Wie lange hält der Staat (in dem Fall ausnahmsweise "wir") die staatlichen Hilfen im zweistelligen Milliardenbereich durch? Was denkt Ihr?

Für die zukünftige Finanzierung der Staaten tun sich längst alternative Möglichkeiten auf:


Das Geldsystem, wie wir es kennen und unter dem wir aufgewachsen sind ("Weltspartag", "Zinsen" ... :haha:) ist hinfällig und wird in den nächsten Jahren entsorgt werden.

Ohne jetzt dieses Konvolut gelesen zu haben, digitales Zentralbankgeld ist in seiner ursprünglichen Form nichts anderes als ein Substitut für einen Teil von bereits bestehendem Zentralbankgeld, nämlich Bargeld. Das hat mit alternativen Finanzierungsformen oder gar Staatsfinazierung einmal gar nichts zu tun. Dazu müsste man das Zentralbankgeld in Form eines Vollgeldes ausgestalten. Dieses Experiment will niemand gehen, die Schweizer haben diesem Hirngespinst erst kürzlich eine Absage erteilt.
 
War aber ziemlich knapp die Volksbefragung oder?

Ich glaube so an die 70/80 % waren dagegen, ob man das als knapp bezeichnen mag, muss jeder für sich entscheiden.

War nicht Friedrich Hayek bzw. ist die österr. Schule nicht auch ein Befürworter von Vollgeld

Kann ich mir nur schwer vorstellen, weil ein staatliches Vollgeld dem Individualismus und Liberalismus der Österreichischen Nationalökonomie, deren Anhänger Hayek doch war, widersprechen würde. Aber möglich, dass er das einmal in seinen jungen Jahren, als er sich noch für sozialistische und planwirtschaftliche Gedankenspiele begeistert hat, irgendwo thematisiert hat.
Eigentlich gilt Hayek als Anhänger eines Free Banking Systems, wonach es keinerlei Zentralbanken und auch kein staatliches Währungsmonopol gibt. Jede Bank kann demnach ihre eigene Währung auflegen, welche dann untereinander in Konkurrenz stehen....einfach erklärt.
 
Ich wusste den Ausgang der Befragung nicht.
Mal anders gefragt.
Wie würde sich ein Vollgeldsystem auswirken???
Die Banken könnten ja auch weniger Kredite vergeben?
Bzw. würde es dann wieder Zinsen geben?
Die Banken bräuchten ja wesentlich mehr Geld zur Deckung und das müsste ja irgendwo herkommen.
Einerseits ev. v. der EZB andererseits ev. auch als Sicht und Spareinlagen von uns Kunden oder sehe ich das falsch?

BTW. Hayek wollte keine Zentralbanken und kein staatliche Währungsmonopol, also war er sozusagen ein früher Vorreiter von Bitcoin und Kryptos:mrgreen::mrgreen::mrgreen:
 
Ich wusste den Ausgang der Befragung nicht.
Mal anders gefragt.
Wie würde sich ein Vollgeldsystem auswirken???
Die Banken könnten ja auch weniger Kredite vergeben?
Bzw. würde es dann wieder Zinsen geben?
Die Banken bräuchten ja wesentlich mehr Geld zur Deckung und das müsste ja irgendwo herkommen.
Einerseits ev. v. der EZB andererseits ev. auch als Sicht und Spareinlagen von uns Kunden oder sehe ich das falsch?

