Du hast aber auch kein Bewusstsein für ein kollektives Gedenken...
Wenn Du es sagst ....
Kollektives Gedenken hat aber nichts damit zu tun, sich für die Taten anderer zu schämen oder zu entschuldigen. Die kollektive Entschulding ist - leider etwas spät - ohnehin durch die Repräsentanten unseres Staates erfolgt. Ich würde unter kollektivem Gedenken eher verstehen, dass sich die Gesamtheit der Bevölkerung dieser Taten erinnert, und die Lehren daraus zieht, indem sie sich im Rahmen des der menschlichen Natur Möglichen bemüht, das Gemeinsame zu fördern und das Unterscheidende zu respektieren und zu akzeptieren. Aus diesem Standpunkt heraus finde ich schon, dass mein Bewusstsein für kollektives Gedenken ganz gut funktioniert.
Zumindest bringt es mich dazu, nicht über alles, was meine Auffassung nicht teilt, in der wüstesten Weise her zu ziehen. Du wirst mir schwerlich - auch nicht hier in der Diskussionsecke - unterstellen können, dass ich mich für Ausgrenzung, Abgrenzung oder Diffamierung Andersdenkender stark mache. Weder gegen Ausländer im Allgemeinen, Migranten und Asylanten im Besonderen, nicht gegen Rassen und Religionen, nicht gegen Bewohner anderer Bundesländer, nicht gegen Anhänger anderer Parteien, und auch nicht gegen Radfahrer, SUV-Fahrer, Pendler oder sonstige Leute.
Vielleicht liegt es auch nur daran, dass mir Deine humanistische Bildung fehlt, und ich daher dumm und naiv genug bin, um lieber für eine Sache zu kämpfen als gegen eine Sache. Und dass ich daher glaube, dass der Kampf für eine Verhinderung des Wiedererstarkens verstaubter Ideologien sehr wohl auf einer sachlichen Ebene nicht nur geführt werden kann sondern geführt werden muss, wenn er erfolgreich geführt werden will. Das Vernarben der historischen Wunden durch ein immer wieder erfolgendes Säen von Zwietracht zu verhindern, hat meines Erachtens mit kollektivem Gedenken überhaupt nichts zu tun, und ich halte es nicht für ein geeignetes Mittel, einer Wiederholung der Geschichte entgegen zu arbeiten.