Es erfüllt mich wahrlich mit Stolz und beruhigt meine schwarze Seele, wenn ich hier die letzten Postings lese. In solch einer moralisch gefestigten Welt, die solche steten Bürger trägt, kann ja wahrlich nix mehr schiefgehen. Da fallen auch die Wattebäuschchen nicht mehr ins Gewicht!

- ist schon Scheiße, wenn man weiß, daß man selbst nicht doppelmoralisch handelt, das bei anderen aber sieht und darüber diskutieren will und andere scheinbar dann noch "moralischer" reagieren als man selbst sich fühlen will, wa?
Splitter und Balken liegen zuhauf herum und warten boshafterweise darauf, ins Aug zu stechen.
Die meisten, wenn nicht sogar alle, handeln nach irgend einer für sie mehr oder weniger stimmigen "Moral", es gibt kaum was flexibleres als "Moral" und gleichen sie mit der der anderen ab, daran ist nix Ungewöhnliches. Genauso wenig die Befriedigung, sich selbst "moralischer" zu finden als die anderen und den Ärger, wenn andere sich "moralischer" gebärden als man selbst.
Dabei spielt's gar keine so große Rolle, man müßte sich weder über andere erheben noch sich drüber aufregen, wenn jemand scheinbar
noch "moralischer" fühlt und handelt als man selbst, so lang man sich nur über die eigenen Wertvorstellungen klar ist und sich damit gut fühlt. Die zu entwickeln ist eine ziemlich dynamische Angelegenheit, wenn man einigermaßen im Leben steht und sich nicht damit zufrieden geben will, unhinterfragt nach von klein auf vorgegebenen Geboten und Werten zu leben.
Tun tatsächlich die wenigsten, der Mensch ist halt nun mal kein Schaf, auch wenn oft diesen Eindruck haben könnte.
Ich muß oft an den Jesuitenpater denken, zu dem ich vor meinem halben Leben eine Weile zu seelsorgerlichen Gesprächen gegangen bin. Dem hab ich damals irgendwann ziemlich pampig hingerotzt, daß ich drauf pfeife, was er oder seine Kirche davon halten, wenn ich mich durch die Gegend vögle. Und seine Antwort damals war einfach: "Kannst du ja machen, wenn es dich satt macht, du kannst alles machen, Hautsache, du machst das, was du
wirklich willst".
Gar nicht so leicht, das umzusetzen.
Du hast hier eine Diskussion über "moralische Anpassungsfähigkeit" gestartet, Morathi. Du handelst so, wie's für dich stimmig scheint, ne? Die Typen, die bei dir den Saulus rauslassen, spielen zu Haus mit der eigenen Frau den Paulus und erklären, daß sie diese Freizügigkeit für ihre Frau nicht akzeptieren könnten. Du wertest das als Doppelmoral.
Ich sehe die Doppelmoral vor allem darin, daß darin AUCH was unausgesprochenes mitgesagt wird, nämlich: DU bist gut genug zum Ficken, die Meßlatte, die diese Typen für dich anlegen in Bezug auf Respekt und "moralischem Anspruch" ist niedriger als der, den sie für ihre Frauen anlegen. Und: diese Respektlosigkeit kommt von Typen, die selbst so unverschämt sind, sich nicht nach den Ansprüchen, die sie an ihre Frauen stellen, zu richten, ne? Im Grunde werten sie dich - gemessen an der Werteskala, die sie für ihre Frauen anlegen - ab.
Müßte dich nicht tangieren; wenn du dir in deinen eigenen Maßstäben ganz sicher wärest, zumal du ja eh weißt, wie schief DEREN "Moral" ist.
Weil's dich aber doch tangiert - andernfalls würdest du dieses Thema ja nicht eröffnet haben - scheint irgendwas in dir ja nicht ganz zufrieden zu sein. Und damit komme ich schon wieder zum Schluß:
a) "moralische" Werte taugen im Zusammenleben nur dann, wenn man sich über sie einig ist - dann kann man sich über Einhaltung / Abweichungen die Köppe einschlagen.
b) sie müssen sich in erster Linie für einen selbst gut und stimmig anfühlen, sie sind wichtig und vor allem sind sie ein Weg zu sich selbst, nicht ein statisches Regelwerk (Erkenntnis aus meiner eigenen Suppenküche) und
c) es ist ziemlich wurscht, ob andere dieselben moralischen Werte haben. Genau genommen tut die Welt und die Leute darin sowieso, was sie wollen, ob man sich darüber nun 'nen "Moralischen" macht oder nicht.
Wichtig ist für mich nur, daß ich mich mit Leuten umgebe, mit denen ich mich wohlfühlen kann, und welche Kriterien dafür notwendig sind bestimmt jeder für sich selbst.