BTW. Hayek wollte keine Zentralbanken und kein staatliche Währungsmonopol, also war er sozusagen ein früher Vorreiter von Bitcoin und Kryptos:mrgreen::mrgreen::mrgreen:

Ich glaube, so wirklich zu Ende gedacht, hat das bis jetzt niemand.
Eines der Hauptmerkmale eines Vollgeldsystems wäre, dass die Kundeneinlagen aus der Bankbilanz komplett herausgelöst wären - sprich kein Fremdkapital mehr darstellen - und einfach treuhänderisch von den Banken verwaltet werden. Zinsen sind dann selbstverständlich endgültig Geschichte. Banken würden vermutlich mehr die Rolle eines Vermögensverwalters einnehmen und je nach Auftrag die Kundengelder anlegen, das volle Risiko für den Kunden inklusive.
Kredite könnten die Geschäftsbanken nur mit Geld vergeben werden, welches sie sich bei der Zentralbank ausgeliehen bzw. über den Kapitalmarkt aufgenommen hätten.
Zweitens - und das ist vermutlich der wichtigste Unterschied zum jetzigen Reservesystem - würde die Geldschöpfung vollständig von den Geschäftsbanken zur Zentralbank wandern. Diese hätte quasi das alleinige Geldschöpfungsmonopol. Die staatliche Einflußnahme würde wohl zunehmen. Obendrein hat sich schon im Monetarismus gezeigt, dass es schwierig ist, eine Geldmenge zentral zu steuern. Geschäftsbanken können viel flexibler auf die Kreditnachfrage des Marktes reagieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mit Zinsen verdienen nur mehr Banken von den Negeranten. Zinsen für Kapital Privater hat sich in der Praxis überlebt.
 
Wie würde sich ein Vollgeldsystem auswirken???

Erstmal deflationär! Weshalb man es zu unseren Lebzeiten sicher nicht einführen wird. :)

Ein Kreditgeldsystem stellt einen Zyklus dar (deshalb heisst es auch "Kreditzyklus"). Ein Kreditgeldsystem hat immer ein Ablaufdatum, welches allerdings die Unbekannte in der Gleichung darstellt. Wir (alle Länder mit Währungen, die an den Dollar gekoppelt sind) befinden uns gerade am Ende eines solchen Zyklus. Weil man den Zins (in einem geschlossenen System) nie erwirtschaften kann, erhöht sich die Geldmenge bei Fälligkeit immer um den Zinsbetrag. Dieser Mechanismus gleicht einem exponentiellen Verlauf. Unsere Politiker/Zentralbanken versuchen verzweifelt, diesem Schicksal, welches jedem Schuldgeld droht (nämlich die Implosion inkl. ärgster gesellschaftlicher und sozialer Verwerfungen) durch allerlei Maßnahmen hinauszuschieben.

Nullzins und Minuszins (Strafzins) z.B.! Bisher ist es ihnen gelungen, den Supergau des Finanzsystems zu verhindern, das muss man wohlwollend anerkennen. Die Verwerfungen in Wirtschaft und Gesellschaft werden dabei allerdings immer größer. Z. B. muss sich das alte, satte Europa bereits "Jugend" und "Konsum" importieren, damit die Nachfrage nach Kredit nicht zusammenbricht. Übrigens mit ein Grund für die Begeisterung der Politik, was Migration betrifft. Oder die "Energie-Wende"! Auch so ein verzweifelter Versuch, Nachfrage zu generieren. Achja, Corona, oder besser, die Milliarden Hilfspakete, z. B. an das marode Italien, dienen auch nur diesem einen Zweck, uns Zeit zu verschaffen bis das Unvermeidliche dann doch irgendwann einmal eintritt.

;)

p.s: übrigens ein überaus "unerotisches" Thema, deshalb: Vorsicht! :)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Es kommen Nullzinsen und beliebig hohe Schuldaufnahmen. Leider wird dadurch das Geld inflationiert aber ein Crash wird vermieden werden.
Die Reichen werden dadurch noch reicher und der Mittelstand wird verarmen. Das sind dann die, die immer wenn es der Elite lustig ist, mit Masken herumrennen müssen und wenn sie nicht brav sind, Ausgangssperre oder vorverlegte Sperrstunden bekommen. Dafür dürfen sie sich moralisch überlegen fühlen und unsereins Covidioten nennen........
 
