauen ermöglicht, selbständig und legal zu arbeiten und gut zu verdienen ("Ich werde weniger finanziell ausgebeutet als diejenigen, die mich hier beschützen wollen!" "Jede Sexworkerin hat Grenzen, wir lassen sicher nicht alles mit uns machen!" "Ich komme gerade aus dem Puff und mir geht es bestens!") Der propagierte Schutzgedanke wird von den Betroffenen als Bevormundung empfunden: ist vielleicht gut gemeint, aber nicht gut. Frauen sollen anderen Frauen nicht vorschreiben wie sie leben und arbeiten sollen ("Wir müssen vorsichtig sein, bevor wir generell von 'Frauenkörpern' sprechen")
•) Schlechte Bezahlung ("Ich verdiene im Supermarkt auch nur 20 Cent pro Minute und niemand redet darüber") Ausbeutung und Menschenhandel gibt es auch in vielen anderen Bereichen (Pflege, Bau, Kinderbetreuung, Haushalt) - niemand würde deswegen auf die Idee kommen, diese Berufe zu verbieten.
•) Prostitution lässt sich durch Verbote weder abschaffen oder eindämmen (Worte einer prominenten Anwältin: "Kriminalisieren hat noch nie irgendetwas gebracht"), sie wird einfach verlagert. Es ist naiv Sexworkerinnen durch Strafen oder Verbote "schützen" zu wollen. Wirksam sind einzig mehr Rechte, die es ihnen ermöglichen, sich ohne Angst vor Sanktionen an Beratungsstellen und Polizei zu wenden.
•) Das "Nordische Modell" geht völlig an der Realität vorbei, man kann nicht das Angebot legalisieren und dessen Konsumenten kriminalisieren ("Drogen darf ich ja auch weder kaufen noch verkaufen") und es bleibt auch nicht ohne negative Konsequenzen für Sexworkerinnen: ihr gesamtes Umfeld (Vermieter, Partner) kann kriminalisiert werden, sie müssen vor Gericht aussagen, sie können ihre Kinder verlieren, Sexworkerinnen, die Migrantinnen sind, können mit sofortiger Wirkung ausgewiesen werden.
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