A. Schnitzler
Dieses Zitat ist mir heute untergekommen und hat mich dazu inspiriert, Eure Meinung dazu zu erfragen.
Darüberhinaus wirft es auch angesichts anderer Threads verschiedene Fragen auf, wie:
Ist Abstandhalten ein größerer Garant, die Liebe (und auch den Sex) zu erhalten ?
Ist ein harmonischer Alltag unvereinbar mit dauerhaft aufregendem Sex?
Ist die " Gewöhnung" die Formel für "eingeschlafene Gefühle".
Kann es eine dauerhafte " Verliebtheit" sprich "Sex wie in der Anfangszeit" überhaupt geben ?
Offenbar sind Themen wie diese den Menschen immanent , wenn sich auch schon Schnitzler vor mehr als 100 Jahren damit beschäftigte
Schnitzler und seine "süssen Mädeln" ...
1. Ich glaube nicht, dass Abstandhalten irgendetwas garantiert. Ob man sich die Liebe erhalten kann, bzw. es schafft, die erste Verliebtheit in eine dauerhafte Liebe umzuwandeln, hängt meiner Meinung nach nicht von der räumlichen Distanz zueinander ab. Zu unwägbar sind die Randfaktoren. Wenn man sich längere Zeit nicht sieht, steigt auf der einen Seite die Sehnsucht nach einander, andererseits sehe ich auch die Gefahr der Gewöhnung ans Allein sein, und das würde der gesteigerten Lust aufeinander wohl irgendwann mal abträglich sein.
2. Der Sex ist dann aufregend, wenn er neu ist. Neuer Partner, neue Gefühle, neue Lust. Im Laufe der Beziehung entscheidet man dann gemeinsam, "was geht", und erklärt das zum Tabu, was gemeinsam nicht geht. Das, was übrig bleibt, ist der Rest, und das ist dann der gemeinsame Sex nach Jahren des Zusammenlebens (dieser Gedankengang ist nicht von mir, sondern von einem amerikanischen Sexualtherapeuten - David Schnarch - , aber ... ja, ich kann damit was anfangen). Daher wirds nach einigen Jahren automatisch "fad", wenn man nichts dagegen tut und versucht, an seinen Grenzen kräftig zu rütteln und sich weiter zu entwickeln.
3. Die Gewöhnung ist eben der oben beschriebene Vorgang, in der Beziehung über die Zeit zu entscheiden, welche Arten sexueller Betätigung im gemeinsamen Bereich der Möglichkeiten liegen. Jeder geht Kompromisse zugunsten der Beziehung ein und verzichtet auf irgendwas. Aber deswegen sind diese unausgelebten Bedürfnisse ja nicht raus aus dem Kopf. Trotzdem siegt dann der Frontallappen, und man unterdrückt seine Bedürfnisse, was wiederum im Einschlafen der übrigen Gefühle mündet, weil man diese ja dann nicht mehr zulässt.
4. Ich möchte hier Sex und Verliebtheit auseinander halten. In der ersten Verliebtheit kommt man aus dem Bett eh nicht raus
da stimmt beim Sex einfach alles. Im Laufe der Zeit gewöhnt man sich nicht nur aneinander, sondern auch an den gemeinsamen Sex, und Gewöhnung geht immer einher mit sich einschleichender Langeweile.
Ich glaube schon, dass man dran arbeiten kann, das Feuer der ersten Verliebtheit zu erhalten, auch wenn das auf lange Sicht wahrscheinlich nicht gelingen wird. Räumliche Trennung kann ein Weg dazu sein, einfach deswegen, weil das Objekt der Begierde eben nicht sofort und jederzeit frei verfügbar und willig ist. Dem gegenüber steht die zunehmende Tendenz, sich dann kurzfristig anderweitig Erleichterung zu suchen, was dem Aufbau einer dauerhaften Beziehung nur dann nicht abträglich ist, wenn man sich das vorher sehr gut anschaut und gemeinsam ausmacht, dass das auch OK ist. Die Lust am Sex besteht zu einer gehörigen Portion aus Spannung, und Spannung ist genau das Gegenteil eines harmonische Alltags. In diesem Spannungsfeld zwischen Harmonie und Spannung, zwischen Nähe und Distanz die richtige Balance zu finden, ist sicher ein schwieriger Prozess. Gewohnheit ist bestimmt der erotischen Spannung abträglich und insofern hat Schnitzler nicht ganz unrecht, obwohl er es heute wohl anders formulieren würde