Weil man den Zins (in einem geschlossenen System) nie erwirtschaften kann

Das ist schon ein ziemlicher Unsinn. Das würde ja bedeuten, dass die Kapitalkosten nicht gedeckt werden könnten und in weiterer Folge Zahlungsverbindlichkeiten reihenweise aussetzen würden. Nichts von dem ist der Fall.
Du übersiehst in deiner simplifizierten Sicht der Dinge das nominale und/oder reale Wirtschaftswachstum. Daraus lassen sich die expliziten Kapitalkosten bedienen.
Geldmengenausweitung alleine erzwingt noch kein Wachstum, ermöglicht es aber. Bleibt reales Wachstum aus, folgt Inflation. Umgekehrt induziert Wachstum aber eine Geldmengenausweitung.

Erstmal deflationär!

Warum sollte ein Vollgeld deflationär wirken. Abgesehen von einer Änderung des Kreditkanals durch Verlagerung der Geldschöpfung hin zu den Zentralbanken bleiben die anderen Transmissionskanäle einmal unverändert. Auch bei einem Vollgeldsystem muss zunächst einmal weiterhin Geld von außen in Form von Kredit dem Wirtschaftssystem zugeführt werden, um reales Wirtschaftswachstum zu generieren. Warum das also deflationär wirken soll, bleibt vermutlich nicht nur mir verschlossen.
Zwar lässt sich hypothetisch auch ein Wachstum bei konstanter Geldmenge denken, nämlich durch steigende Produktivität und geringere Preise und/oder gesteigerte Zirkulation des vorhandenen Geldes. Dazu braucht es aber grundsätzlich kein Vollgeld, das wäre in einem Reservegeldsystem zumindest theoretisch ebenso machbar.
 
Die von dir verlinkte Grafik auf Seite 36 (zumal diese ohnehin etwas problematisch in ihrer Aussagekraft ist, weil in Dollar gewählt, aber egal ich will dich keinesfalls auch noch mit Wechselkursen überfordern) zeigt, dass die Geldmenge M1, also jene Geldmenge, die Geld nach allgemeiner Definition am nächsten kommt, während der kompletten Phase der auf Seite 32 dargestellten Inflation nahezu konstant bleibt. Das Geldmengenaggregat M3 verweilt bis etwa Juli 1988 auf einem konstanten Niveau, sogar mit leicht fallender Tendenz, wogegen die auf Seite 32 dargestellte Inflation bereits 1987 anzusteigen beginnt. Schon im Jahr 1986 lag die Inflation auf das Jahr hochgerechnet auf hohem Niveau nahe 100%, in den Jahren '87 und inbesondere '88 bereits bei meheren hundert Prozent und das wohlgemerkt bei einer konstanten bzw. tendenziell sogar fallenden Geldmenge M2/M3!!!
Grundsätzlich zeigen die verlinkten Grafiken ganz klar, dass die Geldmenge auf die steigende Inflation reagiert und nicht umgekehrt, im Grunde ein Paradebeispiel dafür, dass die (Hyper)Inflation, wie von mir bereits in andren Beiträgen dargelegt, ausschließlich einer Veränderung des Außenwertes der Landeswährung geschuldet ist und keinerlei Korrelation zur Geldmenge besteht.

Da stimme ich zu. Wenn man sich die beiden Grafiken aus dem spanischen Artikel :dead: ansieht, scheint eine Korrelation zwischen Geldmenge und Inflation wenig plausibel. Eine nicht einmal doppelte Geldmenge soll eine Verdreißigfachung des Güterpreisniveaus bewirken? Das wirkt nicht ganz stimmig. Also ist Inflation doch nur eine Frage des Lohnniveaus?
 
Nur weiter so, der Widerspruch-Thread wurde soeben vom Mitarbeiter Tom geschlossen wegen geringer Relevanz zum Ausgangsthema...
 
Also ist Inflation doch nur eine Frage des Lohnniveaus?

