Hi,
Plato selbst hatte nie eine "bessere Hälfte" und war zeitlebens Junggeselle. Sonst hätte seine Geschichte vielleicht eine realistischere Fortsetzung.
vielleicht hat er gewartet, dass ihm die Götter den optimal passenden Menschen schicken?
Wenn man sich - vollkommen frei von feministischen Vorstellungen - die Entwicklung von Beziehungen, Scheidungen, Ehen, etc. in Österreich so ansieht, könnte man Parallelen erkennen:
1961 hatten wir 89% Katholiken in Österreich,
1991 waren es noch fast 80%.
2021 sind es noch knapp 54%.
Vielleicht haben Ehen und Beziehungen früher länger gehalten, weil die Menschen dachten
"Gott hat mich mit dem Arsch zusammen gebracht, es ist eine Prüfung, die ich bestehen muss"?
Verliebtheit macht tatsächlich blind, da hast du absolut recht.
Liebe macht blöd, sag ich immer.
Liebe hingegen macht klarsichtig, aber den Level zu erreichen, das erfordert Geduld und viel (Beziehungs)Arbeit.
Nix für arbeitsscheues Gesindel wie mich. Wenn es nicht passt, passt es nicht. Wenn es Arbeit erfordert, dann passt es von Haus aus nicht!
Das sehe ich genauso. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass "jeder Mensch fähig ist, mit irgendeinem anderen Menschen zu leben (und ich spreche hier nicht vom Zusammenziehen), wenn beide bereit sind, sich entgegenzukommen." Dieses Zitat ist von Erich Fromm.
Natürlich, aber cui bono? Wenn mein Leben davon abhinge, ich könnte auch mit einer Gruppe Neonazis zusammenleben.
Genau das ist mE. ein zentraler Punkt der diversen Filme/Fernsehserien zu Dystopien, wie z.B. The Walking Dead, wo zentraler Punkt ist, als Zuseher zu erleben, wie vollkommen unterschiedliche oft gegenseitig verhasste Menschen zum Überleben gezwungen sind, trotz gegenseitig empfundenen Ekels zusammenzuleben.
Und wann der oder die Punkte erreicht sind, wo man sich trennt. Im Fernsehen und Kino ist das idR. dann der Fall, wenn man es geschafft hat, recht wahrscheinlich auch ohne den anderen auszukommen.
Interessanter Weise wäre mir kein Werk bekannt, wo man sich von den Bösen trennt, wissend, dass man selbst auch untergehen wird.
Die Betonung liegt auf "beide". Dazu gehört die Erkenntnis, dass zwei Menschen nicht zu einer nahtlosen Einheit verschmelzen können und es auch keinen Sinn hat, im Hinterkopf darauf zu spekulieren, den Anderen schon irgendwann nach den eigenen Vorstellungen zurechtzubiegen. Dazu gehören Bereitschaft und Akzeptanz und auch, Illusionen aufzugeben und Durststrecken, Ernüchterung und auch Auseinandersetzungen auszuhalten. Es gibt keine gelungenen Partnerschaften, sondern nur gelingende, und gelingende Partnerschaften zeichnen sich durch Weiterentwicklung und Bewegung aus. "Harmonie ist Ruhe in der Bewegung. Ruhe in der Ruhe ist der Tod." (buddhistische Weisheit)
Zu jeder Partnerschaft gehört es dazu, das beide Dinge aufgeben, auch wenn es derjenige, der subjektiv mehr aufgibt, oft nicht erkennt, und meint, der andere gäbe nichts auf.
Die Partnerschaft basiert auf Geben und Nehmen, wobei der, dem sie wichtiger ist, und das
muss so sein, bereit ist, mehr zu geben, aber oft unzufrieden ist, weil er nicht akzeptieren will, dass es ihm eben mehr wert ist.
Und jeder, wirklich jeder (außer den Bräuten Jesu) spekuliert darauf, den anderen zurechtzubiegen. Vielleicht nicht bewusst, aber jeder hat vom Partner Vorstellungen, die dieser selten erfüllt. Jeder Mensch stellt sich seine Partnerschaft vor, und hat den Eindruck, dass der andere es sich genauso vorstellt, weil es ja "die gemeinsame Zukunft" ist. Wer aber nachgedacht hat, weiß, dass der andere sich das mit Sicherheit nicht genau so vorstellt, diese Planung der Partnerschaft impliziert daher immer und zwingend das Zurechtbiegen des anderen!
Und da kommen wir zum Rest: Am Punkt - oder Dauer - der Erkenntnis, dass der andere das eben nicht so sieht, kommen wir zum relevanten Teil der Partnerschaftsentwicklung: das gegenseitige Abstecken des "Reviers", des Feilschens um die eigenen Interessen, was gibt man auf um welche Gegenleistung man vom anderen zu bekommen.
Nichtmal die Unterleibszwecksgemeinschaften kommen ohne dieses Feilschen aus!
Bei manchen geht es leichter als bei anderen, im Idealfall erkennt man, dass der andere sich was anderes vorgestellt hat, mit dem auch ganz gern zufrieden ist -> alles paletti. Wenn es aber nicht so ist, muss man feilschen, mit dem Partner und mit sich selbst. Ganz wichtig immer wieder zu hinterfragen
"Bin ich bereit, das mitzumachen, um die Beziehung aufrecht zu erhalten?".
Und da kommen wir zu einem entscheidenden Problem: wenn man nämlich entscheidet
"Die Liebe zum anderen ist so groß, dass ich das mitmache, um ihn nicht zu verlieren" wird zum Problem, wenn die Liebe nachlässt ....
LG Tom