Obendrein gibt es von der Goethe Universität eine interessante Arbeit zu diesem Thema , welche zu dem Ergebnis kommt, dass alle nennenswerten Hyperinflationen des 20 Jahrhunderts weniger auf einen unkontrollierten Anstieg der Geldmenge zurückzuführen sind, sondern vielmehr auf eine Abwertung des Außenwertes der eigenen Landeswährung. In allen Fällen war es den Notenbanken auf Grund einer Aushöhlung der Bilanz und damit einhergehend fehlendem Eigenkapital nicht möglich den Außenwert der eigenen Währung gegenüber den Fremdwährungen zu verteidigen.
Hier wird Ursache und Wirkung verwechselt, auch wenn die Arbeit von einer Universität stammt. Nichts Neues, dass speziell im Bereich der Ökonomie eigentlich ein jeder Denkfehler als wissenschaftlich korrekt bestätigt werden kann.
Eine Währung kommt ja nicht aus heiterem Himmel unter Druck. Die Reihenfolge ist wie folgt:
Schritt 1: Eine Volkswirtschaft hat Probleme. Geld ist nun einmal der mit am wenigsten Widerstand verbundene Weg, wirtschaftliche Probleme zu lösen. Hat man keines, dann muss halt die Geldmenge erhöht werden, was wie eine Droge ist. Jedes Mal mehr. Man tröstet sich mit dem Argument, „es steigt ja eh nur M0“. Irgendwann steigt nicht nur M0, sondern die erhöhte Geldmenge schwappt auf M3 über. Keine Panik, Hyperinflation kommt nicht von heute auf morgen und wenn man auch vor einer solchen noch weit entfernt ist, so ist man vor schleichende Inflation doch nicht gefeit.
Schritt 2: Inflation, auch wenn sie nur schleichend ist, ist nicht vertrauensbildend. Die lokale Währung kommt langsam, aber sicher unter Druck. Anfangs gelingt es noch der Nationalbank, sich dagegen zu stemmen, doch nach und nach kommt es zu der von Dir erwähnten Aushöhlung der Bilanz, weil aufgrund des fehlenden Eigenkapitals es immer schwieriger wird, den Außenwert der eigenen Währung gegenüber den Fremdwährungen zu verteidigen. Die Einzigen, die sich darüber freuen, sind die Exporteure.
Schritt Nummer 3: Das internationale Misstrauen und die Interessen der Exporteure üben weiteren Druck auf die Währung aus, die Nationalbank hat ihr Pulver verschossen, die Abwertung der Lokalwährung schreitet voran, Importe werden immer teurer, die Abwertungs-Inflationsspirale beginnt sich immer rascher zu drehen.
Also: am Anfang steht meist sehr wohl eine unkontrollierte Geldmengenerhöhung, welche dann eine Abwertungs-Inflationsspirale in Gang setzt und nicht umgekehrt.
Genauso wie Hyperinflation nicht von heute auf morgen kommt, genauso schwer ist es, sich ihrer dann wieder zu entledigen. Oder bildlich gesprochen: Auf ein großes, tonnenschweres Tor muss schon sehr großer Druck ausgeübt werden, bis es in Bewegung gerät. Aber einmal in Bewegung, ist es sehr schwer, es wieder zu stoppen oder gar eine Richtungsänderung herbeizuführen. Deswegen ist bei Geldmengenausweitung äußerst behutsam vorzugehen, auch wenn zurzeit die Gefahr vor einer Hyperinflation unbegründet ist.
Die Bilanz des Eurosystems mag, wenn man beispielsweise eine Schieflage des italienischen Bankensektors auf Grund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie unterstellen würde, etwas im Risiko stehen, von einem Verlust der Solvenz ist dieses aber noch ein Stück weit entfernt.
Warum sind die Italiener auf unsere Geschenke angewiesen, wenn sie so weit vom Verlust der Solvenz entfernt sind?
Und so nebenbei, wir hatten in den 70er und 80er weit höhere Inflationsraten, sprich Geldentwertung, als heute, bei teilweise ebenso negativem, realen Geldzins.
Die negative Realverzinsung der 70 und 80er ist etwas differenzierter zu sehen. In einem früheren Posting führte ich aus:
Bezieht man sich auf den offiziell publizierten Eckzinssatz, dann stimmt Deine Aussage. Nur wie so oft im Leben, der Teufel steckt im Detail.
Nehmen wir als Beispiel das Jahr 1981. Laut Deiner Skizze herrschte ein negative Realverzinsung von 2%. Die Inflation lag bei 6,8%.
Man musste damals gar kein geschickter Verhandler sein. Man brauchte lediglich zum Schalter einer Bank gehen (den gab es damals noch) und eine Verzinsung von 2 bis 3 Prozentpunkten über dem Eckzinssatz verlangen, die anstandslos gewährt wurde. Somit hatte man die Inflation abgedeckt. Um eine positive Realverzinsung zu erzielen, zeichnete man eine 10% Anleihe.
Und wer sich mit dieser positiven, wenn auch nicht allzu üppigen Realverzinsung nicht zufriedengab, dem standen noch immer, so wie heute, Aktien offen.
Also: nur in Tabellen zu stöbern, ohne einen Bezug zur Praxis herzustellen, führt oft zu falschen Ergebnissen!
Lieber lepetitprince, solltest Du die Befürchtung hegen, Dir mit einer eventuellen Replik „etwas einzutreten“, so musst Du nicht antworten. Deine Reaktionen sind immer willkommen, doch habe ich vollstes Verständnis, wenn Du über meine Ausführungen still und schweigend nachdenkst. Wie gesagt, es liegt mir fern, der Verursacher dafür zu sein , dass Du Dir etwas „eintrittst“.