Mensch - ein Beziehungswesen?

Solche Menschen dürften auch ziemlich viele Ängste haben, Angst vor zuviel Nähe etc.


Das ist aber sehr weit her geholt und klischeehaft.
Ich habe eine sehr innige, ehrliche, lange Beziehung zu einer Freundin, die etwa 25 Jahre lang hält, zu anderen ca 15 Jahre. Es dauert länger, als unsere Ehen, Partnerschaften, Affären. Wir sind immer füreinander da. Wir feiern zusammen, wir weinen zusammen. Es stört keine Entfernung, da die eine lebt aktuell ca 1000 km entfernt, wir telefonieren miindesens 1x Woche.
Die wichtigste, abwechslungreichste aber auch die schönste Beziehung habe ich zu meiner Tochter. Es bedarf einer täglichen Arbeit, vor allem an sich selbt.
Ich bin stolz und glücklich, so tolle Menschen in meinen Leben zu haben.

Es gibt verschiedene Bedürfnisse, Lebensmodelle oder Visionen. Der Mangel an Interesse für einer klassische Partnerschaft liegt an der Persönlichkeit und nicht an Störungen oder Ängsten.
 
sagma mal so .. dafür bedarf es nicht unbedingt einer person die einem selbst zu nahe steht,

Hast recht wenn ich so drüber nachdenk. Denn die G'fahr das man es jemand Nahestehenden übelnimmt ist doch recht groß und damit werden sich selbige vermutlich eher hüten das was sagen.
 
Wow. Mit Yuccas Beitrag kann ich mich zu hundert Prozent identifizieren.

Und das meinte ich u.a. mit Gemeinschaftswesen. Wir müssen doch nicht unbedingt in einer Liebesbeziehung oder Paarbeziehung leben um gesund, glücklich und frei von Störungen zu sein.

Sonste wäre Jesus ja ein Fall für die Couch beim Psychiater gewesen.
 
Ich schließe mich da meinen Vorgängerinnen an - es muss nicht unbedingt die (Liebes)beziehung zu einem Partner sein, um Beziehung zu leben. Auch Kinder, Eltern, Geschwister schließe ich damit ein.

Aber es stimmt auf jeden Fall, dass Beziehung gelernt werden muss. Und das sollte idealerweise bereits im Baby/Kindesalter sein, denn die erste Beziehung, die ein Mensch aufbaut, ist ja die zur Mutter/Vater, Geschwister, Verwandte.... Und ich denke mir, Menschen, die es nicht von klein auf mitbekommen haben in einem sozialen Geflecht, einer Beziehung zu leben, werden sich vielleicht schon schwerer tun später im Leben punkto Liebesbeziehung.
 
Wenn man gegen grundsätzliche Instinkt Bedürfnisse länger verstößt kann das schon Störungen hervorrufen.
Die Klassische Paarbeziehung ist ja keine Erfindung der Gesellschaft wie oft behauptet wird, sondern sie ist Instinktiv angelegt.

In den Anfängen der Menschheit war eine Paarbeziehung zwingend erforderlich um das Überleben des Nachwuchses sicher zustellen. Das wurde von der Natur dadurch erreicht das sie beim Menschen den Wunsch nach Partnerschaft anlegte.
(was nicht bedeutet das sie sich unbedingt sexuell treu sein mussten.)

Da instinktiv richtiges Verhalten von der Natur immer belohnt und gegen den Instinkt gerichtetes Verhalten „bestraft“ wird, kann ich mir durchaus vorstellen das Allein sein nicht unbedingt dem seelischen Wohlbefinden des Menschen auf Dauer gut tut.

Ich persönliche kenne einige altere allein lebende Männer die man durchaus als etwas wunderlich bezeichnen darf.

Die Ablehnung der dauerhaften Paarbeziehung, sprich Familie wurde ja erst von den 68ern in die Gesellschaft eingebracht.
Die sie in der Familie die Keimzelle für alle möglichen negativen Erscheinungen in vorhergegangenen Gesellschaftsordungen sahen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
- weniger häufig krank sind und eine längere Lebenserwartung haben

Das ist in der Medizin altbekannt. Menschen, die in einer Partnerschaft leben - egal wie glücklich - haben eine längere Lebenserwartung.

