Ich denke, dass viele Personen in ähnlichen Situationen sind bzw. es in der Vergangenheit waren.
In meinem Fall hat es ähnlich begonnen, wie beim dir. Mit dem großen Unterschied, dass nur meine Affäre verheiratet war und ich vergleichsweise ungebunden. Wir haben es schließlich versucht und führen seit mehreren Jahren eine recht stabile und sexuell durchaus gute Beziehung (obgleich wir diesbezüglich beide sehr offen sind und auch außerhalb unserer Beziehung Sex haben). Ob ich mich wieder so entscheiden würde, kann ich aber weder klar bestätigen, noch verneinen. In meinem Fall habe ich beispielsweise völlig unterschätzt, wie sich ihr Scheidungsverfahren entwickeln und vor allem wie lange es dauern würde. Dieses zieht sich aufgrund eines gemeinsamen Kindes mit ihrem Ehepartner sowie des recht großen, gemeinsam geschaffenen Familienvermögens ziemlich in die Länge. Nicht nur die hohen Anwaltskosten von mittlerweile über 45.000 Euro, sondern auch die vielen Verhandlungen vor Gericht und in kleineren Kreisen hätte ich mir gerne erspart.
Mit der mittlerweile 9-jährigen Tochter meiner Partnerin verstehe ich mich ausgezeichnet. Und obwohl ich sie absolut in mein Herz geschlossen und zu lieben gelernt habe, gibt es Situationen, in denen ich Kompromisse eingehen muss, die sich für mich noch immer nicht ganz richtig anfühlen. Ein Beispiel: Ich habe in der DACH-Region beruflich zwar viele gute Möglichkeiten, würde derzeit bzw. in den nächsten Jahren aber lieber in Singapur, Manhattan oder San Francisco arbeiten. Mehrere attraktive Angebote, die ich vor wenigen Jahren ohne zu zögern angenommen hätte, musste ich zuletzt dankend und mit viel Bauchweh ablehnen. Für mich hat sich das aber nicht besonders gut angefühlt. Auch wenn ich meine Partnerin liebe und mir auch von Anfang an klar war, dass es sie nicht ohne ihr Kind gibt, wird mir erst jetzt so richtig klar, wie stark ich mich mit dieser Entscheidung an Wien + Umgebung gekettet habe. Vor allem, weil für sie ein Wegzug vom Vater des Kindes auch temporär (z.B für 3-5 Jahre) keine realistische Option darstellt.
Bei einem meiner besten Freunde ist es ähnlich. Er ist verheiratet, hat selbst drei Kinder (alle 10+) und hat eine Affäre mit einer ebenfalls verheirateten Frau, die ihrerseits drei Kinder (jeweils jünger als 6) hat. Er steht aktuell vor der gleichen Entscheidung wie du. Und obwohl die beiden sich Hals über Kopf ineinander verliebt haben und ehrlich viel füreinander empfinden, halte ich in ihrem Fall ein massives Chaos für vorprogrammiert. Nicht zuletzt, weil sich der Partner seiner Affäre auf die Strukturen, die seine Frau daheim schafft (Haushalt, Kinderbetreuung und Co.) angewiesen fühlt bzw. sich 100%ig auf ihre Rolle verlassen muss, um sein berufliches Dasein sicherstellen zu können und sich daher im Falle einer Trennung massiv gegen diese wehren bzw. seiner Frau die Aufgabe der Beziehung richtig schwer machen würde. Erste Tendenzen haben sich bereits gezeigt, als er den Verdacht einer Affäre hatte. Sie ist finanziell absolut von ihrem derzeitigen Mann abhängig und noch dazu schlecht ausgebildet bzw. hat aufgrund der Kinder noch nicht richtig in ihrem Beruf arbeiten können. Das würde bzw. kann natürlich absolut nicht rechtfertigen, warum sie bei einem Mann bleiben soll/muss, da sie ihn offenbar nicht liebt. Für meinen Freund sollte es aber durchaus ein relevanter Aspekt sein. Denn ich habe aktuell, nicht zuletzt aufgrund meiner eigenen Situation, die Befürchtung, dass er sich trotz eigener Kinder in keiner Weise darüber im klaren ist, wie viele Herausforderungen er gemeinsam mit ihr in sein Leben importieren würde. Und bei insgesamt nicht weniger als 6 Kindern, die davon direkt oder indirekt betroffen sind sein würden, kann man es auch schwer "einfach mal versuchen", nur um ein paar Monate wieder alles abzubrechen.
Wie dein Fall genau aussieht, das weiß ich natürlich nicht. Und ich bin auch niemand, der sich anmaßen darf, die eine Entscheidung vorzuschlagen. Allerdings hoffe ich, dass du dir - egal wie auch immer du dich entscheiden solltest - der Konsequenz deines Handelns bewusst bist und nicht auf Basis einer durch die rosarote Brille verzerrten Wahrnehmung agierst.
Auf jeden Fall wünsche ich dir/euch viel Erfolg beim Lösen dieser verzwickten Situation.