So einfach ist es dann doch nicht. Die Gründe sind wie so oft in der Ökonomie selten monokausal.
Bereits eine im Jahre 1993 mit Hilfe von Regressionsmodellen von dem Wirtschaftsmathematiker Jürgen Stiefl durchgeführte empirische Untersuchung kam kurz zusammengefasst zu folgendem Ergebnis:

- Den größten Einfluss auf die damaligen Inflationsraten Argentiniens hatten die Inflationsraten der Vorperioden, das entspricht der Trägheitskomponente, der „Beharrungsinflation durch Indexierung“.​
Wegen der hohen Inflation aus dem Jahre 76 wurde in dieser Zeit die Indexierung von Verträgen, besonders Arbeitsverträgen, allgemeine Praxis. Dies führte zu der beschriebenen Beharrungsinflation über ein steigendes Lohnniveau.​
- Ebenfalls hoch signifikant ist der Einfluss der externen Komponente auf die Inflationsrate, die Inflationsentwicklung ist also „nicht nur hausgemacht“.​
- Ebenfalls hatte die wachsende Auslandsverschuldung einen gewissen Einfluss auf die Inflationsrate, was den Wechselkurs unter Druck geraten ließ.​
- Alle übrigen möglichen Inflationskomponenten zeigten keinen signifikanten Einfluss.​

Quelle: Inflation und Stabilisierung lateinamerikanischer Schwellenländer: eine makroökonomische Analyse anhand von Argentinien

Eine relativ neue empirische Analyse der vergangenen Hyperinflationen des 20 Jahrhunderts, insbesondere jener von Deutschland aus dem Jahre 1923 und jener Argentiniens aus dem Jahre 1989/90, von der Goethe Universität, kommt zu dem Ergebnis, dass bei keiner Hyperinflation die exzessive Geldmengenausweitung das auslösende Momentum war. Vielmehr führte die abnehmende Fähigkeit der Notenbank, den Wechselkurs ihrer eigenen Währung gegenüber Leitwährungen stabil zu halten zu ansteigenden Güterpreisen. So heißt es unter anderem darin wörtlich:

The German hyperinflation, believed to represent the principal witness to confirm the quantity theory, instead overturns and gives king’s evidence (“key witnesses evidence”) for a complete falsification of the quantity theory. With the help of concrete historical documents and new (or differently presented) data, I show for the entire time period that the quantity of money was only a misconceived concomitant or accompanying symptom. The quantity of money was never a causal factor for inflation ....................
......Hence, it was the issuance of unbacked money that deteriorated the solvency of the centralbank and thereby the exchange rate. The devaluation of the exchange rate, in turn, pulled the price level with it. There is simply not a singe time period where the data or the historical documents support the quantity theory hypothesis, namely, that the increased money supply caused inflation via an increased demand on goodsmarkets. On the contrary, the price level always reacted to the exchange rate.

Quelle: The Case Against the Quantity Theory: Hyperinflations as Central Bank Insolvencies


Die monetaristische Inflationstheorie, welche einen einfachen monokausalen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation unterstellt, gilt heute großteils als widerlegt. Nur ein paar erkenntnisresistente Altmonetaristen halten daran noch fest.

Natürlich wird man noch ältere Arbeiten finden, die insbesondere monetäre Ursachen für eine Hyperinflation zu Grunde legen, aber zum Glück gibt es auch in der Ökonomie einen laufenden Erkenntnisgewinn, welcher alte Theorien über den Haufen wirft.
Nur besonders unintelligente Menschen halten an überholtem Wissen fest.

