Hallo,
ich bin nicht bi, aber ich denke mal, dass es generell mit zwei Faktoren zusammenhängt, warum es gefühlt weniger Männer gibt, die offen zu ihren Bi-Neigungen stehen, als Frauen.
1. Wir leben immer noch in einer männerdominierten Gesellschaft, die Andersartigkeit tendentiell als Schwäche ansieht. Insofern ist wohl in vielen Köpfen noch verankert, dass sie mit der Offenlegung ihrer sexuellen Neigungen, die eben ein wenig anders gelagert sind als bei der breiten Masse, einen Angriffspunkt bieten. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade die ausgelebte Sichtbarkeit vieler Schwuler (und ich habe einige schwule Freunde, an denen ich das beobachten kann) auch damit zusammenhängt - nämlich als offensive Trotzreaktion auf diese patriachalische Gesellschaft.
2. Ich glaube auch, dass Männer ein etwas anderes Körperbewusstsein und Ästhetikempfinden haben als Frauen. Während es für Frauen in der Regel normaler scheint, Ästhetik unabhängig vom Geschlecht zu beurteilen, gehen die Männer da eher nach der vorgelebten Norm (die ja nicht richtig sein muss, ich halte nur mal ein paar Gedanken fest). Vielleicht ist es tatsächlich so, dass Frauen generell offener in der Sexualität auch ihrem eigenen Geschlecht gegenüber sind, während die Männer eben weniger darauf anspringen (durchaus erklärbar mit Punkt 1). Dadurch gibt es wohl auch weniger Männer, die tatsächlich Bi-Neigungen verspüren als Frauen. Ergo bemerkt man sie auch weniger.
Und zu guter Letzt, warum sie vor ihren eigenen Partnerinnnen zurückschrecken, wenn's ums Offenlegen geht: Da wiederum würde ich meinen, dass es mit einer Art Besitzangst zu tun haben kann. Ganz vereinfacht gesagt: Wenn der Mann zugibt, dass ihn auch Männer antörnen und er quasi die Beziehung in diese Richtung hin öffnet, besteht natürlich die Möglichkeit, dass daraus eine offene Beziehung wird (denn wie sollte der Mann sonst seine Bi-Neigungen ausleben können?) und auch die Freundin sich anderweitig umsieht. Das wäre dann ihr gutes Recht. Und wer weiß, vielleicht ist der Bi-Partner, den man sich ins Haus holt, plötzlich für die eigene Freundin überaus interessant, interessanter als man selbst? Für wenig selbstsichere Männer könnte es vielleicht wirklich darauf hinauslaufen, dass sie lieber ihre Neigung als ihr Geheimnis bewahren als dass sie das Risiko eingehen, im Zuge des versuchten Auslebens "Kollateralschäden" in Kauf zu nehmen.
Das alles sind nur ein paar erste Gedanken - können gern zur Diskussion gestellt werden.
Und vor allem wäre ich auf die Meinung von Bi-Männern gespannt, die das aus ihrer eigenen Perspektive aus berichten und mich ev. berichtigen können.
Viele Grüße
Einer von denen