Ob Rubberinchens Aussage, daß es sich um "rein angeborene" Neigungen handelt, wirklich belegbar ist mag ich nicht beurteilen. Ich zweifle sie auf jeden Fall an, allein schon deshalb, weil die Forschungen hierzu bestenfalls in den Kinderschuhen steckt.
Meine "Ecke" ist eher aus der homosexuellen Richtung, ich hielt mich ursprünglich für "rein lesbisch", hatte bereits im Einschulungsalter Fantasien ausschließlich im Zusammenhang mit Frauen, wenn auch noch sehr diffus, und die "Wettbewerbe" unter Lesben, wer nun die "echteste" sei (Blödsinnsbeispiele inklusive, welche Fußball spielt, welche zuerst mit Autoreparaturen anfing und dergleichen Unsinn mehr - so als könnte das Indiz für eine sexuelle Präferenz sein!) bis hin zu dem Punkt, als mir zum ersten Mal überhaupt bewußt wurde, daß mein sexuelles Interesse fast ausschließlich bei Frauen lag. Das habe ich damals nicht hinterfragt, war eigentlich nur erleichtert, weil das mir Erklärung schien, warum mir Männer unangenehm waren. Und ja, mit Therapeuten, die meinten, "weibliche Tätigkeiten" könnten diese "mutterfixierte Sexualität" relativieren und in "richtige Bahnen" lenken hab ich kennengelernt, zum Glück allerdings nicht ernst genommen.
Wie auch immer: in der Zeit begegnete ich auch meinen ersten BDSM-Bekanntschaften, damals noch kaum organisiert, und siehe da: die entpuppten sich als "Subkultur innerhalb der Subkultur" - für die gängige Lesbenszene war BDSM pfui - bäh, es wurde ausgegrenzt und verurteilt, weil angeblich patriarchalische Sexualpraktiken zuungunsten von Frauen, die durch Lesben "imitiert" würden usw. Auch damals schon waren Diskussionen im Gange, und für mich besonders belustigend war rd. 5 Jahre später (ist auch schon bald 20 Jahre her) der Umstand, daß einige der striktesten BDSM-Gegnerinnen sich in Lack und Leder auf entsprechenden Veranstaltungen wiederfanden.
Ich stimme Rubberinchen zu, daß im einschlägigen Umfeld nicht mehr traumatisierte oder gestörte Gestalten herumlaufen als überall sonst auch, allerdings sind sie in diesem Umfeld deutlicher wahrnehmbar, was sich logisch daraus erklärt, daß im "normalen Heten-und-Vanilla-Umfeld" im allgemeinen nicht so offen und unverblümt über sexuelle Themen gesprochen wird, ergo treten da viele "Störungen" nicht so sichtbar auf wie in Kreisen, in denen Sexualität an sich das verbindende Element ist.
Mit dem Begriff "Krankheitscharakter" wäre ich jedenfalls sehr, sehr vorsichtig, ich sehe nicht, daß es "krank" sein soll, wenn jemand Schuhe ableckt, am Halsband durch die Gegend geführt oder den Arsch versohlt haben will. Bedenklich wird's bei Unfreiwilligkeit eines Beteiligten oder bei der Gefahr, ernsthaft und dauerhaft zu Schaden zu kommen. Alles andere als "Krank" einzustufen halte ich schon deshalb für ziemlich blöd, weil das Menschen in Heimlichkeiten, in Versuche, sich und die eigenen Neigungen zu unterdrücken, nötigt - und das kann tatsächlich dann auch krank machen.