Jährliche Wachstumsrate von M3 und HVPI (3).png

Eine Grafik der OeNB verdeutlicht ebenfalls recht schön die fehlende Korrelation zwischen Geldmenge und Inflation.
So heißt es in der Analyse:

Von 2001 bis 2003 wurden ungewöhnlich hohe Wachstumsraten zwischen 7 % und 8 % verzeichnet. Auf Basis der internen Bewertung der monetären Trendentwicklung durch die EZB – und nach Bereinigung um den geschätzten M3-Anteil von Ansässigen außerhalb des Euroraums sowie Berichtigungen aufgrund temporärer Portfolioum-schichtungen – wurde allerdings geurteilt, dass die hohen M3-Wachstumsraten mittel- bis langfristig nicht auf Inflationsdruck hindeuten (Fischer et al., 2007, S. 29).

Interessantes Detail am Rande. Bereits in den 80er und 90er Jahren war zeitweise eine Geldmengenausweitung von 8-10% zu verzeichnen....und das ganz ohne böse EZB und Mario Draghi.
 
Du kannst nicht einmal deine eigenen Quellenangaben richtig lesen und interpretieren. Die von dir verlinkte Grafik auf Seite 36 (zumal diese ohnehin etwas problematisch in ihrer Aussagekraft ist, weil in Dollar gewählt, aber egal ich will dich keinesfalls auch noch mit Wechselkursen überfordern) zeigt, dass die Geldmenge M1, also jene Geldmenge, die Geld nach allgemeiner Definition am nächsten kommt, während der kompletten Phase der auf Seite 32 dargestellten Inflation nahezu konstant bleibt.
Wir sind uns ja einig, (siehe auch Dein Posting….Die nachfragerelevante Geldmenge M3 hat sich… ) dass die nachfragerelevante Geldmenge M3 ist. Wozu bringst Du M1 ins Spiel? Nur weil die Kurve M3 steil nach oben geht, was gar nicht in Deinen Kram passt?
Das Geldmengenaggregat M3 verweilt bis etwa Juli 1988 auf einem konstanten Niveau, sogar mit leicht fallender Tendenz, wogegen die auf Seite 32 dargestellte Inflation bereits 1987 anzusteigen beginnt. Schon im Jahr 1986 lag die Inflation auf das Jahr hochgerechnet auf hohem Niveau nahe 100%, in den Jahren '87 und inbesondere '88 bereits bei meheren hundert Prozent und das wohlgemerkt bei einer konstanten bzw. tendenziell sogar fallenden Geldmenge M2/M3!!! Da ist es nur eine Frage der Zeit bis die Notenbank gezwungen ist, die Geldmenge, die ja nun einem höheren Preisniveau gegenübersteht, entsprechend anzuheben. Was sie schließlich auch getan hat.
Du schließt aus der Tatsache, dass die Geldmengenkurve im ersten Halbjahr ´88 waagrecht verläuft, dass dies ebenfalls ` 87 der Fall war. Mag sein, doch der waagrechte Verlauf heißt ja nicht, dass die Menge der emittierten Australes konstant war. Da Argentinien dem Wechselkursmechanismus des Crawling Peg folgte, stieg die Anzahl der emittierten Australes kontinuierlich. Aber eben aufgrund des Crawling Peg blieb der Außenwert der Gesamtsumme der immer mehr emittierten Australes mehr oder weniger konstant. Also: ’87 und erste Hälfte ’88 keine Spur von konstanter bzw. tendenziell fallender Geldmenge und somit war in der zweiten Hälfte ‘88 kein Nachziehen der Zentralbank erforderlich, der sprunghafte Anstieg der Geldmengenausweitung zur Jahresmitte ’88 hatte schon andere Gründe.
Bereits zu Beginn des Jahres '89, also jenem Jahr in dem die bei Weitem höchste Inflation zu verzeichnen war, ging die Geldmenge abrupt auf etwa 40% des Volumens von Jänner '88 zurück.
Einfache Erklärung: Als die ohnehin schon hohe Inflation noch weiter hinaufschnellte (1989 verdreifachte sie sich gegenüber 1988) musste natürlich die Zentralbank die Notbremse ziehen, was hätte sie sonst tun sollen? Ebenso ist ersichtlich, was ich in einem früheren Posting bildhaft geschildert habe. Ist einmal das schwere Stahltor Hyperinflation in Bewegung, so ist es sehr schwer, es zu stoppen oder gar in die andere Richtung zu bewegen, auch wenn sich die Zentralbank noch so anstrengt.
Eingebremst, wenn auch nicht gestoppt konnte die galoppierende Inflation erst 1990 mit dem Plan Cavallo werden, welcher vorsah, dass die Zentralbank nur im gleichen Verhältnis Währung emittieren durfte, wie Devisen hereinkamen.
Eine positive Korrelation oder gar Kausalität zwischen Geldmengenanstieg und Inflation sieht anders aus.
Grundsätzlich zeigen die verlinkten Grafiken ganz klar, dass die Geldmenge auf die steigende Inflation reagiert und nicht umgekehrt, im Grunde ein Paradebeispiel dafür, dass die (Hyper)Inflation, wie von mir bereits in andren Beiträgen dargelegt, ausschließlich einer Veränderung des Außenwertes der Landeswährung geschuldet ist und keinerlei Korrelation zur Geldmenge besteht.
Wie ich soeben aufzeigte, sind Dir einige Fehler unterlaufen, sodass Deine Aussagen nicht stimmen.
Mit dem nötigen Wissen und der richtigen Interpretation sieht man sehr schön, wie zuerst die Geldmenge stieg und dann die Hyperinflation einsetzte und nicht umgekehrt.
Klarerweise bist Du auf meine verlinkten Zeitungsartikel nicht eingegangen. Gegen Wirtschaftsjournalisten, die sie sich täglich mit dem Themen Inflation und Geldmengenausweitung befassen, ist halt schwer anzukommen.
Zur Draufgabe verweise ich auf einen Artikel in „Die Presse“ vom letzten Sonntag, wo nicht ein Journalist, sondern ein anerkannter Ökonom (Thomas Mayer) das Gelddrucken der Zentralbanken kritisiert. („Die Presse“ 06.09.2020, „Der Punkt, an dem es ein Zurück gab, ist überschritten“).
Ich gebe zu, ein etwas reißerischer Titel. So schlimm ist es noch nicht, dass es kein Zurück gibt, doch besser jetzt, als zu spät warnen.
 
