Ist es nicht. Sinn des § 103 ist, diplomatische Zerwürfnisse mit anderen Staaten zu vermeiden. Der § 104 sieht ausdrücklich vor, dass die Regierung der Verfolgung zustimmen muss, quasi als Drittbeteiligter, der zu entscheiden hat, ob die Verfolgung im staatlichen Interesse ist, weil durch die Beleidigung eines fremden Staatsoberhauptes ein außenpolitischer Schaden für den Staat entstanden ist.
Wo steht das?
Deine Interpretation des Paragraphen steht im Gegensatz zu dem, was im Gesetz geschrieben steht. Wenn Du meinst, die Regierung wäre an einer Strafverfolgung wegen "Majestätsbeleidigung" interessiert, wenn dadurch außenpolitischer Schaden für den Staat entstanden ist, dann hätte man den Paragraphen 104a ganz anders formulieren müssen, nämlich mit einem Anzeigerecht der Regierung. Im Gegensatz dazu wurde der Regierung ausschließlich das Recht eingeräumt, eine Anklage frühzeitig zu stoppen!
Die Konstruktion des Paragraphen bleibt dubios. Nach dem, was ich bisher gelesen habe, waren ziemlich niedere Motive der Grund, warum er 1953 wieder eingeführt wurde (die Bestimmung besteht seit 1871, wurde aber nach 1945 von Seiten der Alliierten suspendiert). Der damalige Bundeskanzler Adenauer wollte verhindern, dass kritische Artikel gegen den Schah geschrieben werden. Dass die Regierung einer Verfolgung zustimmen muss, hat MMN allein damit zu tun, dass Adenauer sich quasi aussuchen wollte, wer jetzt genau gegen deutsche Journalisten bzw. Künstler vorgehen darf. Das war in der Zeit des Kalten Krieges verständlich - dass bspw. ein sowjetischer Staats- und Parteichef wegen Majestätsbeleidigung klagt, wollte man wohl frühzeitig verhindern.
Selbst wenn Deine Interpretation stimmen würde und Du daraus folgerst, dass man das Begehren der Türkei ablehnen hätte müssen, weil wegen Böhmermann kein außenpolitischer Schaden entsteht: In welchen Fällen würde denn DMN ein solcher Schaden drohen?
Ich meine, allein schon durch die Tatsache, dass eine Regierung - mit der diplomatische Beziehungen bestehen - eine Anzeige einbringt (und das ist ja Voraussetzung!), ist die Gefahr eines außenpolitischen Schadens gegeben. Folgt man also Deiner Meinung, müsste die Regierung jede Anzeige nach § 103 an die Staatsanwaltschaft weiterleiten.
So oder so, der § 104a ist wegen Durchbrechung der Gewaltenteilung und damit Öffnung des Strafrechts für Willkürakte der Regierung sehr bedenklich, was aber wurscht ist, weil schon der § 103 nicht mehr in unsere Zeit passt.