Fragst du das jetzt wirklich im Ernst? Hast du keine Eltern oder Großeltern, die dir etwas über diese Zeit erzählen konnten? Viele Väter waren in der Kriegsgefangenschaft. Die waren froh, wenn sie lebendig nach Hause gekommen sind. Derweilen haben die Ehefrauen den Ziegelschutt der Bombenruinen zusammen geräumt und die Ziegel sortiert, damit wieder gebaut werden konnte. Du wärst in der Zeit mit deiner Einstellung verhungert. Die hatten Anderes im Kopf als den Krieg fort zu setzen. Wär eh nicht möglich gewesen. Aber sie haben dafür gesorgt, dass es dir heute gut geht. Ohne diese Menschen gäbe es den Sozialstaat nicht, von dem du offenbar lebst.
Ein Onkel (Bruder meiner Mutter) hatte sich als deutscher Offizier (nicht SS, Pioniere ... er hatte die Schule in Mödling / Bautechnik gemacht) bis in seinen Heimatort Pottenstein durchgeschlagen. Seine Schwiegereltern haben ihn in einer Waldhütte versteckt. Pottenstein war der einzige Ort in Österreich mit einem kommunistischen Bürgermeister. Mitbürger haben den Russen gesagt: wir wissen, wo sich ein deutscher Offizier versteckt. Er war der Lieblingssohn meiner Großmutter. Man hat ihr gesagt, dass er nicht wieder kommen wird. Sie hat bis zu ihrem Tod auf ihn gewartet.
Wir lebten im Dreizehnten und der war zum Glück englische Besatzungszone. Aber aus den russisch besetzten Bezirken hat man schlimme Dinge vernommen. Und es war nicht ganz ungefährlich, wenn man die Russenzone aufgesucht hatte. Besonders dann, wenn man eine "wichtige" Person war. Die Geschichte der
Margarete Ottillinger dürfe ja zumindes denen bekannt sein, die ihr Wissen nicht nur aus den sozialen Medien beziehen. Sie wurde von den Russen verschleppt (so hat man damals gesagt, wenn jemand gegen seinen Willen in die Sowjetunion verbracht worden ist), weil den Sowjets ihre kompetente Arbeit im Wirtschaftsministerium nicht gepasst hat.