ich finde die sich über die medien immer mehr verbreitende anti-stimmung zur griechischen regierung bemerkenswert. angenommen bei uns würde man - weil sich z.b. eine krise a la hypo auf die anderen in osteuropa einzementierten banken auch durchschlägt, nur so als hypo-these quasi - ein eu-rettungspaket brauchen und die eu würde von uns, damit die banken und das großkapital gerettet wird, verlangen, die ganzen staatseigentümer zum praktisch nulltarif zu verscherbeln und auch die löhne und gehälter drastisch zu kürzen, ggf. auf die kleinen spareinlagen zu greifen und so weiter ... was wohl würden wir von einer regierung halten, die dazu nein sagt - und die auch bei diesem nein bleibt, obwohl die eu diese ihre forderungen woche für woche stereotyp wiederholt?
Naja, dass unsere Zeitungen eher aus unserer Sicht berichten, ist ja wohl nicht so überraschend. Und es ist aus Sicht von Gläubigerländern unverständlich, wie arrogant die griechische Regierung in den letzten Monaten aufgetreten ist. Als wollte sie damit ausdrücken, dass sie im Fall einer griechischen "Staatspleite" weniger zu verlieren hat als die Gläubiger. Diese Überlegung ist gar nicht so von der Hand zu weisen, weil eine "Staatspleite" ist ja nie mehr als das, was man früher in Österreich "Ausgleich" genannt hat, d.h. es erfolgt keine Liquidierung, sondern nur ein Schuldennachlass. Das Drohpotenzial von Gläubigern ist gegenüber Staaten daher wesentlich schwächer als gegenüber Privaten, weil Letztere im schlimmsten Fall ihr ganzes Vermögen verlieren können, zumindest aber ihre Firma.
Ansonsten gebe ich Dir aber Recht, und ich fand den letzten Vorschlag der Tsipras-Regierung durchaus nachvollziehbar. Ich fand es auch nicht in Ordnung, dass v.a. der IWF sich dagegen gestemmt hat. Tsipras wollte weniger Kürzungen bei Pensionen und im Sozialbereich, dafür bspw. eine Sondersteuer auf Gewinne über 500.000 Euro. Das ist legitim. Es ist MMN nicht akzeptabel, dass die Gläubigerinstitutionen das ablehnen - für uns als haftende und kreditgebende Steuerzahler ist es doch ziemlich wurscht, wie die Griechen das Geld reinbekommen. Hauptsache sie machen was. Und einen gewissen Spielraum muss man der jeweiligen Regierung zugestehen.
Die vereinbarte Inflationsrate von 1,9% gilt als Punktziel, nicht ein wenig darüber oder ein wenig darunter.
Dann wäre es aber das erste Mal in der Geschichte, dass ein vorher festgelegtes Inflationsziel auf den Zehntelprozentpunkt genau erreicht worden wäre. Ganz abgesehen davon, dass man ein Verfehlen desselben - wie erwähnt - nicht wirklich der Regierung anlasten kann. Die gewichtigste Rolle bei der Geldwertsteuerung spielt immer die Notenbank.
Dass der Staat auf die Inflationsrate keinen Einfluss nehmen kann, ist nicht richtig. Er kann dies einerseits über Abgaben bzw. Steuern und andererseits über das Lohnniveau erreichen.
Der Staat gewährt den kollektivvertragsfähigen Parteien lediglich einen Autonomiespielraum ihre Zusammenarbeit autonom zu gestalten, der Gesetzgeber kann hier aber regulierend eingreifen, wenn er wollte.
Natürlich, der Gesetzgeber kann vieles beschließen, er könnte die Löhne festsetzen, genauso wie Preise und Mieten. Nur dürfte man dann halt nicht mehr von Marktwirtschaft sprechen. In Österreich gehört die sozialpartnerschaftliche Lohnautonomie seit Jahrzehnten zum politischen Selbstverständnis, und sie gilt auch unter internationalen Experten als Erfolgsmodell.
Und Inflationssteuerung über Abgaben und Steuern? Wie stellst Du Dir das vor? Dann hätte Deutschland (wie auch Österreich) also z.B. alle paar Jahre die MWSt. um je einen (weiteren) Prozentpunkt erhöhen müssen ... ob das so schlau gewesen wäre?
Untersuchungen des deutschen Institutes f. Wirtschaftsforschung, des Ifo und des WSI kommen für Deutschland zu einem anderen Ergebnis. Selbst wenn man den 3,3% glauben schenken möchte, so liegt die Reallohnsteigerung deutlich unter der Produktivitätssteigerung.