Sicherheit ist ein wichtiges Bedürfnis des Menschen. Beziehungen geben Sicherheit und damit fehlt negativer Stress, der sich verkürzend auf unsere Lebenserwartung und schädigend auf unsere Gesundheit auswirkt.
 
finde ich witzig - auf vox habe ich eine sendung mit einer studierten frau gesehen, die meinte, monogamie sei etwas unnatürliches, im tiefsten innneren wollen wir viele partner haben. (da gings um swinger unter anderem).

Eine emotional und sexuell intakte Beziehung muss wirklich nicht monogam sein ;) Hängt von den jeweiligen Lebenskonzepten, Menschentypen und Lebensentscheidungen ab, wie man die jeweilige Beziehung leben will...denn:

Es gibt verschiedene Bedürfnisse, Lebensmodelle oder Visionen. Der Mangel an Interesse für einer klassische Partnerschaft liegt an der Persönlichkeit und nicht an Störungen oder Ängsten.

:daumen:
 
Zuletzt bearbeitet:
[...] dass der Mensch ein Beziehungswesen sei (und meinte hierbei die Liebesbeziehung). Alle Menschen, die auf Dauer (also, für mehrere Jahre) nicht in einer Liebesbeziehung leben, so meinte er, haben eine Störung

Wenigstens das zweite davon ist eine Nullaussage. Wenn ich zuerst den Menschen als Beziehungswesen definiere, dann folgt daraus zwingend, dass alle, bei denen das nicht so ist, "gestört" sind. Tiefere Bedeutung hat das für sich selbst genommen erst einmal genau gar keine.
.
Wenn ich den Menschen als heterosexuelles Wesen definiere, dann sind homosexuelle genau im gleichen Sinn "gestört". Aber warum sollte das im Einzelfall irgendjemanden kümmern?

Interessant sind alleinfalls Auswirkungen, wie:
dass Menschen, die in einer emotional und sexuell intakten Beziehung leben:

- weniger häufig krank sind und eine längere Lebenserwartung haben
- zwar dieselben Probleme haben wie Menschen, die nicht in Beziehung leben , diese aber nicht so schwer nehmen..

Aber dafür bräuchte es dann schon etwas detailliertere Angaben.
 
Es gibt verschiedene Bedürfnisse, Lebensmodelle oder Visionen. Der Mangel an Interesse für einer klassische Partnerschaft liegt an der Persönlichkeit und nicht an Störungen oder Ängsten.

Ein sehr schöner Satz. Muss ich mir merken. Überhaupt finde ich das Thema sehr schön & interessant.
Allerdings werden wieder, wie auch hier, die Begriffe durcheinander geschmissen und am Ende kennt sich keiner mehr aus.
Das Partnerschaft & Beziehung nicht dasselbe sind, sollte klar sein. Wie eben auch Yucca schrieb, hat sie eine lange Beziehung zu einer Freundin, länger als alle Ehen und Partnerschaften oder Affären. Beziehung ist etwas, was wir immer haben. Selbst wenn wir nur einen Moment lang einen für uns komplett fremden Menschen in die Augen sehen, haben wir zu diesem Menschen eine Beziehung. Man könnte es auch auf einen technologischen Punkt bringen: Es besteht eine Verbindung, egal wie lange oder wie intensiv. Tatsächlich können wir unter normalen Umständen nicht oberflächlich jemanden ansehen, da unser Sensorium dafür zu viele Details erfasst. Was wir wahrnehmen ist zumeist angelernt, die Filter bestimmen wir.

Beziehungsunfähigkeit also würde meiner Meinung nach bedeuten, dass wir kein geeignetes Sensorium ausgebildet haben, um Verbindungen zu erkennen oder zu spüren. Anders ist es mit dem Erweitern der Beziehung: Wollen wir eine bestimmte Verbindung vertiefen, müssen bestimmte Aktionen geschehen, um dies zu bewerkstelligen. Hierbei spielen Faktoren wie gesellschaftlich anerkannte Verhaltenskonventionen, Empathie, Humor, Sprache, Ausdrucksfähigkeit, Körpersprache, etc. eine Rolle. Wenn ich den Herrn Wissenschafter nun richtig verstehe, differenziert er nun bestimmte Beziehungsformen und geht auf eine speziell ein: die Liebesbeziehung.

