Exakt so. Und deshalb ist es unsinnig, etwas für nicht existent zu erklären, wenn andere gegensätzliche Erfahrungen machen.
Beispiel: es gibt sehr viele asexuelle Menschen, die tief und innig lieben. Willst du ihre Beziehungen ernsthaft auf nichtromantische, geschwisterliche Liebe umdeuten?
Die Definition von Liebe mag schwierig sein, aber ich denke, daß ein wesentlicher Bestandteil davon die Sehnsucht nach Nähe im emotionalen Sinn, nach Austausch, geteilter Gedanken und Gefühle ist, die weit über das hinausgehen, was Geschwisterliebe ausmacht.
Ich kenn mich mit Asexualität nicht aus, aber ich denke, dass das dann platonische Liebe ist, ja. Und es hat ja auch keiner gesagt, dass das was schlechtes ist, wenn es für Beide passt und nicht einer der beteiligten unglücklich ist. Meiner Erfahrung nach (und das war nicht nur bei mir so) geht es mit fehlender Sexualität einher, dass auch sonstige Zärtlichkeiten und das Bedürfnis nach Nähe ausbleiben.
Ich versuche es anhand eines Beispiels zu erklären, auch wenn ich da jetzt wieder von mir selbst ausgehe, aber vielleicht erklärt es was ich meine.
Meinen Freund habe ich über alles geliebt. Ich hätte mir das Herz rausreißen lassen für ihn, ich fand ihn unfassbar begehrenswert, anziehend und ich wollte einfach immer seine Nähe spüren. Was es mit meiner oder unserer Liebe getan hätte, hätte er keinen Sex mehr haben können, kann ich nur schwer beurteilen. Ich hätte nicht aufgehört ihn zu lieben, niemals, aber ganz sicher wäre eine Art Barriere zwischen uns entstanden, ganz einfach weil dieser wesentliche Bestandteil weg gewesen wäre. Selbstverständlich beruht Liebe auf weitaus mehr als nur auf Sex, aber er ist einfach wichtig für eine Partnerschaft, denn sonst unterscheidet es sich ganz einfach nicht mehr von einer guten Freundschaft.
Ich hätte weiterhin alles für ihn getan, ich hätte ihn wahrscheinlich auf eine andere Weise angefangen zu lieben, weil die Leidenschaft, die Zärtlichkeiten, die körperliche Nähe einfach wegfallen (und wie gesagt, mMn entfernt man sich körperlich immer mehr voneinander ohne Sex, auch deshalb, weil derjenige, der ja noch Sex wollen würde einfach nicht weiß, wie weit er gehen darf oder welche Berührungen ok sind).
Er wäre weiterhin in meinem Herzen gewesen, gleichzeitig wäre aber wohl auch Platz für jemand anderen gewesen, den ich dann wiederum romantisch geliebt hätte.
Ich glaube einfach nicht, dass man so eine Art der Beziehung, der Aufopferung und Selbstaufgabe für immer durchhalten kann, ohne irgendwann jemand anderen zu lieben.
Und da ich ja auch der Meinung bin, dass man nur eine Person lieben kann (damit meine ich natürlich wieder partnerschaftliche, romantische, sexuelle Liebe) funktioniert das so für mich einfach nicht.
Ich hätte ihn auf platonische Weise weiter geliebt, weiterhin alles für ihn in die Waagschale geworfen, aber dieses lodernde Feuer des Begehrens wäre einfach irgendwann weg gewesen.