Über den Dingen stehen, gibt Unabhängigkeit, lässt einen die wichtigen Dinge im Leben sehen und ist die Grundlage für wirkliches Glück.
Ähnlich sehe ich's auch, wenn auch nicht in dieser Absolutheit - halte ich auch nicht für besonders erstrebenswert.
Es stimmt: Dinge oder Leute zu "Feindbildern" zu erklären verleiht dem "Befeindeten" mehr Aufmerksamkeit, als ihm zukommt, bindet Energien und schadet letztendlich dem, der haßt.
Meiner Auffassung nach existiert aber nichts ohne entsprechenden Gegenpol - wirkliches Glück kann nur existieren, weil es Unglück gibt (wär's anders, hätten wir die Fähigkeit, es zu empfinden, nicht entwickelt) - Ärger, Zorn, Ablehnung sind natürliche menschliche Regungen, die auch ihre Berechtigung haben. "Über den Dingen stehen" vermittelt mir den Eindruck von Gleichmut - mag gelegentlich gut und nützlich sein, aber Gleichmut vermittelt außerdem ein Gefühl von Gleichgültigkeit, von Nichterreichbarkeit, finde ich.
Ich hab mich mit Zen nie beschäftigt, find's aber interessant, was daveinspace dazu schreibt, etliches davon erkenne ich wieder als Haltung, die ich für mich als gut empfinde - sozusagen als Haltung, der ich nachstrebe, so gut ich eben kann, nicht unbedingt als "Ziel", das ich erreichen will. Verkürzt: ich fühl mich besser, wenn ich Wut, Enttäuschungen, Verletztheiten durchgestanden habe und damit loslassen kann - solange ich an diejenigen, die mich verletzt habe, im Zorn denke, haben sie mich schließlich immer noch im "Griff". Bestimmte Dinge aber sind einfach bekämpfenswert, sie lassen sich mit "kühlem Kopf" meist effektiver bekämpfen als aus Betroffenheit heraus, soweit d'accord, aber sie müssen berühren, natürlich, sie müssen empfunden werden, um sich aus ihnen befreien zu können.
Naja, ein fast unerschöpfliches Thema, nicht?