So einfach ist es dann doch nicht. Die Gründe sind wie so oft in der Ökonomie selten monokausal.
Bereits eine im Jahre 1993 mit Hilfe von Regressionsmodellen von dem Wirtschaftsmathematiker Jürgen Stiefl durchgeführte empirische Untersuchung kam kurz zusammengefasst zu folgendem Ergebnis:

- Den größten Einfluss auf die damaligen Inflationsraten Argentiniens hatten die Inflationsraten der Vorperioden, das entspricht der Trägheitskomponente, der „Beharrungsinflation durch Indexierung“.​
Was war der Grund der hohen Inflationsraten der Vorperioden? Erraten: Das Schulden mittels Gelddrucken zu finanzieren!
Trägheitskomponente war und ist der Schlendrian, mittels Emission Staatsschulden zu finanzieren. Die Folgen war Inflation und deren Folge Indexierungsmentalität.
Wegen der hohen Inflation aus dem Jahre 76 wurde in dieser Zeit die Indexierung von Verträgen, besonders Arbeitsverträgen, allgemeine Praxis. Dies führte zu der beschriebenen Beharrungsinflation über ein steigendes Lohnniveau..​
Und der Grund der hohen Inflation aus dem Jahre 76 war wieder die Geldemission.​
- Ebenfalls hoch signifikant ist der Einfluss der externen Komponente auf die Inflationsrate, die Inflationsentwicklung ist also „nicht nur hausgemacht“.​
Ganz klar, schuld sind die anderen.​
- Ebenfalls hatte die wachsende Auslandsverschuldung einen gewissen Einfluss auf die Inflationsrate, was den Wechselkurs unter Druck geraten ließ.​
Natürlich, einen GEWISSEN Einfluss.
Auslandsverschuldung und Emission gehen Hand in Hand: Wer zu ausufernder Auslandsverschuldung bereit ist, ist auch einer überbordenden Emission nicht abgeneigt. Reihenfolge: Emission, Inflation, Abwertung der Währung, Explosion der Auslandsschulden.
- Alle übrigen möglichen Inflationskomponenten zeigten keinen signifikanten Einfluss.​
Na ja, wer's glaubt
Quelle: Inflation und Stabilisierung lateinamerikanischer Schwellenländer: eine makroökonomische Analyse anhand von Argentinien