Ja, und? Muss die Lohnentwicklung immer mit der Produktivitätssteigerung Schritt halten? Die Gewerkschaften haben sich mit den Abschlüssen jeweils zufrieden gegeben. Das sollte respektiert werden. Sie müssen sich ja, wie erwähnt, vor ihren Mitgliedern verantworten.
Ein Verbot macht auch keinen Sinn, aber Deutschland hat es verabsäumt Rahmenbedingungen zu schaffen, dass vermehrt in den Binnenmarkt investiert wird.
Jetzt widersprichst Du Dir aber selbst. Wenige Postings zuvor hast Du Dich noch darüber beschwert, dass Deutschland im Außenhandel zu erfolgreich sei und zu hohe Überschüsse produziere. Das alles geht ja wohl kaum ohne Investitionen. Im Gegenteil wurde in Deutschland sehr viel, in Griechenland offenbar zuwenig investiert. Die dorthin gewährten Kredite gingen großteils in den Konsum.
aber würden die griechen es wirklich durchpokern, dann bin ich sicher, dass die EU gegen ein mitgliedsland (noch dazu der euro-zone) nachgeben muss.
Warum sollte sie das tun?
denn schließlich ist griechenland bloß der feldversuch, wie weit man eine volkswirtschaft filetieren und die lebensverhältnisse für die breite masse gegen die wand fahren kann.
Man könnte es aber auch anders sehen, nämlich dass Griechenland in der Vergangenheit der Feldversuch dazu war, wie weit ein Staat seinen Schuldenstand ausweiten kann, bis sich die Gläubiger Gedanken über die Rückzahlbarkeit zu machen beginnen.
Anfangen würde ich in etwa so, dass ich den Firmen die bereit sich ohne wenn und aber einen Mindestlohn netto zu bezahlen Abgaben erlasse bzw. ihnen die Möglichkeit geben würde mehr abzuschreiben.
Das halte ich für eine gute Idee ... und es würde in Summe mehr bringen als diese lächerliche Tarifreform verbunden mit weitgehenden Schnüffelrechten für den Staatsapparat, die gerade dabei ist von der Regierung beschlossen zu werden.
MMn ist das ein langer harter und steiniger Weg, aber ich denke wenn man diesen mit Vernunft geht kann das sehr viel bringen!
In erster Linie müssen die Gesetze und Vorschriften weniger werden. Jedes neue Gesetz schafft den Bedarf nach mehr Beamten. Vor allem die Einparteienverfahren gehören einmal ordentlich durchforstet. Aber auch so Dinge wie das Baurecht ... da sind Dinge teilweise so detailliert festgelegt, ohne dass sie bspw. den Nachbarn Nutzen stiften. Sogar die Farbe von Dachziegeln oder Fassaden wird in manchen Fällen bestimmt.
In weiterer Folge muss man sich die Frage stellen, warum man bspw. eine Landesgesetzgebung braucht.
ich hab mit denen vorgetragen. die WUSSTEN das!
Das ist aus heutiger Sicht leider belegt. Im Prinzip hat gogolores Recht, dem Belogenen sollte man keine Schuld geben. Aber so blöd waren weder unsere Politiker noch die der restlichen EU. Die wussten schon, dass Griechenland schummelt.
Also entgegen euren Meinung hat Österreich sehr wohl für nicht KV Branchen Mindestlohntarife festgesetzt.
Das habe ich nie bestritten. Ich habe nur geschrieben, dass es in Österreich keinen gesetzlichen Mindestlohn gibt.
Diese werden vom Bundeseinigungsamt angesiedelt im BMASK festgelegt.
Klassisches Beispiel hier is z.b der Mindestlohntarif des Hausbesorgers.
Es stimmt zwar das derzeit ca 97% aller nicht selbständig tätigen in einem KV sind aber das es gar keine Mindestlöhne bzw Tarife gibt stimmt eben nicht.
Und genau deswegen hätte ich Dir nie zugetraut, dass Du das Instrument des Mindestlohntarifs tatsächlich als Argument dafür verwenden würdest, dass die Regierung Einfluss auf das Lohnniveau hat ... so großen Einfluss, dass sie, wie Du geschrieben hast, mit den anderen Euroländern "informelle Vereinbarungen über das Lohnniveau" treffen konnten. Meinst Du das wirklich so?
Der Mindestlohntarif betrifft nur Randbereiche der Arbeitswelt, nämlich jene, wo es keinen "KV-fähigen" Arbeitgeberverband gibt. Und er muss sich an den KVs verwandter Branchen richten, d.h. das Amt kann schon per Gesetz nicht völlig frei und autonom entscheiden.
Nochmal:
Maastricht und Economic Growth Paket beschlossen und umgesetzt mit Deutschland
Das Lohnniveau ist aber weder da noch dort festgelegt, sondern, wie Du selbst geschrieben hast, nur "informell vereinbart" (was ich mir, aus genannten Gründen, so gar nicht vorstellen kann).
