Ja, würde ich. Der Mehrheitsentscheid ist die Berechtigung.
Ist er nicht. Die bei den Völkerrechtlern vorherrschende Meinung ist, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker nicht so ausgelegt werden kann, dass das Recht auf Sezession automatisch einer jeden Minderheit zusteht, wenn sie (aufgehetzt von radikalen Separatisten oder vom großen Nachbarn) einfach darüber abstimmt. Manche Völkerrechtler vertreten die Ansicht, dass einer
diskriminierten Minderheit, deren Menschenrechte
massiv verletzt werden und die vom Prozess der politischen Willensbildung ausgeschlossen ist, ein Recht auf Sezession einzuräumen ist. Umgelegt auf die Krim stellt sich jetzt die Frage, wodurch denn die ethnischen Russen diskriminiert worden sind. Wodurch wurden ihre Menschenrechte massiv verletzt? Oder wurden sie gar von der politischen Willensbildung ausgeschlossen? (kleiner Hinweis: die Krim hat innerhalb der Ukraine einen Autonomie - Status).
Wenn du jetzt meinst, dass dann die Sezession Sloweniens und in der Folge auch die der anderen Republiken ebenso völkerrechtswidrig war, dann solltest du zuvor einen kurzen Blick in die Verfassung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien werfen.
Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (1963–1992)
Unter Tito
1974 wurden die Provinzen Vojvodina und Kosovo in einer neuen Verfassung zu autonomen Provinzen innerhalb Serbiens erklärt (Artikel 2). De facto wurden die Provinzen dadurch informell zu Republiken aufgewertet, die Serbien nur formell unterstanden. Doch wurde ihnen im Gegensatz zu Republiken kein Recht auf Selbstbestimmung (einschließlich des Rechts auf Sezession) eingeräumt. So bestand die SFRJ aus sechs Teilrepubliken (Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Slowenien) und zwei Autonomen Provinzen innerhalb Serbiens (Kosovo, Vojvodina).
Slowenien, Kroatien, Mazedonien und auch Bosnien hatten also das Recht auf Austritt aus dem Jugoslawischen Staatsverband. Die Bundesregierung wollte das mit Hilfe der Bundesarmee verhindern, der weitere Ablauf der Ereignisse ist ja bekannt.
Aber was ist mit dem Kosovo? Diese Provinz hatte zwar wesentliche Autonomierechte, aber da sie nicht den Status einer Republik hatte, war ihr eine Sezession nicht gestattet. Um die Vorgänge in dieser mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Provinz zu verstehen, muss man in der Geschichte etwas weiter zurück gehen. Die Serben wurden in der Schlacht auf dem Amselfeld von den Osmanen vernichtend geschlagen. In der Folge wurde das Gebiet des Kosiovo überwiegend von islamisierten Albanern besiedelt, Serben bildeten eine Minderheit. Erst nach dem Ersten Balkankrieg 1912 wurde der Kosovo weitgehend Serbien zugeschlagen. Im Zweiten Weltkrieg war der Kosovo bei Albanien und kam nach der Niederlage der Achsenmächte wieder zu Titos Jugoslawien. Der Kosovo war eine Provinz der Teilrepublik Serbien, hatte aber von Beginn an Autonomierechte, die von Tito 1974 massiv erweitert wurden. Nun hatte der Kosovo nahezu die Unabhängigkeit einer Teilrepublik, ausgenommen das Sezessionsrecht.
Nach dem Tode von Tito riss Slobodan Milošević im September 1987 die Macht in Serbien an sich (Sturz des damaligen serbischen Präsidenten Ivan Stambolić) und betrieb in der Folge eine extrem serbisch - nationalistische Politik. Am 28. Juni 1989 hielt Milošević die “Amselfeld-Rede“, anlässlich des 600. Jahrestags der Schlacht auf dem Amselfeld. Mit dieser Brandrede heizte er den serbischen Nationalismus weiter an. Es kam zu Ausschreitungen und Unruhen.
Doch das war dem nationalistischen Hetzer Milošević noch nicht genug ........
Ab 1990 wurde der autonome Status Kosovos beinahe gänzlich aufgehoben und die kosovo-albanische Bevölkerung zunehmend diskrimminiert, beispielsweise durch die Einschränkung der Pressefreiheit, dem Verbot des Verkaufs oder des Vermietens von in serbischem Besitz stehenden Grundstücken an Kosovo-Albaner oder mit einem Gesetz vom 17. Juli 1991, welches den öffentlichen Gebrauch der albanischen Sprache im Kosovo verunmöglichte (Quelle: “Kosovo Spring“, International Crisis Group, 20.03.1998, p.4).
Man kann also schwerlich behaupten, dass den Kosovaren ab diesem Zeitpunkt angemessenen Minderheitenrechte eingeräumt waren. Vielmehr wurden sie massiv diskriminiert. All das kann von den Russen auf der Krim nicht gesagt werden.