Also ziemlich blauäugig diese Studie, welche Ursache und Wirkung verwechselt. Ein ganz schöner Stiefl, was der Herr Stiefl schreibt. War nicht Varoufakis so etwas ähnliches wie Stiefl? Varoufakis war nicht Mathematiker, aber Statistiker. Was er mit seiner Politik, basierend auf wissenschaftlichen Methoden angerichtet hätte, wäre er nicht zurückgepfiffen worden, ist bekannt.
 
Eine nicht einmal doppelte Geldmenge soll eine Verdreißigfachung des Güterpreisniveaus bewirken?

Ein guter Punkt. Bestünde tatsächlich eine Korrelation zwischen Geldmenge und (Hyper)inflation wie von der monetaristischen Inflationstheorie aus der Quantitätsgleichung (Geldmnege x Geldumlauf = Preisniveau x Output) abgeleitet, müsste im Falle der Hyperinflation in Argentinien, bei einem Preisanstieg um mehr als das dreifigfache, entweder die Geldmenge in einem ähnlichen Ausmaß ansteigen oder der Output entsprechend zurück gehen. Beides konnte allerdings nicht beobachtet werden.
Vielmehr zeigen alle empirischen Daten, dass gerade im Fall von Hyperinflationen diese immer mit dem Aussenwert der Währung, also dem Wechselkurs korreliert, das Preisniveau zur Leitwährung, dem Dollar, blieb dabei immer konstant. Das zeigen sämtliche Daten. Da hilt es auch nichts, wenn sich manche, mit möglichen Verläufen der Geldmenge etwas zurecht basteln, nur um recht zu behalten.
 
...... Eine nicht einmal doppelte Geldmenge soll eine Verdreißigfachung des Güterpreisniveaus bewirken? Das wirkt nicht ganz stimmig......
Dass die Inflation wesentlich höher als die Geldemission ist, kann einfach erklärt werden: Ab einer gewissen Inflationshöhe treten psychologische Effekte auf.
Aber Ausgangspunkt ist nun einmal eine durch unkontrollierte Geldemission erzeugte Inflation.
Ab einer gewissen Inflationshöhe geht jegliche Marktransparenz verloren (online shopping gab es zur zur Zeit der argentinischen Hyperinflation noch nicht). Wie sieht oder sah das in der Praxis aus?
Preise in Geschäften waren keine angeschrieben. Wenn man nach dem Preis fragte, hatte der Verkäufer eine Preisliste von Richtpreisen in Dollars unter dem Verkaufstisch. Er rief bei der Wechselstube an (Internet gab es noch nicht) , nahm Taschenrechner und konvertierte in Australes. Doch das war noch nicht der Verkaufspreis. Nun musste der Verkäufer abschätzen, um wie viel der Preis bis zum Zeitpunkt der Wiederbeschaffung steigen könnte. Ein Ding der Unmöglichkeit, weshalb der Verkäufer den in diesem Moment vom Dollar in Australes konvertierten Preis noch einmal mindestens verdoppelte oder verdreifachte. Also wen wundert es, wenn bei solchen Kalkulationsmethoden die Preise unverhältnismäßig in die Höhe schießen.
In Supermärkten mussten die Artikel Preisetiketten haben. Doch ertönte nicht selten eine Lautsprecherdurchsage, die verlautbarte: Ab sofort sind alle angeschriebenen Preise ungültig, es erfolgt ab sofort eine Erhöhung um x%. Also zwischen Ware in das Wagerl legen und bei der Kasse bezahlen hatte sich der Preis bereits erhöht. Dies führte dazu, dass ein Firmeninhaber oder leitender Angestellter, der gerade seine Einkäufe tätigte, sofort in seine Firma eilte und ebenso die Preise erhöhte, viele Preiserhöhungen erfolgten aus einem „Bauchgefühl“ heraus. Aus der Angst, bei den Preiserhöhungen hinterherzuhinken, wurde zur Sicherheit ein bisserl mehr erhöht.
Soweit die psychologische Komponente. Doch all dies war die Folge einer schlampigen, mittels Geldemission finanzierten Haushaltsführung. Und nicht umgekehrt, wie uns das so manche Studie weismachen möchte.

