Das stimmt allerdings "ausgezogen", Werbung soll damit nicht gemacht werden.
Den Diskussionsbeitrag selber hätte ich ohnedies bei weitem nicht als Werbung betrachtet; ich wollte mehr darauf hinweisen, dass in vielen Kreisen Drogen in dieser Hinsicht positiv besetzt sind: Als Mittel zur Bewusstseinserweiterung, Leistungssteigerung usw. Das halte ich neben dem Reiz des Verbotenen, neben jugendlicher Auflehnung und neben (sub-) kulturellem Druck für eine der großen Ursachen für den experimentierenden Beginn von Drogengebrauch.
Ein weites Bewusstsein finde ich natürlich positiv, aber ich glaube, dass Drogen im besten Fall eine gefährliche Abkürzung dorthin, vermutlich sogar bloß ein Irrweg in den Abgrund sind, der nur zu Beginn in die richtige Richtung zu führen scheint.
Mein Standpunkt ist, dass man manches -vieles- eben nicht erzwingen kann; das gilt für künstlerische Kreativität genauso wie für jedes andere Ziel. Auch in Wirtschaft, Politik und Medizin kann man mit künstlichen Mitteln sich aufputschen, die Leistung steigern oder einfach die Arbeit und deren Probleme erträglich machen - und auch dort ist es alltäglich, und auch dort ist es genauso fatal.
Ich meinte nur, ganz große kulturelle Leistungen wurden unter Einfluss von Drogen erbracht, [...] Aber es gehört auch dazu gesagt, dass sie alle in Folge ihrer Sucht gestorben sind bzw. ihr Leben hingeworfen haben.
Gerade bei diesen Ausnahmepersönlichkeiten dürfte nach menschlichem Ermessen der Drogenkonsum Folge ihrer Persönlichkeit gewesen sein: Sie haben Drogen genommen, weil ihre Persönlichkeitsstruktur sie dazu gezwungen hat; und nicht die Drogen waren es, die ursächlich ihre Persönlichkeit geformt haben. Ich glaube daher nicht, dass man sagen kann, ihr künstlerisches Wirken stehe in Zusammenhang mit ihrem Drogenkonsum - ich glaube vielmehr, dass beides Folge ihrer Persönlichkeitsstruktur ist.
Ich denke jetzt in erster Linie an die oben genannten Musiker, weil ich über sie noch die meisten biographischen Informationen habe. Ich spüre in ihrem Wirken nicht wirklich Lebensfreude oder glücklichen Überschwang, sondern hilflose Verzweiflung und den Versuch, in Tätigkeit und Raserei einem Undefinierten -vielleicht auch sich selbst- zu entkommen. Vielleicht interpretiere ich da zu viel hinein, aber mich packt z.B. bei Filmaufnahmen von Janis Joplins Konzerten immer ein ausgesprochen seltsames Gefühl (und das war schon so, bevor ich ihre Biographie näher kannte). Ich interpretiere diese Persönlichkeiten als getriebene, verlorene, verstörte Menschen, die sich in die Abgründe des Lebens stürzen mussten, ebenso, wie sie ihre Hilflosigkeit und Verzweiflung musikalisch herausschreien mussten.
Insoferne befürchte ich, dass man die Frage, ob die Genannten ebenso kreativ gewesen wären, wenn sie keine Drogen konsumiert hätten, nicht wirklich beantworten kann - sie hätten auf Grund ihres Wesens nicht weniger hungrig auf die Welt zugehen können, und sie hätten auch nicht weniger Künstlerisches leisten können.
Es gibt aber auch Künstler mit weniger extremer Persönlichkeitsstruktur -durchaus gute-, und wahrscheinlich sind sie zahlenmäßig in der Mehrheit. So weit sie Drogen konsumieren (gerade wenn es um Kokain geht), mag es schon sein, dass innerhalb eines Zeitraums mehr Werke entstehen, als das drogenfrei der Fall wäre. Unter Zugrundelegung meiner ethischen Sicht wiegt dieser Vorteil für die Gesellschaft -sofern er denn besteht- jedoch keinesfalls den Schaden auf, den er für die Betroffenen bedeutet.
Mein eigener Standpunkt blickt aus diesen Worten schon recht stark hervor: Ich würde jederzeit ein paar Kunstwerke gegen ein bisschen individuelles Glück eintauschen. Die Welt ist auch dann noch reich genug an Kunst, aber sie kann niemals reich genug sein an Glück.
Viele Grüße,
N.N.