Weiters sind eben nicht alle unter einem KV arbeitend.
In Österreich lt. Deinen Angaben 97%. In Deutschland wesentlich weniger, aber deren Entlohnung ist in den meisten Fällen auch nicht gesetzlich festgelegt, sondern per Einzelvertrag. Darauf hat der Staat schon gar keinen Einfluss.
Stimmt nur bedingt.
1) Kann man bei der Auftragsausschreibung sehr wohl zielgerichtet ausschreiben. Wie das geht macht das BMI seit Jahren vor im Zuge der Asyl und Flüchtlingsbetreuung damit die NGOs nicht mehr mitbieten können.
2) Sind eben nicht alle staatichen Aufträge ausschreibungspflichtig und auch nicht alle Aufträge müssen an Bestbieter vergeben werden.
Im Falle von 2) sprechen wir nur von Randbereichen des öffentlichen Beschaffungswesens. Und selbst da ist es unwahrscheinlich, dass per Verordnung der Einkauf in Griechenland vorgeschrieben werden könnte.
Fall 1) ist halt immer problematisch und sollte eigentlich vermieden werden. EU-Konvergenz via gelenkter/gelinkter Ausschreibungen hielte ich auch für den völlig falschen Weg, das würde bloß noch mehr Misstrauen in der Bevölkerung verursachen und die Graf Lobbys der Nation würden sich noch mehr ihre Taschen anfüllen.
Also glaubst du auch alles ungeprüft weils ne Zeitung schreibt?
Nein, weil's die OeNB in einer Studie erforscht hat
.
Wenn du auf Seite 4 dir die Tabelle ansiehst wirst du merken das Deutchland erst 2014! das Niveau von 1992 wieder erreicht hat.
Die beiden Statistiken müssen sich gar nicht widersprechen, die OeNB hat sich 2000 bis 2010 angeschaut, das Bundesamt 1992 bis 2014. Man kann aber auch gem. Bundesamt-Zahlen sagen, dass zwischen 1992 und 2014 die Reallöhne nicht gesunken sind.
Abgesehen davon gilt das, was bei wissenschaftlichen Studien immer gilt: Man müsste sich alles genauer anschauen, die Datenqualität, Methodologie usw. Der OeNB vertraue ich vorläufig einmal weil ich weiß, dass dort teilweise sehr gute Wissenschafter arbeiten.
Das hat niemand gefordert. Auch wenn man permanent indirekt unterstellt Wettbewerbsfähigkeit kommt ausschließlich von den Löhnen, so ist das leider falsch. Deutschland braucht seine Wettbewerbsfähigkeit und auch seine Produktivität nicht verringern, sondern lediglich das Lohnniveau seiner Produktivität anpassen.
Und somit die Löhne erhöhen und damit die Wettbewerbsfähigkeit senken.
Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge, die da in einen Topf geschmissen werden.
So unterschiedlich sind diese Dinge offenbar nicht, weil Du sie ja selbst in einen Topf geschmissen hast. Du hast ja selbst in ein und demselben Posting geschrieben, dass Deutschland zuviele exportiere (was ja zweifellos auf gute Wettbewerbsfähigkeit hindeutet) und dass das Lohnniveau Deiner Meinung nach zu niedrig sei. Implizit hast Du also behauptet, dass ein höheres Lohnniveau geringeren Leistungsbilanzüberschuss zur Folge haben würde.
Das liegt aber nur sehr bedingt am Lohnniveau, sondern vielmehr daran, dass ihnen die Konkurrenz technologisch den Rang abgelaufen hat.
Ganz so ist es auch nicht. Philips ist technologisch sehr wohl auf der Höhe, trotzdem haben sie die Produktion zunächst ausgelagert und mittlerweile den ganzen Bereich verkauft. Es gibt viele weitere Beispiele von technologisch führen europäischen Unternehmen, die ihre Produktion im Ausland haben, wegen der bei uns hohen Lohnkosten - gogolores hat einige wichtige Beispiele bereits genannt.
Produktion macht auch nur Teil der Wertschöpfungskette aus, solange ich den Rest der Wertschöpfung halten kann ist das kein größeres Problem.
Doch, ist es. Ohne Industrieproduktion wird jedes Land mit höherer Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben. Die Produktion ist und bleibt extrem wichtig.
Meiner Meinung nach muss Europa den Sprung von der Gewinnmaximierung zur Nachhaltigkeit schaffen
Anders gesagt, Europa bräuchte mehr Unternehmer, die gleichzeitig Eigentümer und Chefs sind.