Ich würde meinen, dass seine These zur Beziehungsfähigkeit nur dann gilt, wenn wir die genetisch verankerten Beziehungsmuster eines Menschen uns wegdenken. Für mich bedeutet es, dass das Vertiefen von Beziehungen, von Verbindungen zu anderen Menschen, tatsächlich erlernt wird und man sowohl durch Versuch & Irrtum als auch durch Annehmen von Erfahrungsschätzen anderer Menschen dies erreicht.


Partnerschaft ist ein anderer Begriff und würde ich auch nicht mit Liebesbeziehung gleichsetzen. Ich meine jetzt spontan, dass eine Liebesbeziehung wieder unterteilt werden kann in z.B. Partnerschaft & Affären (die liste ist wohl erweiterbar). Andere Beziehungsarten gibt es natürlich auch, wie Geschwisterbeziehung, Eltern-Kind-Beziehungen, Team-Beziehungen, Freundschaften... etc.

Aber in allen Punkten gleichen sie sich: Die Vertiefung und Erhaltungen von Beziehungen bedarf eines ständigen Trainings und muss wohl mühsam erlernt werden (man denke doch an die Kindergartenkinder, wie witzig für uns Erwachsene diese ihre ersten Beziehungserfahrungen machen... für sie bedeutet das aber Stress und ist gar nicht so leicht & witzig).
 
Ich halte die These für ziemlich fragwürdig, seh's ähnlich wie yucca. Ich würde mich nicht als "Beziehungsmensch" bezeichnen, ich "kann" Beziehung nicht besonders gut, hab's nie gelernt und finde dauerhafte Zweisamkeit ziemlich anstrengend und teilweise ungemütlich eng, obwohl ich in einer Beziehung lebe, die mich überwiegend glücklich macht und in der es mir besser geht als zu jeder anderen Zeit meines Lebens.

Ich denke schon, daß wir als soziale Wesen auf Beziehungen angewiesen sind, aber daß es sich dabei um "sexuell erfüllende Paarbeziehungen" handeln muß bezweifle ich doch sehr. Ich denke, daß das sehr stark mit unseren Erwartungen und dem gesellschaftlichen Kontext zusammenhängt, in dem wir leben. Wir leben anders als früher nicht mehr in Großfamilien, familiäre Bande bzw. Zugehörigkeitsgefühle, wie man das in früheren Zeiten aus kleineren Dorfgemeinschaften kannte, gibt's heute kaum noch, dem entsprechend wird Paarbeziehungen ein größerer Stellenwert zugeschrieben. Wenn ich so zurückblicke, wie oft mir direkt oder durch die Blume vermittelt worden ist, daß es mir besser ginge, wenn ich erstmal "meinen Deckel" gefunden hätte, du meine Güte! Ich fühlte mich manchmal schon unzulänglich, weil ich dieser Sicht, man wäre nur als Teil eines Paares "vollständig", so überhaupt nichts abgewinnen konnte. Und natürlich sehnte ich mich nach Verbindlichkeit und einem Rahmen mit jemandem, in dem ich Gemeinschaft, Streitmöglichkeiten, Sicherheit usw. haben könnte, ohne mich dabei auf Versprechungen einlassen zu müssen, wie sie in Paarkonstellationen ja nun mal üblich sind.

Wie auch immer: ganz ohne "Beziehung" gehen wir ein. Aber ob emotionale Sicherheit innerhalb eines Freundeskreises oder Familie und Sex mit Partner oder mal hier mal da stattfindet - das halte ich für relativ unwichtig. Wesentlicher dürfte wohl die ständige "Verfügbarkeit" von zwischenmenschlichem Austausch sein, man muß sich jemandem zugehörig fühlen können. Das ist halt über das übliche Paarkonstrukt am ehesten zu kriegen.
 
@fritzie

sehr schön geschrieben aber ein eremit geht auch ohne 'beziehung' nicht ein .
na gut - am ende gehen sie alle ein - ob mit oder ohne beziehung .

und ich bin überzeugt davon, dass es auch ungesunde beziehungen gibt welche das leben verkürzen .
 
