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Gast
(Gelöschter Account)
.....Eine sehr aktuelle und umstrittene Bibelübersetzung ist die Bibel in gerechter Sprache, in ihr ist die zitierte Stelle so zu lesen:
"Das wichtigste ist: Höre Israel! Gott (theos) ist für uns Gott einzig und allein Gott (theos) ist Gott. So liebe denn Gott (theos), Gottheit für dich, mit Herz und Verstand, mit jedem Atemzug, mit aller Kraft. Das zweitwichtigste Gebot lautet: Liebe deine Nächste und deinen Nächsten, wie du dich selbst liebst. Kein anderes Gebot ist größer als diese zwei."
Nun komm ich der Chuzpe auf die Schliche!
Jesus wird gefragt, was das erste (bzw. das oberste) Gebot sei - also nach einem einzigen, nach einem Supperlativ.
Er antwortet mit zwei, die gleichrangig seien. Damit bestätigt und widerlegt er die Fragesteller - er nennt das damals Glaubenskonforme und hebelt es aus, indem er ein anderes als gleichermaßen Oberstes postuliert. Daraus kann man folgern, daß es kein einzelnes Oberstes gibt. Das mußte ja die Schriftgelehrten ärgern.
Nun kommen die Gerechten (in der jüdischen Tradition schon immer sehr beliebt) und machen aus zwei drei: Sie postulieren nicht nur Gott (ähnlich wie es Jesus tat) und bemühen sich redlich und halb erfolgreich diesen zu abstrahieren, also geschlechtslos zu machen, und den Nächsten, sondern spalten diesen (in traditionellem Sprachverständnis geschlechtlich abstrakt gedachten) Nächsten zwangsweise auf und pressen ihn in seine Geschlechtlichkeit.
Was aber ist mit dem "theos" nach dem Gottesbegriff in Klammern gesetzt? "theos" ist griechisch und hat ein sprachliches Geschlecht. Genderüberlegungen gabs in der alten Zeit wenige. Aber ist das gerecht? Warum sollte nicht auch das Altgriechische und warum nicht auch Gott gegendert werden?
Damit haben sie aber das Problem, daß Gott (im Christentum und Judentum) Person sein soll elegant ausgehebelt, weil eine Person zwingend in dieser Gerechtigkeit geschlechtlich gedacht werden muß und diesbezüglich nicht abstarhiert werden darf (was zwangsläufig zur Umstrittenheit führen muß).
Gleichzeitig haben sie das Ärgernis (im Christentum), daß Gott natürliche Person gewesen sein soll, nicht nur in Frage gestellt. Die Lösung wäre ja simpel. Man läßt Gott dort, wo er ist, nämlich jenseits und deklariert Jesus zu seinem Propheten, der damit natürlich auch problemlos ein Mann sein darf. Aber diese Lösung gibt es ja auch schon. Horribile cogitatu hat dies bereits Mohammed postuliert. Aber Christen und Muslime zusammenzulegen - das muß zwangsläufig zur Umstrittenheit führen. Also ......(fassungslos) .... wo kämen wir den da hin?
Aber nochmals zurück: Auf diesem Weg der Bibelübersetzung in gerechte Sprache wird auch dem Menschen, weil dieser in seine Geschlechtlichkeit gepresst wird, wieder eine Erbsünde umgehängt, nämlich sozial geschlechtlich sein zu müssen. Es wird dem Menschen verweigert sich (und andere) abstrakt denken zu können, weil das ideologisch nicht mehr so gedacht werden darf.
Daß diese Bibelübersetzung nicht mehr gendergerecht sondern nur mehr gerecht heißt, ist natürlich eine ganz neue Chuzpe.
Fragt der verwirrte Lesegenosse, ob er nun seine Nächste oder seinen Nächsten oder doch Gott als erstes lieben soll, wird er allein gelassen (wie die Schriftgelehrten, die nach dem obersten Gebot fragten und zwei bekamen) oder er kommt zum Schluß, daß es gar nichts Oberstes mehr gibt, was aber zwangsläufig auch wieder zur Umstrittenheit führen muß, da ja Gott als das Oberste definiert wird.
Immerhin: Ein Trost für die Sprachtraditionalisten ist, daß "Gott" unsere Sprache doch retten wird, solange es einerseits Religionen gibt, die gewaltige Vorteile darin sehen Gott zu personifizieren (wie das Christentum und das Judentum) oder personifiziert zu denken (wie es die meisten Religionen tun). und denen andererseits die Geschlechtszuteilung an Gott ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Solange es noch keinen Scheiterhaufen für Gott gibt, auf dem die Verbrennung wegen impertinenter Geschlechtsverweigerung stattfinden kann, ist die Welt aber auch noch in Ordnung.
PS: Das "Höre Israel!" haben wir überhaupt noch nicht diskursiv bedacht.
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