Und so schwer ist es ja nicht einfach zu sagen, bzw zuzugeben: Das NSDAP Regime war eine menschenverachtende Diktatur, die den industrialisierten Massenmord zum politischen Programm erhob und die Opfer dieses Regimes verdienen mein Mitgefühl und die Täter gehören bestraft.
Naja, für Dich mag das nicht schwer sein. Für mich ist es auch nicht schwer, weil in meiner Familie, einen Onkel ausgenommen, ohnehin keine Täter waren. Und der eine Onkel - Gott hab' ihn trotzdem selig - hindert mich auch nicht daran, weil ich es auch bei ihm akzeptiert habe, dass er nach Kriegsende bestraft wurde. Nicht aufregend, aber bestraft. Und das ist recht so.
Im Grunde hat er die Rolle eines winzigen Rädchens eingenommen, wie seine Frau nach seinem Tod immer wieder beteuert hat, und das war durchaus glaubwürdig, denn sonst hätte man ihm mehr als ein paar Wochen Strafarbeit aufgebrummt.
Aber natürlich darf man nicht vergessen, dass er ein winziges Rädchen einer Maschine war, die zu guter letzt (zu böser letzt eigentlich) das Leben vieler Millionen Menschen zerstört hat. Im Grunde genommen das Leben nahezu aller Menschen, welche damals in Europa gelebt haben.
Natürlich muss man an erster Stelle jene nennen, welche aus rassistischen oder sonstigen ideologischen Gründen getötet wurden. Nicht getötet eigentlich, sondern eiskalt ermordet, wenn diese Unterscheidung erlaubt ist. Und es ist richtig, dass die Erinnerung daran nicht verblassen darf, und es ist wichtig, dass jene Stätten des Grauens, welche bis heute erhalten sind, auch in Zukunft erhalten bleiben.
Davon unabhängig darf man aber auch die Opfer des Krieges nicht vergessen: die getöteten oder verwundeten Soldaten, die getöteten oder verwundeten Frauen und Kinder.
Und bitte: bei allen Kriegsparteien! Auch sie waren zum überwiegenden Teil das Produkt dieser Maschine. Nicht ausschließlich, das habe ich letztens schon einmal geschrieben, aber zum weit überwiegenden Teil.
Ich finde es nicht maßlos, sondern gerechtfertigt, wenn man alle Frauen und Männer, welche diese Maschine am Laufen gehalten haben, bestraft wissen will, jede/jeden nach der Größe ihrer/seiner Schuld.
Trotzdem würde ich mich aus Prinzip nicht für etwas entschuldigen, woran ich persönlich nicht beteiligt war, und was weder in meiner Entscheidung noch in meiner Verantwortung gelegen hat.
Aber mit dieser trotzigen Haltung: Wir und unsere Elterngeneration haben uns bei niemandem zu entschuldigen, .......... lässt sich eben heutzutage kein Staat machen. Das nicht zu erkennen halte ich für seinen Kardinalfehler.
Vielleicht hat er es nicht erkannt, das weiß ich nicht zu sagen.
Vielleicht hat ihn auch nur das "wir und" gestört, vielleicht hat er es als ungerecht empfunden, dass die Kinder mit der Schuld der Eltern belastet werden sollen. Das kann in diesem Zusammenhang für Politiker jeder ideologischen Ausrichtung zum Stolperstein werden, ganz besonders natürlich für einen Politiker seiner ideologischen Ausrichtung. Trotzdem: im Endeffekt kann niemand außer ihm selbst mit Gewissheit sagen, warum er diese Entschuldigung abgelehnt hat.
Wahrscheinlich hast Du recht, dass er mit diesem einen Satz jede Menge Probleme aus der Welt geschafft hätte, aber er hat ihn halt nicht gesagt. Mit den Folgen hat er leben müssen, und wir alle haben damit leben müssen. Und ich nehme einmal an, wir werden auch weiter noch damit leben müssen ..........
Er möge trotzdem mit der Zeit seine Ruhe finden.
So .......... und da ich ja stur und streitsüchtig und unversöhnlich bin, ersuche ich Dich, einmal möglichst objektiv über das Folgende nachzudenken.
Es wird in Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus sehr oft von der "Gnade der späten Geburt" gesprochen. Die Herkunft des Ausdruckes ist umstritten, die einen schreiben ihn Helmut Kohl zu, andere nennen andere Quellen.
Ich wär' ned der Steirer, wenn mir das ned wurscht wär'.
Für mich ist die "Gnade der späten Geburt" in drei Teile geteilt.
Ein Geschenk, und zwei Verpflichtungen.
Erst das Geschenk: jeder Mensch, der das Kriegsende noch als Kind erlebt hat oder nach Kriegsende geboren ist, darf sich über das Glück freuen, in Hinblick auf die NS-Verbrechen mit keiner persönlichen Schuld belastet zu sein. Dafür sollten wir in erster Linie dankbar sein.
Daraus erwächst uns die erste große Verpflichtung: im Bewusstsein unserer persönlichen Unschuld ist es unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass zum einen die Verbrechen dieser Zeit und die dafür Verantwortlichen nicht in Vergessenheit geraten, und zum anderen, dass wir mit all unseren Sinnen wachsam bleiben und alles in unserer Kraft stehende dazu beitragen, damit nie wieder aus unserem Staat oder auch aus einem anderen Staat Europas ein so mordlüsterner Flächenbrand entstehen kann.
Ich sehe aber auch die zweite Verpflichtung, und sie ist nicht viel kleiner: wir sind in besonderem Ausmaß jenen Werten verpflichtet, welche damals über unsäglich lange Jahre hinweg tagtäglich mit Füßen getreten wurden:
- der Würde des Menschen
- den Menschenrechten
- der Menschlichkeit
- der Gerechtigkeit
- der Gewissenhaftigkeit
- der Wahrhaftigkeit
- der Gleichheit aller Rassen
- der Gleichheit aller Religionen
- der Gleichheit aller Nationalitäten
- der Gleichheit aller ethnischen Abstammungen
- der Hilfsbereitschaft
- der Nächstenliebe
- der Barmherzigkeit
.....
.....
Ich lass' es einfach offen, falls ich etwas vergessen hab', es ist schon spät, und ich bin schon müd ...
Wenn es uns auch nur annähernd gelingt, wenigstens in dem einen oder anderen Punkt dieser Verpflichtung nachzukommen, dann sollten wir uns nicht überheben, sondern wir sollten dankbar dafür sein. Und wir sollten auf jene, welche die Richtigkeit dieses Weges noch nicht erkennen können, nicht mit dem Finger zeigen, sondern wir sollten uns bemühen, sie davon zu überzeugen, dass nicht nur auf Österreich begrenzt das Miteinander bessere Zukunftschancen eröffnet als das Gegeneinander.
Und schließlich jene Minderheit, welche bewusst den anderen Weg gehen will .......... verteufeln wir sie nicht, damit wir sie nicht zu "Opfern" machen. Aber behalten wir sie mit gebotener Wachsamkeit im Auge, damit sie nicht zu Tätern werden können.
Leisten wir ihnen Widerstand, und bekämpfen wir sie, aber tun wir es in einer Art und Weise, welche ihnen und uns die menschliche Würde bewahrt.
Sie berauben sich durch ihr Gedankengut selbst der Würde.
Damit sollten wir uns zufrieden geben.
Der Steirer war's