Ich war in einem recht spannenden, wenn auch tlw. verwirrenden Vortrag. Der Vortragende, ein Sexualmediziner, meinte, dass der Mensch ein Beziehungswesen sei (und meinte hierbei die Liebesbeziehung). Alle Menschen, die auf Dauer (also, für mehrere Jahre) nicht in einer Liebesbeziehung leben, so meinte er, haben eine Störung.
:)

Hm, wenn eine Störung für den Mann heißt, dass betreffende Personen sich schwerer tun Kompromisse zu finden, sich schwer tun aus dem Ich-denken in das Wir-denken überzugehen, dann mag er vllt. Recht haben.

ABER

Ich finde ja das Menschen die lange mit sich alleine sind, werden sich niemals in lauwarme Zweisamkeit stürzen, sondern nur zu Dingen ja sagen wo sie wissen das sie ihnen gut tun, weil sie gut mit sich alleine können. Und das ist für mich keine Störung sondern ne sehr gute Eigenschaft um sich selbst gesund und glücklich zu halten.
 
Wenn sich jemand selber als "beziehungsunfähig" bezeichnet, was ist das anderes als Angst?


Nur mal so eingeworfen: ich habe mich den größten Teil meines Lebens als "beziehungsunfähig" betrachtet und das als Defizit empfunden. Heute würde ich mich als "beziehungsfähig mit zusammengebissenen Zähnen" bezeichnen. Mit Angst hat(te) meine Beziehungsunwilligkeit eigentlich weniger zu tun, obwohl ich verschiedentlich auch sage, mir mache zu große Nähe "Angst". Richtiger wäre: ich hab schlicht keinen Bock, mich den Ansprüchen anderer, die sich mir als "nahe" bezeichnen, auszusetzen, es geht mir höllisch auf den Geist, wenn Menschen meinen, ich sei ihnen gegenüber verpflichtet, mich regelmäßig zu melden, müsse ständig verfügbar sein, müsse Gemeinschaft genießen, wenn ich lieber allein sein will usw. - das fühlt sich für mich an, als würde man mir die Luft abdrehen - wenn das "Angst" im pathologischen Sinn sein soll, je nun, dann soll's so sein. Mehr und mehr komme ich dahinter, daß gerne behauptet wird, man sei in irgend einer Form "gestört", nur weil man gängigen Erwartungen nicht entsprechen will. Mir fällt da ein Zitat von Rosa von Praunheim ein, das in abgewandelter Form hier ganz passend ist: "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Gesellschaft, in der er lebt".

Jau. Nicht der Beziehungsunwillige ist krank, sondern die Gesellschaft, in der er lebt.
 
Ich finde auch das die Gesellschaft hier einfach festlegt ob jemand krank ist, was ich sehr verurteile.

In meinem Bekanntenkreis gibt es einen sogenannte Einsiedler. Der braucht wirklich nur sich und ned die Gesellschaft anderer Menschen. So wie ich ihn erlebe, glaube ich nicht das er gestört ist. Er meint immer, dass er genug mit sich zu tun hat und es spannend findet mit sich alleine zu sein, es wäre für ihn die lange Reise zu sich selbst.

Ich nehme ihm das ab, da er absolut klar und zufrieden wirkt. Er argumentiert wie fritzie ich hab schlicht keinen Bock, mich den Ansprüchen anderer, die sich mir als "nahe" bezeichnen, auszusetzen, es geht mir höllisch auf den Geist, wenn Menschen meinen, ich sei ihnen gegenüber verpflichtet, mich regelmäßig zu melden, ständig müsse ständig verfügbar sein, müsse Gemeinschaft genießen, wenn ich lieber allein sein will usw. - das fühlt sich für mich an, als würde man mir die Luft abdrehen -
 
Liebe Mylene,

kennst Du mich?!? :fragezeichen:
Spaß bei Seite, die Beschreibung von Deinem Bekannter trifft 100% auf mich zu! Kannst mich mit ihm verkuppeln? :mrgreen:

Liebe Grüße,
RR
 
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