Wie Du unschwer erkennen kannst, spreche ich aus Erfahrung, weil ich zu dieser Zeit in Buenos Aires lebte, wo ich eine führende Tätigkeit bei einer europäischen Firma innehatte. Die Wirtschaftszeitungen waren jeden Tag voll mit Analysen betreffend Geldmenge, Inflation, Zinssatz, Mindestreserven, Wechselkurs, Bewegungen der IS-LM Kurve etc. Diese Themen waren auch Hauptgesprächsstoff bei Cocktails, Abend- oder Mittagessen, egal ob privater oder geschäftlicher Natur. Wäre jemand auf die Idee gekommen zu äußern, dass die Inflation nichts mit Geldemission zu tun hätte, wäre er wegen geistiger Debilität zu keiner weiteren Veranstaltung mehr eingeladen worden.
Möglicherweise leitet die von mir angeführte Kurve der Geldmengenentwicklung zu Missverständnissen. Ein horizontaler Verlauf bedeutet nicht, dass es keine Geldemissionen gab, sondern dass sich die Geldemission und die Abwertung der Währung ungefähr die Waage hielten. Trotzdem schnellt die Kurve ab Jahresmitte 88 hinauf, 89 folgte die Hyperinflation. Eingebremst konnte sie erst werden, als die Regierung per Gesetz die Zentralbank verpflichtete, nur so viel zu emittieren, wie Devisen ins Land kamen.
Die Geschichte lehrt, dass eine galoppierende Inflation nur durch strikte Kontrolle der Geldemission unter Kontrolle gebracht werden kann. Also wenn da kein wesentlicher Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation besteht?
Ich werde nicht müde zu betonen, dass wir in Europa noch weit von argentinischen Zuständen entfernt sind. Unsere Wirtschaft „hält schon noch etwas aus“. Aber trotzdem soll man angesichts des steigenden Finanzierungsbedarfes der Staatsausgaben im Zuge all der Covid-Problemen nicht dubiosen Studien, welche die Gefahren der Geldemission verharmlosen, auf den Leim gehen.
 
Vielmehr zeigen alle empirischen Daten, dass gerade im Fall von Hyperinflationen diese immer mit dem Aussenwert der Währung, also dem Wechselkurs korreliert,
Bis zu einem gewissen Grad. Hätte man nicht abgewertet, wären die Exporte vollkommen zum Erliegen gekommen. Also das Abwerten ist eine Folge der Inflation.
....das Preisniveau zur Leitwährung, dem Dollar, blieb dabei immer konstant. .....
Praktisches Beispiel: Ein Flug Buenos Aires - Ushuaia – Buenos Aires kostete am Tag X , in Australes bezahlt, den Gegenwert in USD 50,- . Am Tag darauf waren es USD 350,-. Eine etwas eigenartige Auffassung von konstantem Preisverhältnis zur Leitwährung Dollar.
 
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