2. "obstinat" kann m.E. sehr wohl auch für eine Argumentation verwendet werden, obwohl strenggenommen nur eine Person obstinat sein kann. Das ist aber etwa so wie wenn man von einer "süffisanten Bemerkung" spricht - die Bemerkung per se wird kaum süffisant sein können, sondern wohl nur die Person, die die Bemerkung äußert.
Genau das wollte ich damit ja sagen: Die Aussage, eine Bemerkung sei obstinat oder süffisant, drückt eine Meinung über den Sprecher aus. Es ist nicht hilfreich, in einer Diskussion über die Eigenschaften des jeweiligen Diskurspartners zu sprechen.
3. Wenn ich ausdrücklich sage, daß ich Sie in Kenntnis der Rechtsfolgen nicht als "präpotent" qualifiziere, dann meine ich das so, wie ich es sage.
Vom juristischen Gehalt her und von der Spruchpraxis macht eine solche Beifügung keinen Unterschied. Noch einmal: Ich bin nicht gekränkt und würde niemals eine juristische Auseinandersetzung suchen, schon deshalb nicht, weil ich mit intimen Informationen über mein Privatleben nicht an die (auch nur kleine) Öffentlichkeit gehen möchte.
Wenn Sie mich für präpotent halten, dann halte ich das für voreilig; auch nach einer längeren schriftlichen Diskussion kann man über sein Gegenüber nicht mit Gewissheit zu einem solchen Schluss kommen, wenn eine inhaltliche Auseinandersetzung stattfindet.
Wenn Sie mich dennoch für präpotent halten, gebietet es die allgemeine Höflichkeit und auch die Vorsicht, das nicht in diesem Rahmen auszusprechen: Das Motiv der Höflichkeit liegt auf der Hand, und mit Vorsicht meine ich nicht juristische Risiken, sondern einfach die Gefahr, sich geirrt zu haben. Die besteht auch dann, wenn man sich seiner Sache sehr sicher ist (und sich seiner Sache sehr sicher zu sein bedeutet noch lange nicht, "obstinat" oder "rabulistisch" zu sein).
Wenn Sie mich jedoch für präpotent halten und nicht aus Gründen erkenntnistheoretischer Demut diesen ersten Eindruck für sich behalten, sondern ihn aussprechen wollen, dann fände ich es fairer, ihn expressis verbis zu formulieren. Wenn Sie sich wirklich vor juristischen Folgen fürchten (und ich bin mir ziemlich sicher, dass uns angesichts unserer höflichen und moderaten Geplänkel ein Staatsanwalt ins Gesicht lachen würde, wollte der eine den anderen klagen), dann könnten Sie immer noch eine Formulierung wählen, die juristisch nicht oder nur schwer angreifbar ist. Sie könnten zum Beispiel sagen: "Lieber Ausgezogen, auf Grund ihrer bisherigen Argumentation habe ich den Eindruck, dass Sie sehr selbstsicher und sich Ihrer Sache sehr gewiss sind und auf Argumente inhaltlich zu wenig eingehen." Diese Formulierung hätte ungefähr dieselbe Denotation wie "präpotent", wäre im Gegensatz zu dieser jedoch nicht pejorativ.
Ich beziehe mich auf den Rechtsgrundsatz des freien Selbstbestimmungsrechtes von Völkern, welcher in der Israel/Palästinafrage auf wohl eklatante Weise verletzt wurde (und wird).
Dieses Thema ist komplex, und ich weiß nicht, ob Sie inhaltlich weiterdiskutieren möchten oder jeden Kommentar von meiner Seite als "rabulistisch" beiseite schieben wollen.
Meine Einwände sind:
1. Es geht hier um zwei Gruppen, und beiden stehen dieselben Rechte zu. Niemand bestreitet, dass beiden Selbstbestimmungsrecht zusteht. Dieses steht aber auch den jüdischen Bewohnern der Region zu.
2. Konfligierende Interessen gibt es immer wieder. In einer solchen Lage ist es nicht möglich, beide Seiten vollkommen zufrieden zu stellen, sondern ist ein sinnvoller Kompromiss und Ausgleich gesucht. Im gegenständlichen Fall könnte das aus meiner Sicht nur die Einrichtung zweier Staaten sein, wie das auch die UN schon 1947 vorgesehen haben.
Auf theoretischer Ebene könnte man noch den Volksbegriff diskutieren, aber das würde im gegenständlichen Problem nicht weiterhelfen. Die Konstituierung der palästinensischen Bewohner als Volk hat auch erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrunderts stattgefunden. Das spricht in keiner Weise gegen deren Rechte, aber es ist nun einmal nicht so, dass ein bestehendes staatliches Gebilde widerrechtlich oder gewaltsam durch ein anderes ersetzt worden wäre.
