Das Völkerballspiel entstand nach Warwitz / Rudolf aus einem rituellen Kriegsspiel.[1] Der ursprüngliche Spielgedanke symbolisiert die Schlacht zwischen zwei Völkern, die sich unter ihren Königen in einem Vernichtungskrieg gegenüberstehen. Die abgegrenzten Spielfelder (der Kampfplatz) sind die Territorien. Der Ball ist die Angriffswaffe. Jeder Treffer eines gegnerischen Spielers markiert einen ‚Gefallenen’, der aus dem Spielgeschehen ausscheiden muss. Als Gegenwehr stehen den Verteidigern nur das Ausweichen vor den Schüssen oder das Auffangen und damit Unschädlichmachen des Schusses zur Verfügung. Damit verändert sich der Schlachtablauf, indem die Verteidiger zu den Angreifern werden, bis der Ball wieder verloren geht. Das Spiel (die Schlacht) endet mit der vollständigen Vernichtung eines der beiden Völker.
Das sehr alte Parteienspiel zeigt sich unter dieser kriegerischen Grundidee bei verschiedenen Urvölkern noch heute verbreitet: Warwitz / Rudolf beschreiben das Ausarten eines zunächst friedlichen Spiels bei den Papua in Neuguinea zu einer handgreiflichen, mit Prügeln und Dreschflegeln ausgetragenen blutigen Stammesfehde, nachdem sich die Verlierer durch den Spott und Hohn der Sieger gedemütigt sahen. Das als ‚Völkerschlacht’ oder ‚Gemetzel’ bezeichnete rituelle Spiel verwandelte sich in wenigen Minuten über ein Hämespiel zu einem ernsthaften Stammeskrieg (tribe-war).[2]
Noch bei Friedrich Ludwig Jahn, dem Schöpfer der deutschen Turnbewegung (1778-1852), hat das von ihm als Turnspiel bezeichnete Völkerballspiel einen eindeutig wehrertüchtigenden Charakter.[3] [4] Erst in unserer Zeit und in unserem Kulturkreis wandelten sich die Spielregeln unter pädagogischen Gesichtspunkten, etwa in der Form, dass sich abgeschossene Spieler vom Spielfeldrand aus durch einen eigenen Treffer wieder ins aktive Feldgeschehen zurückbringen konnten. Der symbolische kriegerische Hintergrund ist den Akteuren heute in der Regel nicht mehr bewusst.