Ja, dieses Ziel ist ein hehres, ich bin voll bei dir.
Und auch wenn du es nicht glauben magst: bin Humanist.
Ich möchte um meinen Punkt zu verdeutlichen mit einem Beispiel antworten:
du bist Familienvater, deine Frau hochschwanger.
Blasensprung. Panik.
Du packst sie in dein Auto um sie in das nächste Krankenhaus zu fahren - und zwar so schnell we möglich, da jede Sekunde zählt.
Blöderweise wohnst du auf einem Berg, es ist Jänner, Schneefahrbahn und Nebel wie in London zu Zeiten Jack the Rippers.
Die Strategie mit Vollgas den Berg hinabzudonnern kann unter Umständen die falsche sein.
Wenn du verunfallst hast du die Situation für Kind, Mutter und dich massiv verschlechtert.
Wir fahren momentan genaus diese Strategie und warten auf die ersten Kurven in der Hoffnung auf ausbleibenden Gegenverkehr und genug Bodenhaftung.
Humanist = Lateiner?
(du scheinst von einem Bildungslevel auszugehen, über den ich nicht verfüge).
Du glaubst, daß wir fast im freien Fall abwärts rauschen und mehr oder weniger hoffen, daß wir mit Glück aus der Sache rauskommen. Ganz so pessimistisch sehe ich es nicht. Ich hab viel zu wenig Fachwissen oder auch nur Sachkenntnis von den ganzen Zusammenhängen, als daß ich das beurteilen könnte. Aber wir haben sicher nicht nur Idioten in unsere Regierungen gewählt, die wiederum mit hochrangigen Wissenschaftlern, Wirtschaftsleuten usw. ständig zusammenarbeiten. Mein Vertrauen dahin, daß so schnell und so umfassend vielleicht nicht jede getroffene Entscheidung gut ist, in Summe aber doch das Bestmögliche entschieden wird - auch wenn's mißfällt, auch wenn man später feststellen wird: eine andere Entscheidung wäre vielleicht doch besser gewesen - ist recht groß.
Letzten Endes geht es doch wirklich vor allem darum, DASS Entscheidungen getroffen werden, das können tatsächlich viele Leute schon im Kleinen nicht. Und nachdem diese Entscheidungen getroffen sind, müssen sie umgesetzt werden, einfach weil aktuell JEDE Entscheidung nur dann überhaupt Sinn ergeben kann, wenn alle gemeinsam am Strang ziehen - also Ansteckungen so hinauszögern, daß das Gesundheitssystem nicht zusammenbricht. Natürlich mit Schäden an anderen Stellen - die DANN - wenn quasi das erste Fieber überwunden ist - als nächstes in Angriff genommen werden.
Das sind Abläufe, die ich nachvollziehen kann und die ich für sinnvoll halte, mache ich in unserem Betrieb ja auch nicht anders, da kann ich auch nicht immer 100 % sicher sein, daß Entscheidungen, die wir fällen, richtig sind. Schlimmer aber als jede Fehlentscheidung ist Zögerlichkeit und daraus resultierende Unsicherheiten im Team - erstere verhindern, daß man überhaupt anfängt, auf ein Ziel hinzuarbeiten, zweitere würden dafür sorgen, daß nur mit halber Kraft Ziele angestrebt werden, was letzten Endes beides zum Scheitern führt. Was im Kleinen funktioniert, tut's im Großen auch.
Eine andere Alternative sehe ich aktuell nicht. Und ich bin optimistisch, daß sie aufgehen wird, wenn wir die Nerven behalten und uns nicht die schlimmstmöglichen Folgen ausmalen. Das können wir dann wieder machen, wenn das Gröbste überstanden ist - dann werde ich es sicher auch genießen, rumzumeckern und aufzuzählen, was man alles hätte richtiger machen können.