Man könnte auch die Frage stellen, ob ein Recht auf staatliche Selbstbestimmung jeder Volksgruppe naturrechtlich gegeben sei. Ohne mir selber widersprechen oder mein Plädoyer für einen palästinensischen Staat zurücknehmen zu wollen, ginge mir das auf theoretischer Ebene zu weit - es ist schon schwer genug, die einfachsten naturrechtlichen Prinzipien stringent zu argumentieren und zu einem Konsens zu kommen. Ausdrücklich: Ich befürworte den palästinensischen Staat nicht aus naturrechtlichen Gründen, sondern weil die palästinensische Bevölkerung einen eigenen Staat möchte, über die Geschichte hinweg genug zwischen Kolonial- und Lokalmächten hin- und hergeschoben wurde, weil ich das pragmatisch als einzige Möglichkeit der Entschärfung des Nahostkonflikts sehe und weil keiner der angrenzenden arabischen Staaten irgendein Interesse an ihrer gedeihlichen Integration gezeigt hat. (Stellen Sie sich vor, die deutschen Heimatvertriebenen würden heute noch in Elendsquartieren an der deutschen oder österreichischen Grenze wohnen...)
Die von Ihnen bekrittelte Aussage von Altbischof Krenn war mir natürlich bekannt.
Ich habe diese Aussage deshalb zitiert, weil Sie meinten, "daß der St.Pöltener Altbischof Aussagen (zum Islam) tätigte, die inhaltlich vollkommen gerechtfertigt (sind)," und ich ein Argument dagegen vorbringen wollte.
Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, worin darin allerdings eine Verletzung des § 283 StGB liegen sollte. Die Staatsanwaltschaft offensichtlich ebensowenig.
Die Aussage, dass Wien von Türken belagert sei, ist schon ein bisschen rassistisch, oder? Dass sie nicht ausreicht, um strafbar zu sein, kann gut sein.
Auch die Existenz Israels ist für mich (insbesondere wegen der von der Regierung Sharon betriebenen Politik) ein Grund zur Sorge - wenngleich Ihre und meine Gründe zur Sorge, wie ich annehmen darf, wohl nicht dieselben sind.
Wenn Sie die Politik Sharons als Grund zur Sorge sehen, kann ich mit dieser Aussage inhaltlich etwas anfangen (auch wenn sie ein bisschen pauschal ist, was ich aber als Metapher werten würde). Noch besser, wenn Sie z.B. Sharons Politik des Mauerbaus als Grund zur Sorge sehen - solche inhaltlichen Punkte kann man auch besser diskutieren. Deshalb die Existenz
Israels als Grund zur Sorge zu betrachten, halte ich aber für genauso ungerecht, wie es das wäre, würde man die
Existenz der arabischen Welt (oder den Islam) als Grund zur Sorge betrachten.
7. Sie verwechseln offensichtlich die Begriffe "Mehrzahl" (d.i. mehr als einer) und "Mehrheit" (d.i. mehr als jeweils andere).
Mehrzahl = "der
größere Teil einer bestimmten Anzahl" (Duden Bedeutungswörterbuch, Mannheim 1970, Hervorhebung von mir).
Daß Sie aus dem Rassismus in Israel die "einzige Konklusion" ziehen, daß deshalb "Israel ein völlig normaler Staat ist wie alle anderen auch", finde ich recht bemerkenswert. Hoffentlich sind Sie sich der Tragweite dieser Äußerung bewußt.
Was ist die Tragweite dieser Äußerung? Was sind ihre Konsequenzen? Ich überlege ehrlich verzweifelt, was Sie meinen könnten.
Neben der Scheußlichkeit der Nürnberger Rassengesetze könnte man das Jünger-Zitat unter anderem auch auf die Form der unter Mißachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker erfolgten Gründung des Staates Israel zulasten der dort lebenden Bevölkerungsmehrheit anwenden. Aber dies kommt Ihnen vermutlich nicht in den Sinn (denke ich mir halt ...)
Damit haben wir uns aber nur im Kreis bewegt und nicht inhaltlich argumentiert. Sie vertreten die Meinung, die Gründung israels sei moralwidrig erfolgt, ich vertrete die Meinung, dies sei nicht der Fall.
nehmen Sie, bitte, ebenso zur Kenntnis, daß dies eben meine Ansicht ist, die ich nicht gesonnen bin aufgrund der mir von Ihnen vorgelegten Argumentation zu ändern.
Das Ziel einer Diskussion sollte es ja nicht in erster Linie sein, die Meinung des jeweils anderen zu
ändern, sondern sie zu
verstehen.
Sie sollten mir aber nicht nur in Worten, sondern auch in Taten dasselbe Recht auf das Bestehen meiner Meinung einräumen, indem Sie mich nicht auf Grund dessen als halsstarrig (obstinat) oder als Haarspalter (Rabulist) betrachten.
Viele Grüße,
N.N.