Aber Gaucks Motive sind ja auch so offensichtlich. Selbstverständlich begibt sich ein Joachim Gauck nicht in die Rolle des Claqueurs für einen Wladimir Putin. Das hat grundsätzliche, politische Gründe, aber eben auch sehr persönliche, aus denen Gauck keinen Hehl macht.
„Ich war acht Jahre alt, als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Staatliche Repression war mir als Kind damals noch kein Begriff, aber schon wenig später erlebte ich, was es bedeutet, wenn ein geliebter Mensch aus der Familie, ein Unschuldiger abgeholt wird, verschwindet und – nach Jahren der Ungewissheit – dann schließlich zurückkehrt, schwer gezeichnet an Körper und Seele. So stand der Mann eines Tages vor der Tür, es war mein Vater“, sagte Gauck am Freitag in seiner Rede. Sein Vater war 1951 wegen antisowjetischer Hetze von einem sowjetischen Militärtribunal in der DDR zu 50 Jahren Arbeitslager in Sibirien verurteilt und vier Jahre später freigelassen worden.
Auch aus diesem Erlebnis, das die Gegnerschaft der Familie zum DDR-System verfestigte, rührt Gaucks unbedingte Freiheitsliebe. „Wer eine solche Ohnmacht jemals gespürt hat, der möchte sie nie wieder zulassen und nirgendwo sehen, nicht in der eigenen Familie und nirgendwo sonst“, fuhr er fort, und: „Der erfolgreichste Anwalt für die Menschenrechte ist in uns, es ist die innere Überzeugung.“ Deshalb fährt er nicht nach Sotschi.